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gegenüber tadelte und seine Verdienste um Tumua
bei den letzten Wirren sowie seine deutschfreund-
lichen Bestrebungen bei der Flaggenhissung her-
vorhob. Er wolle keinen Krieg machen, weder
gegen die Regierung noch gegen Tumua, sein
Herz blute aber, wenn er und seine Leute von
Tumua als illoyal hingestellt würden.
Darauf nahm Mataafa das Wort, unauf-
gefordert vom Gouverneur, aus eigenem Antrieb.
Er ging in seiner Antwort auf die bestimmt for-
mulierten Angriffe Lauatis gegen ihn nicht ein,
sondern redete in allgemeinen Wendungen im
Sinne einer friedlichen Beilegung der Zwistig-
keiten, indem er von der Finsternis sprach, die
immer noch in den Herzen der Samoaner herrschte,
und der Hoffnung Ausdruck gab, daß mit Hilfe
Gottes die Teufel, die jetzt in Samoa ihr Un-
wesen trieben, besiegt werden möchten.
Der Gouverneur ergriff darauf das Wort
und führte in seiner Rede ungefähr folgendes aus:
Die Enthüllungen Lauatis hätten ihn über-
rascht und die Sachlage, wie er sie am Sonn-
abend vorgefunden, völlig geändert. Zunächst
habe Lauati durch Zurücknahme der ungehörigen
Briefe und dadurch, daß er für seinen Ungehorsam
in geziemender Form um Verzeihung gebeten
hätte, dem Gouverneur ermöglicht, sich mit Lauati
in weitere Verhandlungen einzulassen. (Bei diesen
Worten nahm der Gouverneur die beiden Briefe
aus der Tasche, zerriß sie und warf sie auf den
Boden.)
Was die Anschuldigungen gegen den Alii Sili
anbeträfe, so müsse er sich versagen, vor den im
Hause anwesenden jungen Leuten eine Kritik des
Verhaltens des vom Kaiser eingesetzten höchsten
Häuptlings einzugehen. Ob er die Anschuldi-
gungen glauben solle oder nicht, das müsse er
eingehender Überlegung und Besprechungen mit
Mataafa überlassen. Die Anschuldigungen gegen
den Alü## Sili hätten ihn tief betrübt und er hoffe,
daß alles geklärt würde. Anderseits müsse er es
für unmöglich halten, daß ein Samoaner von
dem Range und dem Einflusse Lauatis in offener
Versammlung unter Anrufung Gottes als Zeugen
einen Meineid geleistet habe! Er wäre nur ein
Mensch und könne nicht in die Herzen seiner
Mitmenschen blicken. Wenn Lauati ihn belogen
habe, so würde seine Strafe von dem höchsten
Richter nicht ausbleiben. Was den Ungehorsam
Lauatis anbeträfe, so müsse er ihn, wenn er
wirklich der loyale Mann sei, für den er sich in
seiner Rede ausgegeben hätte, auf alle Fälle
wieder gutmachen. Und das könne er dadurch,
daß er unverzüglich seine Leute nach Sawaii
zurückschicke. Was die Wünsche und Anträge der
Samoaner an die deutsche Regierung anlange, so
habe er (der Gouverneur) auf den verschiedenen
Fonos, in Sawaii sowohl wie in Upolu und
Manono, öffentlich die Erklärung abgegeben, daß
er sie auf dem Januar-Fono entgegennehmen und
prüfen werde.
Auf diese Ansprache des Gouverneurs erwiderte
Lauati, daß er gehorchen würde, er bäte nur,
daß der Gouverneur vor seinen Leuten noch ein-
mal erklären möchte, daß ihm keine Gewalt an-
getan würde. Denn er fürchte, daß seine Leute
nicht nach Sawal zurückkehren würden, solange
sie um seine Freiheit und um sein Leben besorgt
wären. Der Gouverneur möge daher offen aus-
sprechen, daß Lauati kein Gefangener sei, und
ihn begnadigen. Darauf sprach der Gouver=
neur:
„Lauati, es handelt sich hier um zwei An-
gelegenheiten, die an sich nichts miteinander zu
tun haben. Die eine Angelegenheit kann ich klar
übersehen, das ist Dein Ungehorsam meinem Ver-
treter und mir gegenüber, und Deine drohende
Haltung gegenüber meiner Absicht, Dich zur
Rechenschaft zu ziehen. Für beides hast Du die
Erklärungen und Entschuldigungen abgegeben, und
dafür bin ich befugt und geneigt, noch einmal
Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Wenn Du
mir also auf die Bibel schwörst, daß Du Deine
Leute zurückbringen wirst und daß Du friedlich
bleibst, will ich Dir Pardon geben. Ich muß mir
aber vorbehalten, wegen der Sendung Jiga Pisas
(eines Häuptlings von Safotulafai, dem Wohnort
Lauatis) nach Tutuila dorthin zu schreiben, um
festzustellen, ob es wahr ist, daß Sawaii sich mit
der Regierung in Tutuila gegen das Kaiserliche
Gouvernement in Verbindung hat setzen wollen.
Über die andere Angelegenheit, die rein sa-
moanische Ursachen hat, kann ich, wie ich schon
ausführte, hier nicht urteilen. Hier kann ich Dich
jetzt nur auf den anwesenden Alii Sili verweisen.
Wenn er glaubt, Dir verzeihen zu können, so
mag er sprechen.“
Darauf sagte Mataafa, daß er bereit sei,
Lauati die Hand zu schütteln.
Nunmehr versprach Lauati fest, daß er ge-
horchen werde und daß er für die friedliche Hal-
tung seiner Leute Garantie übernehme.
Bei dieser Versammlung war, wie erwähnt,
als einziger Europäer außer dem Gouverneur
der Leutnant Hecker zugegen. Derselbe hat über
die Vorgänge in dieser Versammlung die folgende
in beglaubigter Abschrift vorliegende Erklärung
abgegeben:
„Um dem Gerücht entgegenzutreten, daß
der Kaiserliche Gouverneur, Dr. Solf, Lauati
mit Verbannung bestraft hat, obwohl dem
Lauati unter feierlicher Berufung auf die Bibel
Verzeihung versprochen war, halte ich als ein-