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es die vier Angeworbenen bei mir gut haben
würden. An diese Leute richtete er auch einige
Worte. Ich erklärte ihm dann, daß die Sonne
niedergehe und daß ich mich beeilen müsse, das
große Salzwasser zu erreichen. Zum Abschied
erhielt er noch eine Stange Tabak. Apenas Auf-
treten war würdevoll; er hat offenbar Einfluß
auf seine Stammesgenossen, wie er denn über-
haupt als machtvoller Häuptling in der ganzen
Gegend wohlbekannt ist. Trotz der beschleunigten
Fahrt wurde es Nacht, noch ehe wir eine lange
und schwierige, durch einen dichten Mangroven-
sumpf führende Passage erreicht hatten. Wenn
ich unter meinen Tauschwaren nicht glücklicher-
weise eine Stearinkerze gehabt hätte, die ich jetzt
als Fackel anzündete, dann wäre eine Fahrt
durch diesen moskitogeschwängerten Wasser-Urwald
bei der finsteren Nacht unmöglich gewesen. Aber
auch so hielt uns dieses Stück derartig auf, daß
ich erst um halb zehn Uhr abends wieder in
Utam anlangte.,. Ich habe bei dieser Episode
etwas länger verweilt, weil sie mir charakteristisch
für diese bisher unbekannte Gegend und ihre
Lagunenbewohner erscheint.
An den nächsten Tagen ging das Schiff all-
mählich nach Eitape zurück. Hier verließ ich
die „Langeoog“, welche inzwischen weiter rekru-
tierte, auf vier Tage, um mit meiner kleinen
Truppe eine Expedition in die Sissano-Arop-
Gegend zu unternehmen. Neben ethnologischen
Studien lag mir in diesem Falle ganz besonders
daran, die Wirkungen des großen Erdbebens vom
15. Dezember 1907 zu erkunden. Dieses offenbar
tektonische Beben trat in der Nacht ein; die ganze
Nachbarschaft der schon damals vorhandenen
Lagune von Aup mitsamt der nähergelegenen,
dichtbevölkerten Insel Wurufu hat sich damals
gesenkt. Das Meer brach zwischen Sissano und
Arop ein und setzte meilenweit das Land unter
Wasser. Der Verlust an Menschenleben war nur
gering, aber die ihrer Heimat beraubten schönen
und stolzen Warapu sind in alle Winde zerstreut.
Auch in Sissano und Arop sind viele Hütten un-
bewohnbar geworden.
und Lagune, auf der Arop steht, ist im Durch-
schnitt nur 100 m breit, die ganze Lagune durch
einen breiten braunen Streifen untergegangener
Vegetation eingerahmt. Gegen 15 000 tragende
Kokospalmen sind damals vernichtet worden;
meilenweit fährt der Einbaum durch gestorbenen
Wald. Da stehen sie zu Tausenden im Wasser,
die hohen, schlanken Kokospalmen mit abge-
brochener Krone, von der nur noch einige trockene
braune Wedel wie Trauerfahnen herabhängen.
Nur ein Gutes hat auch diese Katastrophe gehabt.
Die Moskitos, die früher in Myriaden die Gegend
heimgesucht haben, sind so gut wie verschwunden;
ich denke mir, daß der durch den Einbruch des
Meereswassers veränderte Salzgehalt der Lagune
ihren Larven die Lebensbedingungen entzogen hat.
Auch an anderen Stellen dieser Küsten habe
ich zahlreiche Anzeichen gefunden, die zur Schluß-
folgerung nötigen, daß dieses ganze Land sich in
einer Periode des Sinkens befindet. Nachdem
die „Langeoog“ auf der Rückreise Friedrich-
Wilhelmshafen angelaufen hatte, wurde noch
einige Tage an der Nordküste der Westhälfte von
Neu-Pommern rekrutiert. Einige ethnologische,
linguistische und geographische Feststellungen konnten
bei dieser Gelegenheit gemacht werden.
Mit dem Einlaufen der „Langeoog“ in die
Bucht von Herbertshöhe fand diese vielseitige und
interessante Fahrt am 10. Dezember ihr Ende.
Jetzt bin ich vollauf beschäftigt mit Ordnen und
Abbauen, um am 24. Dezember heimfahren zu
können. Auch wenn ich noch etwas Zeit übrig
hätte, könnte ich nicht mehr viel unternehmen,
denn die Regenzeit hat eingesetzt. Alle meine
geographischen Aufnahmen und Feststellungen sind
geordnet und abgeschickt. Ein kleiner Rest und
einiges geologische Material wird mit der Post
des „Prinz Siegismund"“ abgehen.
Ich bin immer gesund gewesen und hoffe,
es nun auch bis zum Schluß zu bleiben. Gestern
haben meine beiden treuen Polizeisoldaten Don
und To Minalum die Rückreise nach ihrer Station
Käwieng angetreten. Ich sehe nicht ohne Wehmut,
Die Düne zwischen Meer wie das kleine Expeditionskorps sich auflöst.
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Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten.
" Dortugiesische Eingeborenenpolitik.
Über die portugiesische Eingeborenenpolitik
äußert sich der vom Generalgouverneur von
Portugiesisch-Ostafrika, der Nachbarkolonie
Deutsch-Ostafrikas, berufene landwirtschaftliche
Sachverständige T. R. Sim in der in Lourenco
Marques erscheinenden Zeitung „O Futuro“ vom
18. Juli folgendermaßen:
Die Eingeborenen bilden in einigen Distrikten
die gesamte, in allen übrigen fast die gesamte
Bevölkerung. Sie sind deshalb von der höchsten
Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung des
Landes. Die eingeborene Bevölkerung des Landes
ist glücklich, zufrieden, fleißig, loyal und dem
Landbau geneigt. Ohne die freundschaftlichen und
gefestigten Beziehungen, wie sie zwischen Regie-