Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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gegenüber tadelte und seine Verdienste um Tumua 
bei den letzten Wirren sowie seine deutschfreund- 
lichen Bestrebungen bei der Flaggenhissung her- 
vorhob. Er wolle keinen Krieg machen, weder 
gegen die Regierung noch gegen Tumua, sein 
Herz blute aber, wenn er und seine Leute von 
Tumua als illoyal hingestellt würden. 
Darauf nahm Mataafa das Wort, unauf- 
gefordert vom Gouverneur, aus eigenem Antrieb. 
Er ging in seiner Antwort auf die bestimmt for- 
mulierten Angriffe Lauatis gegen ihn nicht ein, 
sondern redete in allgemeinen Wendungen im 
Sinne einer friedlichen Beilegung der Zwistig- 
keiten, indem er von der Finsternis sprach, die 
immer noch in den Herzen der Samoaner herrschte, 
und der Hoffnung Ausdruck gab, daß mit Hilfe 
Gottes die Teufel, die jetzt in Samoa ihr Un- 
wesen trieben, besiegt werden möchten. 
Der Gouverneur ergriff darauf das Wort 
und führte in seiner Rede ungefähr folgendes aus: 
Die Enthüllungen Lauatis hätten ihn über- 
rascht und die Sachlage, wie er sie am Sonn- 
abend vorgefunden, völlig geändert. Zunächst 
habe Lauati durch Zurücknahme der ungehörigen 
Briefe und dadurch, daß er für seinen Ungehorsam 
in geziemender Form um Verzeihung gebeten 
hätte, dem Gouverneur ermöglicht, sich mit Lauati 
in weitere Verhandlungen einzulassen. (Bei diesen 
Worten nahm der Gouverneur die beiden Briefe 
aus der Tasche, zerriß sie und warf sie auf den 
Boden.) 
Was die Anschuldigungen gegen den Alii Sili 
anbeträfe, so müsse er sich versagen, vor den im 
Hause anwesenden jungen Leuten eine Kritik des 
Verhaltens des vom Kaiser eingesetzten höchsten 
Häuptlings einzugehen. Ob er die Anschuldi- 
gungen glauben solle oder nicht, das müsse er 
eingehender Überlegung und Besprechungen mit 
Mataafa überlassen. Die Anschuldigungen gegen 
den Alü## Sili hätten ihn tief betrübt und er hoffe, 
daß alles geklärt würde. Anderseits müsse er es 
für unmöglich halten, daß ein Samoaner von 
dem Range und dem Einflusse Lauatis in offener 
Versammlung unter Anrufung Gottes als Zeugen 
einen Meineid geleistet habe! Er wäre nur ein 
Mensch und könne nicht in die Herzen seiner 
Mitmenschen blicken. Wenn Lauati ihn belogen 
habe, so würde seine Strafe von dem höchsten 
Richter nicht ausbleiben. Was den Ungehorsam 
Lauatis anbeträfe, so müsse er ihn, wenn er 
wirklich der loyale Mann sei, für den er sich in 
seiner Rede ausgegeben hätte, auf alle Fälle 
wieder gutmachen. Und das könne er dadurch, 
daß er unverzüglich seine Leute nach Sawaii 
zurückschicke. Was die Wünsche und Anträge der 
Samoaner an die deutsche Regierung anlange, so 
habe er (der Gouverneur) auf den verschiedenen 
  
Fonos, in Sawaii sowohl wie in Upolu und 
Manono, öffentlich die Erklärung abgegeben, daß 
er sie auf dem Januar-Fono entgegennehmen und 
prüfen werde. 
Auf diese Ansprache des Gouverneurs erwiderte 
Lauati, daß er gehorchen würde, er bäte nur, 
daß der Gouverneur vor seinen Leuten noch ein- 
mal erklären möchte, daß ihm keine Gewalt an- 
getan würde. Denn er fürchte, daß seine Leute 
nicht nach Sawal zurückkehren würden, solange 
sie um seine Freiheit und um sein Leben besorgt 
wären. Der Gouverneur möge daher offen aus- 
sprechen, daß Lauati kein Gefangener sei, und 
ihn begnadigen. Darauf sprach der Gouver= 
neur: 
„Lauati, es handelt sich hier um zwei An- 
gelegenheiten, die an sich nichts miteinander zu 
tun haben. Die eine Angelegenheit kann ich klar 
übersehen, das ist Dein Ungehorsam meinem Ver- 
treter und mir gegenüber, und Deine drohende 
Haltung gegenüber meiner Absicht, Dich zur 
Rechenschaft zu ziehen. Für beides hast Du die 
Erklärungen und Entschuldigungen abgegeben, und 
dafür bin ich befugt und geneigt, noch einmal 
Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Wenn Du 
mir also auf die Bibel schwörst, daß Du Deine 
Leute zurückbringen wirst und daß Du friedlich 
bleibst, will ich Dir Pardon geben. Ich muß mir 
aber vorbehalten, wegen der Sendung Jiga Pisas 
(eines Häuptlings von Safotulafai, dem Wohnort 
Lauatis) nach Tutuila dorthin zu schreiben, um 
festzustellen, ob es wahr ist, daß Sawaii sich mit 
der Regierung in Tutuila gegen das Kaiserliche 
Gouvernement in Verbindung hat setzen wollen. 
Über die andere Angelegenheit, die rein sa- 
moanische Ursachen hat, kann ich, wie ich schon 
ausführte, hier nicht urteilen. Hier kann ich Dich 
jetzt nur auf den anwesenden Alii Sili verweisen. 
Wenn er glaubt, Dir verzeihen zu können, so 
mag er sprechen.“ 
Darauf sagte Mataafa, daß er bereit sei, 
Lauati die Hand zu schütteln. 
Nunmehr versprach Lauati fest, daß er ge- 
horchen werde und daß er für die friedliche Hal- 
tung seiner Leute Garantie übernehme. 
Bei dieser Versammlung war, wie erwähnt, 
als einziger Europäer außer dem Gouverneur 
der Leutnant Hecker zugegen. Derselbe hat über 
die Vorgänge in dieser Versammlung die folgende 
in beglaubigter Abschrift vorliegende Erklärung 
abgegeben: 
„Um dem Gerücht entgegenzutreten, daß 
der Kaiserliche Gouverneur, Dr. Solf, Lauati 
mit Verbannung bestraft hat, obwohl dem 
Lauati unter feierlicher Berufung auf die Bibel 
Verzeihung versprochen war, halte ich als ein-
	        
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