Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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nünftigen Bedürfnissen und Wünschen der farbigen 
Bevölkerung Südafrikas ausgewählt werden. Die 
Provinzen wählen ihre Senatoren zum ersten 
Male in der Weise, daß die beiden Häuser der 
einzelnen Kolonien in gemeinsamer Sitzung die 
Auswahl vollziehen. 
Das Parlament der Union wird später ent- 
scheiden, in welcher Weise die Senatoren nach 
Ablauf der ersten zehn Jahre gewählt werden 
sollen. Solange eine solche Entscheidung nicht 
vorliegt, üben die Provinzialräte in Verbindung 
mit den betreffenden Abgeordneten zum Unions- 
parlament das Wahlrecht für jede Provinz aus. 
Die passive Wahlberechtigung zum Senator 
ist gebunden an ein Alter von wenigstens dreißig 
Jahren, die aktive Wahlberechtigung zum Abge- 
ordnetenhaus einen Wohnsitz von fünf Jahren 
innerhalb der Union, die Eigenschaft als britischer 
Untertan europäischer Abstammung und für die 
gewählten Senatoren an einen Grundbesitz inner- 
halb der Union im Wert von wenigstens 500 L 
nach Abzug der Hypotheken. 
Der Senat wählt seinen Präsidenten selbst, 
der nicht mit abstimmt, sondern nur bei Stimmen- 
gleichheit den Ausschlag gibt. 
5. Das Abgeordnetenhaus besteht zunächst aus 
121 durch direkte Wahl bestimmten Mitgliedern, 
von denen das Kapland 51, Natal 17, Trans- 
vaal 36 und der Oranje-Freistaat 17 entsenden. 
Diese Zahlen sind festgesetzt worden auf Grund 
der Volkszählung vom Jahre 1904, und es ist 
angenommen worden, daß die europäische männ- 
liche Bevölkerung ohne die aktiven Millitär- 
personen beträgt: im Kapland 167 546, in 
Natal 34 784, in Transvaal 106 493, im 
Oranje-Freistaat 41 014. Als Wähler (male 
adult) wird jeder Mann von 21 Jahren und 
darüber betrachtet. Im Jahre 1911 und sodann 
alle fünf Jahre wird eine Zählung der europäi- 
schen Bevölkerung und auf Grund der Ergeb- 
nisse eine Neuverteilung der von den einzelnen 
Provinzen zu entsendenden Abgeordnetenzahl vor- 
genommen. Durch Division der letzteren in die 
Gesamtsumme der männlichen Erwachsenen ent- 
steht die Wahlquote, und je nachdem bei späteren 
Volkszählungen eine Steigerung der Quoten fest- 
zustellen ist, vermehrt sich antomatisch die Zahl 
der Abgeordneten der Provinz. Bei diesen Neu- 
verteilungen darf indes eine Verminderung der 
den Originalprovinzen zugesprochenen Abgeord- 
netenzahl nicht eintreten, solange nicht eine 
Gesamtzahl von Abgeordneten von 150 erreicht 
ist oder zehn Jahre seit der Gründung der Union 
vergangen sind, je nachdem der eine oder der 
andere Zeitraum der längere ist. 
periode dauert fünf Jahre. 
  
Die Wahlen sind Proportionalwahlen, bei 
denen jeder Wähler eine übertragbare Stimme 
hat (Art. 136). 
Das Parlament kann über die Wahlberechti- 
gung Gesetze erlassen, darf aber die gegenwärtig 
im Kaplande bestehenden Wahlberechtigungen der 
farbigen Bevölkerung nicht abändern, es sei denn, 
daß beide Häuser des Parlaments in gemein- 
samer Sitzung dies mit einer Zweidrittel-Majorität 
der Gesamtzahl der Mitglieder beschließen sollten. 
Die Einteilung der Wahlbezirke geschieht durch 
besondere Kommissionen, die durch einen vom 
Generalgouverneur zu bezeichnenden Richter des 
obersten Gerichtshofes gebildet werden. Die 
passive Wahlberechtigung zum Abgeordnetenhaus 
ist gebunden an die Registrierung als aktiver 
Wähler, einen Wohnsitz von fünf Jahren inner- 
halb der Union und die Eigenschaft als britischer 
Untertan europäischer Abstammung. Die Sitzungs- 
Das Haus wählt 
seinen „Sprecher“, der nur bei Stimmengleichheit 
abstimmt. Die Anwesenheit von wenigstens 
30 Mitgliedern ist zu einer gültigen Beschluß- 
fassung erforderlich. 
Die Minister haben das Recht, in beiden 
Häusern des Parlaments zu sitzen und zu sprechen, 
aber sie dürfen nur abstimmen in demjenigen 
Hause, dessen Mitglied sie sind. 
Aus den Bestimmungen, durch die festgesetzt 
wird, welche Umstände eine sonst wahlberechtigte 
Person als Mitglied des Senats oder des Abge- 
ordnetenhauses disqualifizieren, dürfte hervor- 
zuheben sein, daß niemand Senator oder Abge- 
ordneter sein kann, der ein mit Bezahlung ver- 
bundenes Staatsamt innerhalb der Union inne- 
hat. Von dieser Bestimmung sind ausgenommen 
die Staatsminister, pensionierte Zivilpersonen und 
Mitglieder des Reichsheeres und der Marine, 
die zur Disposition gestellt sind oder den Abschied 
genommen haben. 
Ein Senator oder Abgeordneter verliert seinen 
Sitz u. a., wenn er ohne besonderen Urlaub den 
Sitzungen während einer ganzen Session nicht 
beiwohnt. 
Jeder Senator und Abgeordneter, mit Aus- 
nahme der Minister, des Präsidenten des Senats 
und des Sprechers des Abgeordnetenhauses, erhält 
jährlich 300 L, von welcher Summe indes 2 L 
für jeden Tag der Abwesenheit während der 
Sitzungszeit abgezogen werden. 
Das Parlament hat volle Freiheit der Gesetz- 
gebung, mit den üblichen Einschränkungen der 
Machtbefugnisse des Oberhauses hinsichtlich aller 
Finanzgesetze. Besondere Vorsichtsmaßregeln find 
für den Fall getroffen, daß Senat und Abge- 
ordnetenhaus sich über ein Gesetz nicht einigen 
können. Der Generalgouverneur stimmt den Ge-
	        
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