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leuten wird ferner dadurch ein Schutz gegen Über-
griffe des Kraalsvaters gewährt, daß sie auf ihren
Antrag von dem zuständigen Beamten (administrator
of Native Law) aus dem Kraalsverbande entlassen
werden können (Code Sec. 215).
Die pPflichtmäßige Führung seines Amts liegt
außerdem im eigensten Interesse des Kraalsvaters,
wenn er sich seine Stellung erhalten will, denn er
kann von dem Bezirksgericht (Court of Magistrates)
seiner Stellung entsetzt werden, wenn er sich als
ungeeignet erweist. Das Gericht kann dann bis
auf weiteres eine passende Person als Vormund
für die Kontrolle der Familie und für die Ver-
waltung des Vermögens des Kraalsvaters bestellen.!)
Die Stellung des „Kraalhead“ kann nach dem
Ermessen des genannten Gerichts in jedem Falle
auch einer Frau übertragen werden.)
3. Stellung in der Gerichtsverfassung.
a. Des Häuptlings.
In der Hand der Häuptlinge war zur Zeit
ihrer Unabhängigkeit der größte Teil der richter-
lichen Gewalt vereinigt. Sie entschieden in Zivil-
und Strassachen sowohl in erster Instanz als auch
in der Berufungsinstanz gegen Entscheidungen der
Unterhäuptlinge. Schwerere Verbrechen wurden
zur Entscheidung meist ohne Zwischeninstanz direkt
vor den Häuptling gebracht. Er entschied end-
gültig, wenn über ihm kein Oberhäuptling stand,
andernfalls konnte bei diesem Berufung gegen die
Entscheidungen des Häuptlings eingelegt werden.)
Auch unter der Herrschaft des Code haben die
Häuptlinge eine nicht unbedentende Jurisdiktion für
ihr Gebiet 4) behalten. Sie sind zur Entscheidung
aller Zivilsachen mit Ausnahme der Chesachen?) be-
rufen, jedoch mit der Einschränkung, daß sie nur
dann zuständig sind, wenn der Beklagte ein Mit-
1) Code Sec. 79. Law 10 of 1896 und act 49 of
1898 Scc. 48.
2) Code Sec. 78 und die Anmerkung dazu in der
Ausgabe von Hitchins.
3) Näheres bei Macleau, S. 11. The Jutircs of
South Africn. S. 26 f. Sec. 256 des Reports.
Bei den Gerichtositzungen pflegte der Häuptling
von seinen Räten umgeben zu sein, die auch teil an
der Verhandlung nahmen.
4) Die Territorien, innerhalb welcher Jurisdiktion
von eingeborenen Häuptlingen ausgcübt werden darf,
können vom Gouverneur bestimmt werden. Sce. 54
act 19 of 1898. Die zZuständigkeit der Häuptlinge
ist keine ausschließliche, neben ihnen sind auch die
JAlagistrates Courts zuständig. Ugl. Code Sec. 251
und Ser. 48 The Courts uci# (49 of 1898).
5) Doch haben sie einen Sühneversuch vorzunehmen.
Agl. Code Sec. 166. Für Scheidungs= und Nichtig-
keitstlagen sind die Mugistutes Courts zuständig. Agl.
Code Sec. 174 und Sec. 18 net 49 ot 1898. War
die Ehe nach christlichem Ritus geschlossen, so ist der
JZupreme Coum der Kolonie zuständig. Vgl. Code
Sec. 175, Sec. 7 act 39 of 1896 und Scc. 12 lam 46 of
1887.
glied ihres Stammes ist.) Gegen die Ent-
scheidungen des Häuptlings ist eine Berufung an
die „Courts of Magistrates“ (Bezirksrichter) ge-
geben, in deren Jurisdiktionsbereich die Parteien
wohnen oder die Sache zuerst verhandelt ist.?)
In Strafsachen übt der Häuptling nicht die
Funktionen des erkennenden Richters aus, sondern
hat mehr die Stellung des Untersuchungsrichters.
Er bereitet das Verfahren vor, indem er jedes Ver-
brechen und Vergehen, das innerhalb seines Juris-
diktionsgebiets vorkommt, untersucht und auf Grund
seiner Ermittlungen an den nächsten Bezirksrichter
(Magistrate) berichtet. Ferner hat er eines Delikts
verdächtige Personen festzunehmen und dem Ma-
gistrate vorführen zu lassen.)
Endlich hat er auch im allgemeinen den Gerichten
seine Unterstützung bei der Festnahme von Ver-
brechern zu gewähren, ohne Rücksicht darauf, ob die
Tat in seinem Gebiete geschehen ist oder nicht.4)
Bei der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat der
Häuptling insofern mitzuwirken, als er als Ver-
treter des Oberhäuptlings stellvertretender Ober-
vormund von Personen ist, die vor dem Gesetz als
Minderjährige gelten.
J. Des Distriktshauptmannes.
Die „districtheadmen“ des Code entsprechen,
wie bereits erwähnt, etwa den Unterhäuptlingen
oder Gemeindeältesten. Diese hatten eine gewisse
Jurisdiktion in Bagatellsachen, jedoch mehr nach Art
von Schiedsrichtern. Sie konnten die Durchführung
ihrer Entscheidungen nicht erzwingen. Mißfiel ihre
Entscheidung, so wurde die Sache vor den Häupt-
ling gebracht.5)
Der Code“b) gibt den Distriktshauptleuten in
der Regel die richterliche Gewalt eines Schieds-
richters und auch nur in kleineren Streitigkeiten,
z. B. solchen über Anrechte auf Gartenland oder
Weidegerechtigkciten.
1) Code Ser. 19. In Ausübung des Richteramts
haben die Häuptlinge Privilegien eines kolonialen Ge-
richtshofes und die Befugnis, Ordnungsstrafen zu
verhängen. Vgl. Code Sec. 51.
2) Vgl. Code Sec. 49 und Sec. 56 The Courts act
1898 (net Nr. 19 ot 1898).
3) Code Sec. 57. Der Häuptling hat ferner die
Pflicht, dem Magistrate alle Delikte wie verdächtigen
Vorkommnisse sofort zu melden. Agl. Code Sec. 60
und Ser. 8 act 25 of 1902. ·
) Val. Code Sec. 47. Die Übertragung der richter-
lichen Gewalt in Strafsachen von den Häuptlingen auf ko-
loniale Beamte ist nach der Meinung der Native Alfairs
Commission eine richtige Politik, weil die Gerechtigkeit
der Entscheidung in Strafprogessen mehr verbürg ist,
wenn sie von juristisch geschulten Kolonialbeamten ge-
kroffen werden, die kein persönliches Interesse an den
Geldstrafen und Verwirkungen von Eigentum haben,
die aus den Prozessen resultieren können (Report
Scc. 228).
5) Vgl. Macleau, S. 41, 123. The
Sonth Africen. S. 26.
6) Scc. 60.
Jatives of