Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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spezialisiert worden sind, nicht in Frage kommt, 
so ist es doch auffallend, daß die deutsche In- 
dustrie sich immer noch in einer so bescheidenen 
Weise an diesem, nicht allein für den ostindischen, 
sondern auch für alle tropischen und subtropischen 
Märkte so wichtigen Handelsartikel beteiligt. In 
Anbetracht der großen Massen, welche allein schon 
in Ostindien, ganz abgesehen von den anderen 
Märkten, abgesetzt werden, sollte man die Auf- 
nahme ihrer Fabrikation deutscherseits eines Ver- 
suchs wert halten. Der deutsche Fabrikant müßte 
in erster Linie seine Fabrikate dem indischen 
Markte anpassen und vor allem die Artikel, für 
welche er sich besonders leistungsfähig dünkt, in 
großem Maßstabe spezialisieren. Dem indischen 
Käufer liegt im allgemeinen sehr wenig daran, in 
welchem Lande ein Artikel hergestellt worden ist; so- 
lange er nur das Gewünschte zu einem angemessenen 
Preise erhält. Italien und Holland scheinen z. B. 
bereits die Möglichkeiten, welche sich ihren Baum- 
wollindustrien in Indien bieten, erkannt zu haben, 
denn gewisse Qualitäten ihrer Fabrikation, welche 
sie stark forcieren, scheinen jährlich auf größeren 
Absatz zu stoßen. 
Die Ausfuhr von Rohbaumwolle stellt 
durchschnittlich ein Drittel des Wertes der ge- 
samten Ausfuhren von Rohmaterialien aus Indien 
dar. Ihr Umfang richtet sich natürlich in erster 
Linie nach dem exportfähigen lberschuß, welcher 
wiederum von dem Ausfall der Ernte abhängig 
ist. Als weitere sehr wichtige Faktoren für die 
indische Ausfuhr sind ferner die Beschäftigung 
der europäischen und nordamerikanischen Industrien 
sowie die greifbaren Vorräte der nordamerika- 
nischen und der ägyptischen Ernte in Berechnung 
zu ziehen. Für alle diese Umstände war die 
Konjunktur der Saison 1907/08 eine der indischen 
Ausfuhr in jeder Hinsicht günstige zu nennen. 
Nicht nur war die Beschäftigung der Industrie 
in allen Weltteilen sehr groß, sondern die 
indische Ernte des Jahres 1906/07, deren Er- 
träge erst für die Verschiffungen des Jahres 
1907/08 in Betracht kamen, war ebenfalls durch- 
schnittlich gut, so daß alle Umstände dazu bei- 
trugen, die Verschiffungen auf ein ungewöhnlich 
großes Quantum zu bringen. 
Der Ertrag der Ernte 1906/07 wurde auf 
4932700 Ballen zu 400 lbs. oder auf 17616 786 
etws. (1905/06: 10 871 428 etws.) geschätzt. 
Vergleichshalber sei hier erwähnt, daß die nord- 
amerikanische Ernte im Jahre 1906 60 694 187 
ewts., im Jahre 1907 50 783 308 ewts. ergeben 
haben soll, während die ägyptische mit 6 099 100 
ewits. angegeben wird. 
Von der indischen Ernte wurden während 
der letzten drei Jahre die folgenden Mengen 
verschifft: 
  
  
1905/06 1906/07 1907/08 
Gewicht in 1000 ewts. 
von Kalkutto 499 57 354 
-Chittagong — — 1 
-Bombay 5290 5242 5922 
Karachi 712 798 1 127 
Madras 800 680 1 052 
Rangun ... 98 107 106 
Insgesamt .. 7399 7 401 8 562 
Im Gerte von 
1000 213 415 219 785 257 025 
|,0 n Durch- 
schnittswert pro 
ewts. 28 Ns. 13½ 29 Rs. 11 ¼/ 30 Rs. 0½/. 
Die bedeutendsten Abnehmer der indischen 
Baumwolle waren während der letzten drei Jahre: 
1905/06 1906.07 1907 08 
Gewicht in 1000 ewts. 
Japaoan 2231 1729 2245 
Deutschland 1384 15663 1880 
Belggen 1128 1102 1254 
Italin 809 874 1060 
Osterreich-Ungarn. 615 619 622 
Frankreich 482 560 625 
Großbritannien 373 452 453 
Spanien 140 139 157 
China. . .. . ... 185 166 135 
Wenn auch nach dieser Aufstellung Deutschland 
nur der zweitgrößte Abnehmer dieses indischen 
Produktes ist, so dürfte es doch wohl unter der 
Berücksichtigung, daß die endgültige Bestimmung 
vieler nach Belgien verladenen Baumwolle die 
westdeutschen Industriebezirke sind, als größter 
Käufer anzusehen sein. 
Der Wert der direkt nach Deutschland verladenen 
Baumwolle stieg von 47¼ Millionen im Vorjahre 
im Jahre 1907/08 auf 54½⅛ Millionen Rupien. 
Was die Preislage von Baumwolle anbetrifft, 
so verglichen sich die Quotierungen für „Midd- 
ling Upland Cotton“ in Liverpool und für „Good 
Broach Cotton“ in Bombay während der letzten 
zwei Jahre im Durchschnitt, wie folgt: 
1906 07 1907/08 
Liverpool 5,95 d 6,62 d pro Ib 
Bombay 5,06 5.37 -- 
Die von den indischen Fabriken verarbeitete 
Baumwolle ist vornehmlich im Lande gewachsen; 
erst seil einigen Jahren hat man angefangen, 
auch Rohmaterial aus Nordamerika zu beziehen, 
um mit der langstapeligen und feineren amerika- 
nischen Sorte die einheimische kurzstapelige für die 
Herstellung besserer Webwaren zu vermischen. 
Der Gesamtwert dieser Einfuhr stellte sich im Be- 
richtsjahre auf ungefähr 7 Millionen Rupien 
(etwa 7900 Tonnen Gewicht). 
(Aus einem Bericht des Handelssachverständigen 
bei dem Kaiserl. Generalkonsulat in Kalkutta.)
	        
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