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und Westen ist wenig, der Osten und Süden mehr
bevölkert. Abgesehen von der Bundesstadt Rio de
Janeiro mit etwa 800 000 Einwohnern, hat der
Staat Sao Paulo auf 290 876 qkm etwa 2600000
Einwohner, das sind auf 1 qkm 9 Einwohner.
Der Staat Minas-Geraes hat auf 574 855 qkm
etwa 4 300 000 Einwohner, das sind auf 1 qkm
7 Einwohner. Hiergegen hat der Staat Matto-
Grosso auf 1 379 651 qkm nur 157 000 Ein-
wohner, das ist auf 9 qkm 1 Einwohner, und der
Staat Amazonas auf 1 897 220 qkm nur etwa
250 000 Einwohner, das ist auf 8 qkm 1 Ein-
wohner.
In diesen weiten Strecken mit geringer Be-
siedlung, ja teilweise in noch vollständiger Wildnis,
findet man aber auch Städte mit neuzeitlichen Ein-
richtungen, wie elektrische Straßenbahnen. So macht
z. B. Manäos im Staate Amazonas den Eindruck
einer europäischen Stadt, wenn man von der Tem-
peratur und der tropischen Vegetation absieht und
solange man sich im Weichbilde der Stadt befindet.
Darüber hinaus ändert sich das Bild sofort; man
befindet sich wieder in der Wildnis. Ahrlich ist es
mit den Küstenstädten. Weiter südlich ruft z. B.
Süö# Paulo vollständig den Eindruck einer euro-
päischen Großstadt hervor. Die Bundesmetropole
Rio de Janeiro zeigt, ganz abgesehen von ihrer
wunderbaren Lage, auch Straßenbilder, z. B. die
Avenida Central, die sie zu einer der schönsten
Städte der Welt machen, das Straßenleben entspricht
sowohl in bezug auf Regsamkeit, wie auf Eleganz
dem einer modernen Weltstadt.
Eine der großen Fragen bei der Städtebildung,
die Wasserversorgung, ist in einzelnen brasilianischen
Städten recht gut gelöst. Andere aber leiden unter
unzureichendem oder schlechtem Wasser, so wird z. B.
in der Hauptstadt des Staates Cearä das Trinkwasser
meist in kleinen Fässern auf Lasttieren in die Stadt
befördert und verkauft. Auch wird das Regenwasser
in Tanks gesammelt und filtriert oder unfiltriert
benutzt. In anderen Städten wird unfiltriertes
Wasser von weit her geleitet und läßt an Qualität
viel zu wünschen übrig.
Die Republik Brasilien besteht aus 20 Bundes-
staaten mit autonomer Regierung, dem Föderal-
distrikt des Acre und der Bundeshauptstadt Rio
de Janeiro. Die gesetzgebende Körperschaft der
Republik, der Bundeskongreß, setzt sich zusammen
aus Senat und Deputiertenkammer. Jeder Föderal-
distrikt und Staat wählt eine bestimmte Anzahl
Senatoren und Deputierte. Der Bundespräsident
und Vizepräsident werden in direkter Wahl aller
Wähler der ganzen Republik gewählt.
In den einzelnen Staaten wird zu jeder gesetz-
gebenden Körperschaft des Staates, dem Staats-
kongreß, ebenfalls eine gewisse Anzahl von Sena-
toren und Deputierten gewählt. Der Präsident des
Staatskongresses ernennt oder entläßt die einzelnen
Leiter der Verwaltungsabteilungen, die Staats-
sekretäre, nach eigenem Ermessen.
Die Wahl sowohl der Deputierten, wie der
Präsidenten erfolgt bei der unvollkommenen Organi-
sation in den weiten Gebieten auf sehr unsicherer
Grundlage. So wurde mir z. B. berichtet, daß
im Amazonas-Gebiet die Stimmen durch Beamte
auf Dampfern eingeholt werden, ohne daß eine
Kontrolle möglich wäre, ob die fraglichen Wähler
auch existieren oder für wen die Stimmen abge-
geben wurden. Wenn dann auffällig oft Mitglieder
der Partei, die gerade am Ruder ist, wenn der
seitherige Präsident, oder Familienangehörige des
Präsidenten als Gewählte der Urne entsteigen, dann
mag das ja mit rechten Dingen zugegangen sein.
Anderseits kann man es Leuten, die mit den herr-
schenden Zuständen nicht zufrieden sind, nachfühlen,
wenn sie solche Wahlresultate manchmal verwunderlich
finden.
Der Staatshaushalt stützt sich auf indirekte
Steuern, in der Hauptsache auf Import= und Ex-
portzölle. Während die Importzölle der Bundes-
regierung zufließen, verbleiben die Exportzölle, die
auf Landesprodukte erhoben werden, den einzelnen
Staaten. Daneben wurden bisher aber auch Ein-
gangszölle von den Bundesstaaten untereinander
erhoben; auch die einzelnen Kommunen belegten die
verschiedenen eingeführten Waren mit Ein= und
Ausgangszöllen. Zum Teil sind diese von den ein-
zelnen Staaten untereinander erhobenen Eingangs-
zölle durch Bundesbeschluß aufgehoben, teilweise be-
stehen sie aber noch fort. Solche Zollerhebungen
führen sogar zu Zollkriegen zwischen den Bundes-
siaaten. Im Jahre 1907 bestand noch ein solcher
Zollkrieg zwischen Pernambuco und Rio Grande
do Sul.
Die Importzölle übersteigen bei Waren aus dem
Auslande oft weitaus den Wert der Waren selbst.
Die Exportzölle auf Landesprodukte erreichen teil-
weise fast ein Viertel des Wertes, so z. B. bei
Kautschuk aus Paré. Außerdem werden von den
einzelnen Staaten und Kommunen noch Steuern und
Taxen der verschiedensten Art erhoben. Im Staate
Amazonas z. B. wird die Erlaubnis zum Verkauf
jeder einzelnen Warengattung besonders besteuert.
und diese Steuern werden selbst von den allem
Verkehr fernliegenden Verkaufsstätten der Serin-
gueros gefordert. Andere Staaten erheben Abgaben
von Pflanzungen so z. B. von Kokosnußpalmen.
Einer Personalsteuer, die besonders geeignet ist,
Handel und Wandel in Brasilien zu bceeinträchtigen,
sind die Handlungsreisenden unterworfen. Die
Staaten wie die Kommunen schätzen sie in sehr un-
genierter Weise ein, und zwar einheimische ebensogur
wie fremdländische. Das Drückende an dieser Steuer
begreist man erst dann recht, wenn man sich ver-
gegenwärtigt, daß es in dem betreffenden Staate
oft nur einen einzigen Platz mit wenigen Kunden
gibt, so daß die ganze Last der Steuer auf einen