Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Bei zweifelhaften Stämmen verlangte die Kom- 
pagnie Träger, die an der Küste bezahlt wurden, 
um die Leute mit der Küste und vor allen 
Dingen mit den Preisen für die Bedürfnisse der 
Eingeborenen bekannt zu machen. Gelegentlich 
wurden auch Häuptlinge mit Patronillen zur 
Station Jabassi gesandt, um Elfenbein in den 
Faktoreien zu verkaufen, damit ihnen die Vor- 
teile eines direkten Verkehrs mit den Weißen vor 
Augen geführt würden. 
Die Straße ist geöffnet. Allerdings verlangt 
die Offenhaltung einen Posten von etwa fünfund- 
zwanzig Mann, der die inneren Streitigkeiten 
schlichten und zugleich das ganze Gebiet bis Bafia 
und Bakoko hin verwalten kann. 
Die Kompagnie traf am 28. September nach 
achttägigem Marsche in Jabassi ein und wurde 
am 30. desselben Monats auf dem Wasserwege 
nach Duala übergeführt. Eine Abteilung in 
der Stärke von 40 Mann unter Leutnant 
Weyse verblieb zur Verfügung der Station 
Jabassi zur Befriedung weiterer Stämme, die 
der Station Schwierigkeiten bereiteten. 
Das Gelände zwischen Musche nach Süden 
hin ist ein Hügelland von etwa 700 Meter 
absoluter Höhe. Es ist in der Hauptsache Gras- 
land, meistens sind nur die Berghänge und 
Flußniederungen von Busch bewachsen. Im 
Süden wird das Hochplateau von einer hohen 
Gebirgskette, wahrscheinlich der Fortsetzung des 
Manengubagebirges, abgeschlossen. Südlich der 
Straße Musche— Biongele erheben sich vier Berg- 
züge, von Norden nach Süden laufend. Diese 
sind abgeschlossen gegen die Bafia= und Bakoko- 
Landschaften durch weitere unregelmäßige Ge- 
birgsstöcke. Die dadurch entstandenen Täler 
öffnen sich gegen die Straße und sind leicht zu- 
gänglich. Südlich Degenimagi führt die Straße 
jäh in das Waldgebiet hinab. Auf der Hoch- 
fläche bietet der Weg einer Marschkolonne keine 
besonderen Schwierigkeiten. Im Waldgebiet da- 
gegen, wird es noch großer Arbeit bedürfen, um 
die Gangbarkeit bei bescheidenen Ansprüchen an- 
nehmbar zu machen. Das Hochplatean entwässern 
Nebenflüsse des Nun und Mbam. Die Bäche 
des Waldgebietes ergießen sich in den Inubu, 
einen Nebenfluß des Mukombi. 
Die Bevölkerung dieses Hochlandes ist der 
Sprache nach mit den Stämmen des südlich 
davon gelegenen Waldlandes verwandt. Die 
Station Jabassi nennt sie Banen. Der Kom- 
pagnie wurde der Dialekt vom Waldlande bis 
Biongele als Mes-hia bezeichnet. Nördlich der 
Linie Biongele — Guyo wohnen die Stämme der 
Ngone, Gone oder Guine. Nördlich davon 
wohnen die sog. Wonangleute in Musche, die 
  
den Wutes angehören. Südlich an die Ngone 
schließen sich die Stämme der Is-hio oder Mes- 
hio-Sprache an, die doch den Mes-hias nicht so 
nah verwandt sind, als man der Sprachbezeich- 
nung nach annehmen könnte. 
Die Bewohner waren in der Hauptsache schön 
gewachsen und gut genährt. In Musche war 
eine große Anzahl von Syphiliskranken auffällig; 
auch wurde vielfach Lepra konstatiert. Ferner 
wurden einzelne Fälle von Himbeerkrankheit be- 
obachtet. Auffallend groß war im ganzen Gebiet 
die Zahl der Geisteskranken. 
Mit Ausnahme von Musche, Biongele und 
Djebem wohnen die Eingeborenen in verstreuten 
Gehöften, in losen Stammesverbänden, jeder als 
freier Mann. Nur geringes Interesse, wie zum 
Beispiel Anlage gemeinsumer Farmen, Kämpfe 
mit Nachbarn, teilweise auch innere Streitigkeiten, 
bewegt sie dazu, sich einem Führer oder 
Häuptling unterzuordnen. Um die Produkte der 
Hauswirtschaft zu erweitern, ist die Familie durch 
Vielweiberei, weniger durch Sklaverei vergrößert 
worden. Die Männer besorgen wohl die schwere 
Arbeit, wie das Fällen der Bäume für die Farmen 
und beschäftigen sich mit der Jagd; im übrigen 
aber lassen sie sich von den Frauen erhalten, 
die die Farmen bebauen und die Feldfrüchte 
für den Verbrauch im Haushalte herrichten. 
Jeder Fremde, der das Land betritt, wird als 
Feind betrachtet und getötet. Nur die Stämme, 
die einen gemeinsamen Markt besitzen, pflegen 
einen friedlichen Verkehr. Auf den Märkten 
werden die wenigen Bedürfnisse gedeckt, die der 
Eingeborene außer den Produkten seines Landes 
hat. Gesuchte Artikel sind Salz und Gewehre, 
auch Tuchstücke als Kleidung fangen an Eingang 
zu finden. Naturgemäß sind die Preise dieser 
Waren sehr hoch, da die Stämme nach der Küste 
hin den Durchzug verwehren oder dem Händler 
einen hohen Durchgangszoll auferlegen. Der 
Handel liegt vorläufig in den Händen der 
Haussas. Allerdings wurde erfreulicherweise be- 
obachtet, daß einzelne intelligente Eingeborene 
sich durch feindliche Stämme hindurchschleichen 
und direkt mit der Küste verkehrten. Jedoch 
kann eine Zunahme dieses Verkehrs nur mit der 
Unterstützung des Europäers möglich gemacht 
werden. Es wird künftighin ganz besondere 
Aufmerksamkeit dem Haussaverkehr zugewendet 
werden müssen. Da sie in großen Karawanen 
reisen, sind sie den Eingeborenen weit überlegen, 
die sich schwer zu gemeinschaftlicher Abwehr auf- 
raffen können. Die Haussas nützen ihre Über— 
legenheit den Eingeborenen gegenüber schonungs- 
los aus und geben dauernd Anlaß zu immer 
neuen Reibereien. 
Die Häuptlinge sind vielfach nicht, wie im
	        
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