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ziehen. Er wechselte mehrfach seinen Aufenthalts-
ort, erhielt einigen Zulauf durch Bondels, die
sich noch im englischen Gebiet aufhielten, sowie
durch eine Anzahl Kaffern und wurde auch mit
Gewehren versehen. Ende Juli soll sich sein
Anhang bereits auf fast 50 Köpfe belaufen haben.
Anfang August wurde seine Spur im deutsch-
englischen Grenzgebiet in der Gegend ästlich
Blydeverwacht festgestellt. Er hatte damit offen-
kundig seine Unzuverlässigkeit bewiesen. Üüber-
triebene Gerüchte über seine bedrohliche Nähe
und die Größe seines Anhangs riefen in den
Kreisen der Farmer sogleich eine lebhafte Be-
unruhigung hervor.
Die Spannung der Lage wuchs, als dem
Unterstaatssekretär v. Lindequist, der bis zum
Eintreffen des neuernannten Gouverneurs v. Schuck-
mann die Gouvernementsgeschäfte wahrnahm, von
der Kap-Regierung die mit Bestimmtheit ab-
gegebene Meldung eines Inspektors der englischen
Grenzpolizei übermittelt wurde, Morenga habe
mit 400 Anhängern, von denen 150 mit Henry-
Martiny-Gewehren bewaffnet seien, die deutsche
Grenze bei Orlogskloof") bereits überschritten.
Die Morenga-Gefahr tauchte insofern in einem
für die Deutschen höchst ungünstigen Augenblicke
auf, als gerade die Heimsendungstransporte zur
Verringerung der Schutztruppe in Fluß gebracht
waren. Da Ersatztransporte nur in geringem
Umfange eingetroffen waren, die zur Heimkehr
bestimmten Mannschaften jedoch ihre Truppenteile
großenteils schon verlassen hatten, so waren deren
Gefechtsstärken zur Zeit stark verringert. Auch
die gerade in Kamerun ausgebrochenen Unruhen
drohten der Schutztruppe in Südwestafrika Kräfte
zu entziehen. Schon war zum eventuellen Ab-
transport dorthin die Aufstellung je einer Kom-
pagnie in Lüderitzbucht und Swakopmund an-
geordnet worden. Konnte einem Einbruche des
gefährlichen Bandenführers in deutsches Gebiet
nicht von vornherein mit hinreichenden Kräfsten
begegnet werden, gelang es ihm vielmehr, gleich
anfangs einen ersten glücklichen Schlag zu führen,
so war zu befürchten, daß, durch sein Kriegsglück
ermutigt, auch die Hottentotten im Schutzgebiete
aufs neue zu den Waffen griffen und die soeben
erloschene Kriegsfackel im ganzen Lande wieder
entzündeten. War doch auch der letzte Aufstand
der Bondelzwarts im Juni 1904 mit durch seine
Rückkehr vom britischen Gebiet hervorgerufen
worden. Schon sagten Kundschafternachrichten,
daß er mit dem Bondels-Kapitän Johannes
Christian, der erst unlängst Frieden geschlossen
hatte, in Warmbad in Verbindung getreten sei
und daß auch von Simon Kopper aus der Kala-
hari Boten bei ihm eingetroffen seien. Welch
*) Orlogskloof gleich Gamsib-Kluft.
schwere Nachteile und Opfer an Menschenleben
und Geld dem Reiche und Schutzgebiete erwachsen
mußten, wenn der so teuer erkaufte Friede ernent
gestört wurde, lag auf der Hand.
Diese Erwägungen erheischten mit gebieterischer
Notwendigkeit Maßnahmen, die es möglich machten,
die drohende Gefahr im Keim zu ersticken. Dem
Gegner mußten von vornherein so überlegene
Kräfte entgegengestellt perden, daß selbst in Rück-
sicht auf das klüftereiche überaus schwierige Ge-
lände des Oranje-Gebirges und auf die geschickte
Kriegführung des erfahrenen Räubers ein Erfolg
mit Sicherheit zu erhoffen war.
Unterstaatssekretär v. Lindequist beantragte
daher zunächst am 10. August in Übereinstimmung
mit dem Kommandeur der Schutztruppe, Oberst-
leutnant v. Estorff, beim Reichs-Kolonialamt die
Einstellung der Heimsendungstransporte, um da-
durch die Truppen wieder auf hinreichende Gefechts-
stärke zu bringen. Diesem Ansuchen wurde sofort
Folge gegeben. Es befanden sich daher Anfang
September rund 6300 Mann im Schutzgebiet.
Von Bedeutung für den voraussichtlichen Gang
der Begebenheiten mußte das Verhalten der
britischen Behörden werden. Die Kap-Regierung
zeigte sich sogleich bereit, alles, was in ihren
Kräften stand, zur Verhütung eines neuen Ein-
geborenenaufstandes zu tun. Zweifellos war sie
sich darüber klar, daß Morenga, „der Napoleon
der Schwarzen“, wie er genannt wurde, ganz
der Mann war, eine allgemeine Erhebung der
Schwarzen in Südafrika hervorzurufen. Da er
ungeachtet der ihm erteilten Warnung anscheinend
heimlich deutsches Gebiet betreten hatte, so wurde
dem deutschen Gouvernement mitgeteilt, daß er
sein Asylrecht in der Kap-Kolonie verscherzt habe.
Der Magistrat in Upington erhielt gleichzeitig die
Weisung, alle verfügbaren Polizeikräfte an die
Grenze zu senden, um Morenga, falls er britisches
Gebiet betrete, zu verhaften oder ins deutsche
Gebiet zurückzutreiben. Die kapländische Grenz=
polizei wurde Mitte August um 4 Offiziere,
50 Polizisten auf etwa 120 Köpfe verstärkt.
Der Kommandeur der Schutztruppe, Oberst-
leutnant v. Estorff, nahm sofort eine engere Ver-
sammlung aller gegen Morenga verfügbar ge-
machten Kräfte nach der Südostecke des Schutz-
gebietes vor. Vom 18. August an standen in
der Linie Udabis — Ukamas drei Kompagnien,
ein Zug Gebirgsartillerie und ein Zug Maschinen-
gewehre mit Posten in Stolzenfels, Blydeverwacht
und Dawignab unter dem Befehl des Hauptmanus
Ritter dem Feinde gegenüber. Von den Truppen
des Südbezirks wurden ferner fünf Kompagnien,
eine Feldbatterie, drei Züge Gebirgsartillerie und
zwei Züge Maschinengewehre sowie die Kamerun=
Kompagnie Rausch im Raum Hasuur— Keetmanns-
hoop—Warmbad bis Anfang September ver-