Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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ist noch ein besonderes Verwaltungsgebäude und 
ein Arzthaus zu nennen. Mit dem Gouvernements- 
krankenhaus in Tanga ist auch ein großes Ein- 
geborenenkrankenhaus verbunden, während Dar- 
essalam in dem Sewa-Hadji-Hospital ein eigenes, 
räumlich getrenntes Eingeborenenhospital besitzt. 
In zahlreichen kleineren Stationen befinden sich 
Krankenstuben zur Unterbringung von kranken 
Europäern. Das Schutzgebiet von Deutsch-Ost- 
afrika besitzt in dem in den Usambarabergen ge- 
legenen Lienhardt-Sanatorium ein guteingerichtetes 
Höhensanatorium. Wugiri, wo das Sanatorium 
gelegen ist, kann von der Bahnstation Mombo 
aus in drei Stunden auf einem Reittier oder in 
einem Tragestuhl erreicht werden. Das Sana- 
torium wurde in der letzten Saison von 66 Euro- 
päern besucht. « 
Über die Ausdehnung der ärztlichen Tätigkeit 
in Deutsch-Ostafrika gibt die Zahl der behandelten 
Kranken ein Bild; sie beträgt mehr als 30 000, 
wobei die in den Schlafkrankheitslagern be- 
handelten nicht mitgezählt sind. In den beiden 
großen Krankenhäusern haben im Jahre 1907 
659 Europäer Aufnahme gefunden. 
Für die Europäer ist die Malaria der gefähr- 
lichste Feind; eine systematische Malariabekämpfung, 
hauptsächlich nach dem Kochschen System, ist in 
Daressalam und Tanga durchgeführt und er- 
fordert immer neue angestrengte Tätigkeit. Weiter- 
hin ist das Rekurrenzfieber für die Europäer ge- 
fährlich, in manchen Teilen Dysenterie. Die Ein- 
geborenen leiden in vielen Gegenden unter Lepra; 
zahlreiche Lepraheime sind errichtet, wobei die 
Missionen sich in vielen Orten ein Verdienst er- 
worben haben. Gegen die Pocken, die im Schutz- 
gebiet immer wieder da und dort auftauchen, 
wurden im vergangenen Jahre 86 000 Impfungen, 
zum großen Teile mit selbstbereiteter Lymphe, vor- 
genommen. Außerdem sind Frambösie, Geschlechts- 
krankheiten und neuerdings besonders in den 
Plantagenbezirken Wurmkrankheit weit unter den 
Eingeborenen verbreitet. Endlich spielen die Pest 
und die Schlafkrankheit eine große Rolle. 
Für die Schlafkrankheitsbekämpfung allein ist 
für das Jahr 1900 die Summe von ¼ Million. 
worgesehen und für das Medizinalwesen des 
ganzen Schutzgebiets etwa 1 100 000 4. 
In Südwestafrika sind bei der Schutztruppe 
25 Arzte, nämlich zwei Oberstabsärzte, vier Stabs- 
nnd 19 Oberärzte. Eigentliche Regierungsärzte 
gibt es zur Zeit in Südwestafrika nicht, dagegen 
Hekommt eine größere Anzahl von Privatärzten 
eine Regierungsbeihilfe, um die Niederlassung 
won Arzten zu begünstigen; es sind dafür und 
zur Unterstützung von Hebammen 40 000 “ im 
Etrat vorgesehen. Soweit bekannt, sind schon 
  
zwölf Privatärzte im Schutzgebiet angesiedelt, 
außerdem noch zwei Arzte bei der Otaviminen- 
gesellschaft und zwei beim Bau der Südbahn. 
Von Sanitätsanstalten finden sich in Südwest- 
afrika je ein Militärlazarett in Windhuk, Swa- 
kopmund, Keetmanshoop und Warmbad; 
diese Lazarette nehmen auch Zivilpersonen auf 
mit Ausnahme desjenigen in Swakopmund, da 
dort sich ein besonderes Regierungskrankenhaus 
befindet. Außerdem sind noch in Windhuk und 
Swakopmund von der katholischen Mission gebaute 
Krankenhäuser und in Windhuk das aus ge- 
sammelten Privatmitteln errichtete Wöchnerinnen- 
heim Elisabethhaus, welches hauptsächlich dazu 
bestimmt ist, Farmersfrauen, deren Ansiedlung 
fern von ärztlicher Hilfe ist, über die Zeit der 
Geburt aufzunehmen. 
In Südwestafrika bilden für die Europäer 
die Magen-Darmkrankheiten eine Gefahr. Be- 
zeichnend für die Häufigkeit dieser Magen-Darm- 
katarrhe ist, daß sie in Swakopmund als „Swa- 
kopmunder Krankheit“ einen besonderen Namen 
erhalten haben. Von dieser Krankheit werden 
hauptsächlich Ankömmlinge im Schutzgebiet be- 
fallen, wenn sie das aus dem Bett des Swakop 
gewonnene salzhaltige Wasser trinken. 
Die bösartige Ausbreitung des Typhus im 
Schutzgebiet während der Aufstandszeit ist noch 
in frischer Erinnerung, jetzt kommen nur noch 
selten einzelne Erkrankungen von Typhus im 
Schutzgebiet vor. 
Die trockene reine Höhenluft legt den Ge- 
danken nahe, daß Südwestafrika für Lungenkranke 
ein günstiges Klima darstelle, und in der Offent- 
lichkeit sind diesbezügliche Pläne schon mehrfach 
besprochen worden. Für spätere Zukunft halte 
ich es nicht für unmöglich, daß die klimatisch 
günstigen Verhältnisse Südwestafrikas in dieser 
Richtung ausgenutzt werden können, zur Zeit fehlt 
im Schutzgebiet noch ganz der für solche Kranke 
notwendige Komfort, und eine für sie zuträgliche 
abwechslungsreiche Kost könnte nur mit unver- 
hältnismäßig großem Aufwand beschafft werden. 
Ganz bedenklich wäre ein Versuch von Ansiedlung 
Lungenkranker, da der Beruf eines Farmers so 
anstrengend ist, daß nur ganz gesunde kräftige 
Naturen ihm gewachsen sind. Auch haben die 
Erfahrungen in der englischen Nachbarkolonie ge- 
zeigt, daß die Übertragung von Tuberkulose im 
Lande besonders auch auf die Eingeborenen eine 
nicht zu unterschätzende Gefahr darstellt. 
Unter den Eingeborenen spielen ebenfalls 
Magen-Darmkrankheiten, darunter Ruhr, katarr- 
halische Krankheiten der Atmungsorgane, haupt- 
sächlich unter dem Einfluß des feuchtkühlen Küsten- 
klimas, sowie Malaria eine große Rolle. Ganz 
besondere Schwierigkeiten bietet aber zur Zeit
	        
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