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sich aber nach den bei der Verfolgung Morengas
im Herbst 1907 zwischen dem deutschen und
britischen Truppenkommando getroffenen Verein-
barungen berechtigt, auch in diesem ganz ähnlich
liegenden Falle die Grenze zu überschreiten, um-
somehr als auf eine Unterstützung der Betschuana-
Polizei nicht gerechnet werden konnte.
Das Expeditionskorps trat am 12. März
abends von Geinab den Vormarsch an. Am
14. März abends fand man bei der Molentsan-
Pfanne die Reste einer Werft; der Abzug des
Feindes, der vor mehreren Wochen schon erfolgt
zu sein schien, wies in nördliche Richtung. Am
Morgen des 15. fanden sich plötzlich ganz frische
Buschmann-Spuren in der Nähe des Lagers.
Leutnant Geibel wurde am Nachmittage mit einer
Eingeborenen-Patrouille zur Aufnahme dieser Spur
entsandt. Bald befand er sich in unmittelbarer
Nähe der Werft und konnte eine halbe Stunde
später den Expeditionsführer persönlich darüber
unterrichten, daß anscheinend die gesamte Kopper-
Werft nur 2 bis 3 km in nordöstlicher Richtung
entfernt sei. Erckert ließ halten und orientierte
sich, soweit die Dunkelheit es gestattete, mit seinen
beiden Detachementsführern über das Vorgelände
und die Lage der Werft. Nach Viehgebrüll zu
urteilen, schien sie verhältnismäßig dichtgedrängt
im Busch zu sitzen.
Der rastlose und kühne Führer sah also das
Ziel seiner in neunmonatiger, entsagungsvoller
Arbeit genährten Wünsche endlich in greifbarer
Nähe vor sich. Er entschloß sich, den Feind
mit Tagesgrauen unter völliger Umfassung an-
zugreifen. Nachts 2 Uhr traten beide Detache-
ments den Vormarsch an.
Simon Kopper war der Anmarsch der
Deutschen nicht verborgen geblieben, er hatte sich
aber, wie später aus Angaben gefangener Weiber
hervorging, über ihre Stärke getänscht und sie
nur auf etwa eine Kompagnie geschätzt, da keine
Fahrzeuge vorhanden waren. Er selbst hatte alle
seine Orlogleute bei sich. Infolgedessen wich er
dem Kampfe nicht durch nächtlichen Abmarsch
aus, sondern bereitete sich mit der Werft auf den
Angriff des Feindes vor. Daneben rechnete er
noch mit der Möglichkeit von Unterhandlungen
und hatte befohlen, nicht zu schießen, falls eine
weiße Flagge gezeigt würde. Das dichte Busch-
gelände bot vorzügliche Deckung. Nach ihrer
bekannten Fechtweise hatten sich die Hottentotten
in verschiedene Haufen geteilt, deren Stärke und
Stellungen während des Gefechts mehrfach wech-
selten. Die Hauptstellung lag auf einem insel-
artig aus dem Umgelände emporsteigenden, mit
dichtem Dornbusch bestandenen Hügel. Obwohl
der Feuerschein der Werft öfters sichtbar, auch
Viehgebrüll und Menschenstimmen hörbar wurden,
so war doch eine genaue Schätzung der Entfernung
nicht möglich. Tatsächlich lag die Werft nicht
unbeträchtlich weiter nach Osten, als man an-
genommen hatte.
So kam es, daß, nachdem beide Detachements
um 5 Uhr früh die Angriffsbewegung angetreten
hatten, das von Osten vorgehende Detachement
Willeke schon nach etwa fünf Minuten auf den
Feind stieß. Kaum hatte das Gefecht einige
Minuten gedauert, als der heldenhafte Führer
des Expeditionskorps, Hauptmann v. Erckert, in
der Schützenlinie liegend von einer Kugel zu
Tode getroffen wurde. So war es ihm nicht
mehr vergönnt, den Sieg der Seinigen zu
schauen.
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Der Tod des Führers ließ kein Schwanken
in der zielbewußten Gefechtshandlung eintreten.
Die Entschlossenheit seines Nachfolgers im Kom-
mando, die Selbsttätigkeit sämtlicher Unterführer
und die treue Hingabe der Mannschaften wirkten
zum glänzenden Abschluß des geschickt und um-
sichtig eingeleiteten Unternehmens zusammen.
Hauptmann Grüner, der sich nach der glücklich
gelungenen Schließung des eisernen Ringes im
Norden zur Maschinengewehr-Abteilung begeben
hatte, erfuhr dort, daß Hauptmann v. Erckert ge-
fallen, übernahm das Kommando des Expeditions-
korps und entschloß sich alsbald zum Sturm
auf die feindliche Stellung. Er selbst begründet
den Entschluß in seinem Gefechtsbericht solgender-
maßen: „Der wolkenlose Himmel versprach einen
heißen Tag. Ich beschloß daher die Entscheidung
herbeizuführen, ehe die Mittagshitze einsetzte.
Diese war in den letzten Tagen derart hoch ge-
wesen, daß sie auf eine Angriffsbewegung während
der Mittagsstunden äußerst ungünstig einwirken
mußte, besonders da die Truppe am Tage vorher
kein Wasser erhalten hatte und des Nachts nicht
zur Ruhe gekommen war. Ich ließ daher von
den Maschinengewehren aus nach beiden Seiten
den Befehl durchrufen: -Das Expeditionskorps
tritt auf das Kommando des Hauptmanns Grüner
den ununterbrochenen Sturmlauf an.-“
Der Anlauf über eine ziemlich deckungslose
Ebene bis an die inselartige Düne wurde nur
durch kurze Atempausen unterbrochen, die gleich-
zeitig zur Abgabe von Schnellfeuer verwendet
wurden. Eine wesentliche Unterstützung gewährten
dabei die Maschinengewehre, die mit größter
Energie in der Schützenlinie sprungweise vor-
gehend aus fünf Stellungen den Feind mit Feuer
überschütteten. Hauptmann Grüner ließ die
Schützen bei den einzelnen Sprüngen stets gleich-
zeitig mit dem Stopfen der Maschinengewehre
vorstürzen, da er die Beobachtung gemacht hatte,
daß der Feind während des Maschinengewehr-