Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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frist Kaufrechte auf insgesamt 350 000 ha, d. h. 
auf eine Fläche etwa in der Größe des Groß— 
herzogtums Sachsen, einräumen lassen. Sie 
hat dann durch ihre Sachverständigen an Ort 
und Stelle die Lage untersuchen lassen. Diese 
Untersuchung ist dahin ausgefallen, daß die Ge— 
sellschaft 300 000 ha des genannten Areals fest 
gekauft und bezahlt hat, daß sie mit großen 
Mitteln an die Erbauung von Gebäuden, Ein— 
führung von geeignetem Zuchtvieh, Einstellung 
von weißen und farbigen Hilfskräften gegangen 
ist. Das ist ein Beweis dafür, daß Leute, 
welchen die Erfahrungen der ganzen Welt zur 
Verfügung gestanden haben, für die Fortsetzung 
und Ausdehnung ihrer Geschäfte nicht etwa 
Argentinien und Südamerika, sondern Deutsch- 
Südwestafrika gewählt haben, in der Überzeugung, 
daß sie dort mindestens so gut und billig pro- 
duzieren und fabrizieren können, wie in jenen 
Ländern, wo durch dichtere Besiedlung der 
Boden knapp und teurer wird und einer natür- 
lichen Ausbreitung des BWiehzuchtgeschäfts ge- 
wisse Schranken entgegengesetzt werden. Die 
Tätigkeit der Gesellschaft beruht also zunächst 
darauf, einen möglichst guten Großviehbestand 
in der Kolonie heranziehen zu helfen. Denn 
da es ihr natürliches Ziel ist, Schlächtereien und 
Fleisch= und Knochenverwertungswerke anlegen 
zu können, so glaubt fie, diesem Ziele nicht besser 
näher zu kommen, als wenn sie selbst möglichst 
viel eigenes Vieh züchtet, um möglichst bald in 
einen regelmäßigen Betrieb zu kommen. Ein 
solcher nur ist möglich, wenn regelmäßig zu be- 
stimmten, nicht zu hohen Preisen eine hin- 
reichende Stückzahl Rindvieh aufgekauft werden 
kann. Da die Anlage gleich von vornherein in 
größerem Umfange gemacht werden muß, so ist 
etwa 20 000 Stück Rindvieh Jahreslieferung zu- 
nächst als Vorbedingung aufgestellt worden. Im 
Schutzgebiet glaubt man, dahin nicht sehr bald 
kommen zu können. Ich bin anderer Ansicht. 
Ich glaube, daß diese Möglichkeit schon ver- 
hältnismäßig bald eintreten kann, wenn keine 
unvorhergesehenen Unglücksfälle kommen. Der 
gesamte Rindviehbestand des Landes beträgt 
heute mindestens 85 000 Stück. Die Importe 
von Zuchtvieh dauern an; dabei war der Ver- 
mehrungsquotient im letzten Jahre 40 v. H. Man 
wird demnach annehmen können, daß in drei, 
spätestens vier Jahren das von der Gesellschaft 
für notwendig erachtete Quantum regelmäßig 
herangeschafft werden kann. 
Was die Preise anbetrifft, so werden jetzt 
noch 120 bis 150 . für ein erwachsenes Stück 
Rindvieh verlangt. Der Weltmarktpreis, d. h. der 
Preis, zu dem, in Konkurrenz mit dem La Plata, 
in Südwestafrika geschlachtet werden kann, bewegt 
  
sich zwischen 70 und 80 ./. Die Farmer find 
aber alle einig, daß bei einer etwas weiter vor- 
geschrittenen Wirtschaft ein dreijähriges Rind zu 
diesem Preise noch mit Nutzen produziert werden 
kann. Freilich rechnet die Farmerschaft in Südwest 
darauf, daß die Heimat ihrer auch insofern nicht ver- 
gessen werde, als sie ihr gegenüber solche der 
Einfuhr fremder Fleischprodukte entgegenstehenden 
Beschränkungen fallen läßt, welche sie ohne Gefahr 
für den heimischen Viehstand und ohne Verletzung 
der Zollverträge entbehren kann. 
Ein ähnliches Fleischunternehmen in geringerem 
Umfange hat die South-West-Africa-Co. für den 
Norden in die Hand genommen; es wird noch 
dadurch besonders begünstigt, daß im Grootfon- 
teiner Bezirk Mais in großen Quantitäten bereits 
jetzt gezogen wird und als Kraftfutter ver- 
fügbar ist. 
Gute Fortschritte macht auch die Pferdezucht, 
besonders die der Privaten. 
Als ganz besonders aussichtsreich haben wir 
in der Kapkolonie die Straußenzucht kennen ge- 
lernt. Es werden dort, wie bereits bemerkt, 
etwa 360 000 Strauße gehalten. Das Produkt, 
welches 9/10 des Weltmarktes versorgt, hat einen 
Ausfuhrwert von etwa 20 Millionen Mark jährlich. 
Für eine erfolgreiche Zucht sind jedoch hier Be- 
dingungen zu erfüllen, welche, zur Zeit wenigstens, 
im Schutzgebiet nur an wenigen Stellen vor- 
handen sind. Die Zucht erfordert ein erhebliches 
Kapital, weil die Ländereien eingezäunt werden 
müssen. Eine Farm mäßigen Umfanges kostet 
etwa 24 000 M“ an Einzäunungsmaterial und 
Arbeit. Sie erfordert die Bewässerungsmöglichkeit 
für gewisse Flächen, da eine gute Federnqualität 
ohne die als Kraftfutter dienende Luzerne nicht 
erreicht werden kann, ferner ein Maß von Auf- 
sicht und Sorgfalt, welches ein um seine erste 
Einrichtung besorgter oder sonst wirtschaftlich 
kämpfender Farmer nicht erübrigen kann. 
Ich möchte hier eine generelle Bemerkung 
einschalten. Ich habe bisher von den für den 
Betrieb einer Familienfarm erforderlichen Flächen 
nicht gesprochen. Ich komme darauf zurück. Ich 
glaube, daß diejenigen Ausmaße, die heute für 
notwendig gehalten werden, späterhin zurückgehen 
können. Muß auch für die Kalkulation heute 
der Betrieb im wesentlichen bis zu dem mittleren 
Norden hinauf auf Viehzucht aufgebaut werden, 
so wird doch auch in Südwestafrika, ebenso wie 
in der Heimat, nach und nach eine intensivere Be- 
wirtschaftung einsetzen. Dazu gehört eben, daß 
der Farmer zunächst eine größere Bewegungs- 
freiheit in seiner Zeit und seinen Mitteln erwirbt, 
daß daher zunächst die ersten Grundlagen gelegt 
sein müssen. Dann aber wird nahezu überall 
in der Nähe der Tränkstellen ein mäßiges Stück
	        
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