W 227 20
Deutsch-HNeuguinea.
Eine Reise Ju den Sulka und Mengen.
Die an der Küste von Neu-Pommern in der
Gegend von Kap Oxford ansässigen Eingeborenen,
die Sulkas, hatten auch im vergangenen Jahre
wiederholt unter den Überfällen der benachbarten
Bergbewohner, der Gakteis, zu leiden. Bezirksamts-
assessor Full zu Herbertshöhe unternahm deshalb
im Oktober 1908 im Auftrage des Gouverneurs
mit dem Dampfer „Seestern“ eine Reise nach
den Sulka-Ansiedlungen bei Kap Orford, um die
dortigen Eingeborenen zur Ubersiedlung nach der
den Uberfällen der Gakteis nicht ausgesetzten
Gegend nördlich des Warangoi zu veranlassen.
Über den Verlauf dieser Reise wird von dem
genannten Beamten folgendes berichtet:
Der „Seestern“ fuhr am 14. Oktober 1908
ab. Bei den Dörfern Arap und Wuma ging ich
mit den an Bord befindlichen Mope-Leuten an
Land.
Arap und Wuma sind gegenwärtig die nörd-
lichsten Dörfer der Sulka-Ansiedlung bei Kap Oxford.
Die an der Küste nördlich früher daran an-
schließenden Ortschaften Kilalum und Blowlin
wurden vor einigen Monaten — angeblich wegen
Angriffen der Gaktei — von den Sulkas ver-
lassen. Von Wuma bis zu der Brown-Insel in
der Henry Reid-Bucht zeigten dicht aneinander-
gereihte Palmgruppen an der ganzen Küste und
halbverwachsene Pflanzungen an den Berghängen
die Stätten früherer Sulka-Ansiedlungen an. Die
Sulkas wissen noch die Namen der einzelnen
Plätze zu nennen; darunter befindet sich das
Dorf Mochlon. Die Gegend ist jetzt vollkommen
menschenleer.
Auf der von der Großen Bucht im Norden
und der Jaquinot-Bucht im Süden gebildeten
breiten Halbinsel scheinen keine Gaktei zu wohnen.
Die Sulkas geben an, daß die Gaktei zu ihren
Überfällen nicht aus den Bergen, sondern die
Küste entlang heranziehen. Damit stimmt über-
ein, daß zuerst die nördlichsten Sulka-Ansiedlungen
an der Küste von den Sulkas aufgegeben wurden
und daß auch jetzt noch immer die nördlichsten
Plätze an der Küste den Angriffen der Gaktei
ausgesetzt sind. Die Sulkas in den alten Nieder-
lassungen bezeichnen als Wohnsitz der Gaktei die
Gegend um die Henry Reid-Bucht. Die Sulkas
nördlich des Warangoi behaupten, daß sie auch
an ihren neuen Niederlassungen mit Eingeborenen
zusammentreffen, welche die gleiche Sprache
sprechen wie ihre Gegner an der Henry Reid-
Bucht. Es hat demnach den Anschein, als ob
bereits auf der Gazellehalbinsel südlich von Put-
put (Rügenhafen) bis nach der Henry Reid-Bucht
Gaktei säßen.
Das Dorf Arap ist mit einem hohen Pali-
sadenzaun umgeben. An der Küste bei Arap
und Wuma liegt je ein großer Korallenblock auf
dem Riff nahe der Küste. Auf beiden ist eine
Hütte errichtet. Dort scheinen die Weiber und
Kinder bei der Annäherung von Feinden unter-
gebracht zu werden.
Die Leute in Wuma und Arap hatten offen-
bar kein besonderes Verlangen, nach der Gegend
nördlich des Warangoi überzusiedeln. Ich kün-
digte an, daß der „Seestern“ am nächsten Morgen
wiederkommen würde, um die Leute, welche aus-
wandern wollten, aufzunehmen.
Alsdann nahmen wir Kurs nach Süden und
gingen dicht bei Kap Owen in einer kleinen
Bucht vor Anker.
Die Umgebung der Bucht ist mit mehreren
Mengendörfern besetzt. Im Hintergrund der
Bucht in einem freundlichen Flußtal liegt das
Hauptdorf Weiin, nach welchem die Gegend be-
nannt wird. Weiter landeinwärts auf der süd-
lichen Höhe über dem Flußtal liegt das mit
Weiin befreundete Mengendorf Malbeimal. Am
Südufer der Bucht, die den Namen Uten zu
führen scheint, befand sich früher das Mengendorf
Weir. Unter den Kokospalmen stebt noch der
geschnitzte Hauptpfahl des Männerhauses und
daneben die massive Holztrommel. Das Dorf
ist verlassen seit einem Zusammenstoß mit der
Besatzung des Anwerbeschiffs „Samoa“, wobei
zwei Mengen, darunter der Bruder des Häupt-
lings, erschossen worden sein sollen.
Die früheren Bewohner des Dorfes Weir
sitzen jetzt auf steiler Höhe über der Südspitze der
Bucht. Auf der Höhe über dem Nordende der
Bucht liegt das Dorf Tangsor.
Die wenigen am Ufer sichtbar werdenden
Eingeborenen zeigten große Scheu und ver-
schwanden im Busch, als ich mit dem Boot an
Land kam. Mit Hilfe von vier Männern des
Mengenhäuptlings Blowgil von Warangoi, die
ich mitgebracht hatte, kam bald ein friedlicher
Verkehr zustande. Die Bevölkerung scheint ver-
hältnismäßig zahlreich, gesund und kriegerisch zu
sein. Die Leute lagen zur Zeit in Fehde mit
den Bergbewohnern weiter im Innern, nicht
aber mit den Gaktei. Zur Auswanderung nach
dem Warangoi hatten sie keine Lust. Ein Mann
ließ sich anwerben. Er kennt die Sulkasprache.
In dem Dorfe Weiin stellte ich die Anwesenheit
von Sulkaweibern fest, die mit Mengen ver-
heiratet sind.
Als am nächsten Morgen der „Seestern“
wieder vor Arap und Wuma anlief, herrschte
dort große Aufregung. An der Küste weiter
südlich waren angeblich zwei Sulkadörfer mit-
einander in Kampf geraten. Die Leute erklärten