G 179 20
noch zu frisch und der Glaube an deren baldige
Wiederkehr daher natürlich. Mit dem Weg nach
London und dem Verkauf in den Auktionen wurde
Zeit gewonnen, während der die erwartete Besse-
rung eintreten konnte.
Daß diese Erwartung mitunter stark getäuscht
wurde, hat wenigstens das Gute gehabt, daß
man nach eingetretener Besserung der Preise sich
dem lokalen Markte in Ceylon gegenüber mehr
entgegenkommend zeigte und ihn so mehr ali-
mentierte.
Es ist entschieden eine bedeutende Entwicklung
des Colombo-Marktes zu verzeichnen, und diese
ist nicht allein vom kaufmännischen Standpunkte
aus zu begrüßen, sondern auch im Interesse der
Pflanzer. Die Käufer der Plantagen-Gummis
sien nicht nur in England, sondern auch in
Amerika und auf dem Kontinent, und die Ver-
teilung dieser Ware unter die Konsumenten
kann selbstverständlich durch Colombo viel öko-
nomischer geschehen als durch die Londoner
Auktionen.
Bei wildem Kautschuk, der früher mehr als
jetzt verfälscht und verunreinigt wurde, mag eine
Zwischenstation immerhin am Platze sein oder
gewesen sein; aber bei Plantagengummi —
wenigstens auf Ceylon — kann jede Befürchtung,
eine unreine Ware zu erhalten, wegfallen. Es
wäre daher zu wünschen, daß nur solche Posten
nach England gehen, die auch in diesem Lande
konjumiert werden. Indessen mögen englische
Pflan zungsgesellschaften oder Persönlichkeiten durch
ihre finanziellen Arrangements nach wie vor ge-
zwungen werden, ihre Produkte in die Londoner
Auktionen zu senden, Arrangements, wie sie ja
auch auf anderen Gebieten bestehen und einen
Teil der Fesseln bilden, mit denen das englische
Kapital seinen Handel festhält.
Die Hälfte des in England
Gummis wird wieder exportiert.
Die heutige Marktlage und die Preisbildung
werden natürlich noch durch wilden Kautschuk,
hauptsächlich von Para, bedingt. Die Quantitäten,
welche Plantagen liefern und in den nächsten
Jahren liefern können, sind gegenüber den Massen,
die sonst zur Verfügung stehen, noch von geringer
Bedeutung.
Für die Erkenntnis der Fortschritte, welche
die Ceylon-Pflanzer in der Bearbeitung der Later
gemacht haben, war die Londoner Ausstellung
von großer Bedeutung. Schon vorher waren
vereinzelt Muster von Ceylon herübergekommen,
namentlich von „Block“, die große Bewunderung
erregten, und das Interesse daran hat sich jetzt
nach der Ausstellung ganz erheblich gesteigert.
Leider wird es noch einige Monate dauern, bis
Quantitäten davon zu haben sein werden, da die
eingeführten
nötige Maschinerie erst aufgestellt werden muß.
Inzwischen hat man auch schon in „Crépe“ eine
Form, die großen Beifall findet und in ziemlichen
OQuanten geliefert werden kann. Der Mangel an
einer möglichst uniformen Ware, die nicht nur in
Posten von wenigen Kilos zu haben war, ist ein
Mißstand gewesen und ist es zum Teil noch,
ein Mißstand, der direktes Geschäft von Bedeutung
sehr erschwerte. Es war seither häufig unmöglich,
eine Qualität, die ein Fabrikant geprüft und
passend gefunden hatte, auch nachzuliefern. Der
verdienstvolle Herr Bamber, Regierungskom-
missar der Londoner Ausstellung, wird nicht müde,
den Pflanzern von der Fabrikation allzuvieler
verschiedener Qualitäten abzuraten. Mit der
Zeit werden sich auch diese Verhältnisse zurecht-
ziehen und Kontrakte für Posten in bestimmten
zuverlässigen Sorten möglich sein.
Ein ziemlicher Teil des in Colombo gehan-
delten Kautschuks besteht aus Waren aus der
Malayischen Halbinsel und kommt von Plan-
tagen, die mit Ceylon-Kapital gegründet worden
sind. Qualitativ unterscheiden diese sich nicht von
der Ceylon-Ware, obgleich die Bodenverhältnisse
in den östlichen Produktionsgebieten besser sind
als in Ceylon. Die malayischen Blocks, die in
London ausgestellt waren, wurden vielfach als
zu dick bezeichnet. — Was auch immer die Fehler
bei der Fabrikation von solchen Blocks gewesen
sein mögen, die zu Tadel Anlaß gegeben haben,
sie werden zweifelsohne beseitigt werden.
Angesichts der Vorgänge in Brasilien, und der
Bestrebungen, den natürlichen Gang des Handels
zu stören, kann unseren Konsumenten das regste
Interesse am Plantagengummi nicht ernst genug
empfohlen werden. Jeder Pflanzer wird es mit
Freuden begrüßen, über die Wünsche der Fabri-
kanten informiert zu werden. Man wird sich
gern belehren lassen. Einen wichtigen Punkt
möchte ich hier speziell hervorheben, dessen Auf-
klärung von weittragender Bedeutung ist, die
Frage, ob das Trocknen des Gummis im
Vakuum oder an der Luft vorzunehmen sei. Ein-
gehende Proben mit nach jeder der beiden Arten
hergestelltem Kautschuk sollten interessante Auf-
schlüsse geben.
Die stetig wachsende Produktion wird natur-
gemäß dem Colombo-Markte im neuen Jahre
größeres Geschäftsmaterial bringen, als dem ver-
flossenen zur Verfügung stand, und ein direkter
Verkehr ohne die Intervention von London wird
erleichtert werden.
Die Frage der Standard-Muster als Unter-
lagen für diesen Verkehr erledigt sich nach und
nach von selbst, und so steht zu hoffen, daß wir
im Jahre 1909 schon ein regelmäßiges Geschäft
sehen werden.