Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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müßte also noch eine weitere Reduktion erfahren; 
um wieviel, ist schwer anzugeben, da es an 
einem sicheren Anhalt hierzu fehlt. Ich glaube 
jedoch, daß unter den gegebenen Bestandsver- 
hältnissen kaum mehr als 1500 Tonnen jährliche 
Rindennutzung vorausgesetzt werden dürften. 
Wenn nun noch in Betracht gezogen wird, daß 
die leicht auslaugbare Mangroverinde während 
der Gewinnung bzw. des relativ langen Trans- 
ports vom Schlagorte nach dem Verschiffungs- 
platz der Gefahr der Entwertung durch das bei 
jeder Flut in die Bestände eindringende See- 
wasser oder durch Niederschläge enorm ausgesetzt 
ist, sobald die Arbeiter es an der nötigen Acht- 
samkeit fehlen lassen, dann wird man es verstehen, 
wenn die Forstverwaltung den Gedanken der 
Rindenverwertung in eigener Regie aufgab und 
bis auf den heutigen Tag nicht wieder aufge- 
nommen hat. 
Erfolgreicher waren die Bemühungen der in 
Lamu ansässigen Firma Gebr. Denhardt. Nach- 
dem mehrere von ihr nach Europa gesandte 
Rindenproben in bezug auf Gerbstoffgehalt günstig 
beurteilt worden waren, begann sie mit der Aus- 
führung größerer Lieferungsaufträge. Im Jahre 
1900 gelang es ihr, eine Konzession zur Aus- 
nutzung der im Witu-und Tana-Gebiet gelegenen 
Mangrovebestände von der Britisch-Ostafrikanischen 
Protektoratsverwaltung zu erlangen und noch im 
selben Jahre etwa 1350 Tonnen Mangroverinde 
zu exportieren. Auch in den folgenden Jahren 
verfrachtete die Firma erhebliche Mengen Rinde 
nach Europa und 1903 dehnte sie ihr Rinden- 
geschäft auch auf Deutsch-Ostafrika aus und schloß 
zu diesem Zweck einen Pachtvertrag zur Aus- 
nutzung der Mangrovebestände an der Küste der 
Bezirke Tanga und Pangani mit dem Gouverne-= 
ment in Daressalam ab. Diesem ersten Pacht- 
vertrag folgten in den nächsten Jahren zwei 
weitere für einen Teil der Mangrovebestände der 
Bezirke Lin di und Kilwa. 1904 belief sich das 
von der Firma aus Britisch= und Deutsch-Ost- 
afrika ausgeführte Rindenquantum auf etwa 
6000 Tonnen; 1905 wurden aus Deutsch-Ost- 
afrika bereits 1400 Tonnen, und zwar fast aus- 
schließlich nach Deutschland verschifft. 
1901 gelangte auch aus Portugiesisch- 
Ostafrika von einer daselbst ansässigen Firma 
Mangroverinde nach Europa; diese Rinde scheint 
noch die günstigste Beurteilung gefunden zu haben, 
denn für die nachfolgenden Verschiffungen fanden 
sich in Europa regelmäßig Abnehmer; auch konnte 
die Rinde infolge der günstigeren Verschiffungs- 
bedingungen am Produktionsorte etwas billiger 
geliefert werden. 
Zweifellos handelt es sich bei den verschiedenen, 
zur Sprache gebrachten Rindenverwertungen nicht 
  
immer um eine und dieselbe Art. Dies geht 
weniger aus den chemischen Analysen der einzelnen 
Rindenmuster hervor, die ja auch innerhalb der 
einzelnen Mangroveart große Unterschiede in bezug 
auf den Gerbstoffgehalt ergeben haben, als viel- 
mehr aus dem Verhalten der verschiedenen Rinden 
bei der Lohbereitung und beim Gerbprozeß selbst. 
Die offenbar größtenteils von Rhizophora 
mucronata stammende britisch-ostafrikanische 
Rinde, die sich im übrigen fast stets durch einen 
sehr hohen, meist zwischen 38 und 45 v. H. 
liegenden Gerbstoffgehalt auszeichnete, wies eine 
intensiv dunkelrote Farbe auf, war dick, holzartig 
hart und infolgedessen schwerer mahlbar. 
Die Rinde deutsch= und portugiesisch-ost- 
afrikanischer Herkunft dagegen besaß eine 
weiche, faserige Struktur und ließ sich deshalb eher 
nach Art der Eichenrinde zu Lohe vermahlen. Inder 
Farbe war sie auch heller. Wahrscheinlich handelte 
es sich hier in beiden Fällen in der Hauptsache 
um die Rinde von Bruguiera gymnorrh iza. 
Es wäre falsch, aus den oben erwähnten be- 
deutenden Exportmengen den Schluß zu ziehen, 
daß es damals bereits gelungen sei, der Mangrove- 
rinde einen festen Platz auf dem europäischen 
Gerbstoffmarkte zu sichern. Dem widersprechen 
die wiederholten Preisschwankungen, denen unser 
Produkt ausgesetzt blieb, sowie die Tatsache, daß 
mehrfach größere Posten Mangroverinde im Aus- 
bzw. Einfuhrhafen längere Zeit unverkäuflich 
liegen und schließlich weit unter dem bisherigen 
Preise losgeschlagen werden mußten. Von den 
am Mangroverindenimport interessierten Firmen 
wurde auch geltend gemacht, daß das Angebot 
für den Anfang zu groß und ein Preissturz des- 
halb unvermeidlich gewesen sei. 
Den unablässigen Bemühungen dieser Firmen 
ist es zu verdanken, daß in Deutschland das 
Interesse für die Mangroverinde nicht, wie in 
England, völlig abflaute. Nachdem sich die Rinde 
als Streumaterial in der Gerberei nicht bewährt 
hatte, wurde der Versuch gemacht, Auszüge aus 
ihr herzustellen und zur Verwendung zu bringen, 
was auch bis zu einem gewissen Grade gelungen 
zu sein scheint. Freilich trat hierbei der Umstand 
fördernd hinzu, daß die Bezugspreise für andere 
Gerbmaterialien, insbesondere für Quebrachoholz, 
gestiegen waren. So sehen wir das Mangrove- 
rindengeschäft um das Jahr 1904 in Deutschland 
wieder aufleben. Eine Anzahl bedeutender Extrakt- 
fabriken befaßt sich mit der Herstellung von 
Mangroveextrakt aus der Rinde im großen; 
das Fabrikat wird teilweise wieder ausgeführt, 
teilweise in der deutschen Oberlederindustrie ver- 
wendet. Der Rindenverbrauch steigerte sich da- 
durch in Deutschland zeitweise derart, daß die 
Zufuhren mit der Nachfrage nicht Schritt halteit
	        
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