Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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als ernsten Anlauf zur Schaffung eines Lymph-= 
gewinnungsinstitutes ansehen darf. Das bei der 
Aufimpfung und Aberntung geübte Verfahren 
unterscheidet sich nicht wesentlich von dem vor 
einigen Jahren von mir selbst in Togo erprobten. 
Versuche über die Dauer der Haltbarkeit der 
Vakzine usw. lagen nicht vor. Neu war mir die 
angeblich mehrmals mit gutem Erfolge geübte 
Auffrischung der Kälberlymphe vermittels einer 
Passage durch den Esel. Die zur Lyomphegewinnung 
nötigen Kälber werden von den Eingeborenen 
gegen eine Entschädigung von 1½ Fr. täglich 
geliehen. 
Der Transport der Lymphe ist für einen großen 
Teil des Landes durch die Bahnbeförderung sehr 
erleichtert. Für alle Stationen, die nicht an der 
Bahn liegen, wird sie stets durch eigene Eilboten 
befördert. Um die VBakzine beim Versand mög- 
lichst kühl zu halten, bedient utan sich verschiedener 
Verpackungsarten. Auf nicht zu große Ent- 
fernungen werden die Lymphröhrchen im Innern 
eines Stückes von einem Bananenstamme ge- 
borgen, der seinerseits wieder von einem Holz- 
gitter umschlossen ist. Die Boten haben Auftrag, 
überall, wo sie frisches Wasser auf ihrem Wege 
antreffen, ihr Paket einzutauchen. Für vieltägigen 
Transport ist diese Verpackung nur dann emp- 
fehlenswert, wenn unterwegs der bald in Fäulnis 
übergehende Bananenstumpf gewechselt werden 
kann. Sonst wird für große Entfernungen die 
in luftdicht verschlossenen Kapillaren befindliche 
Lymphe in einen Holzblock verpackt, der in 
einem mit Wasser gefüllten Segeltucheimer plaziert 
wird. Der Eimer wird mit frischen Blättern 
bedeckt und das Wasser in ihm mehrmals täglich 
erneuert. Während der heißesten Tagesstunden 
muß der Bote rasten. Die Hauptmenge der jetzt 
zur Verimpfung gelangenden Lymphe kommt noch 
aus den Instituten des Senegal, ein kleinerer 
Teil auch aus Frankreich. Bei der verhältnis- 
mäßig großen Zahl von Arzten ist, wie nicht 
anders zu erwarten, die Summe der alljährlich 
im Lande vorgenommenen Impfungen weit größer 
als sie bei uns bisher gewesen ist. 
Eine der Hauptaufgaben der Inlandsärzte, 
an der auch mit großem Eifer gearbeitet wird, 
besteht in der Durchimpfung ihrer Bezirke. Die 
Vakzination ist obligatorisch für alle Eingeborenen 
im 1., 11. und 20. Lebensiahre. 
Beim Ausbruch einer Pockenepidemie im 
Busche wird sehr energisch vorgegangen: alle 
Wege rings um den verseuchten Ort werden bis 
zum Erlöschen der Epidemie streng gesperrt, Er- 
krankte werden isoliert, die Hütten, in denen 
Pockenfälle vorgekommen sind, ohne weiteres 
niedergebrannt. 
  
VII. Wohnungs= und Bauhygiene. 
Wenn man von der unbestreitbaren Tatsache 
ausgeht, daß die Hygiene eines ganzen Ortes zu 
einem großen Teile abhängig ist von der Hygiene 
seiner einzelnen Gebäude, so ergibt sich von solbst 
die doppelte Forderung, erstens keine unhygie- 
nischen Wohnungen zu dulden: Wohnungshugiene, 
zweitens überhaupt keine Baulichkeiten erstehen 
zu lassen, die den Gesetzen der Hygiene wider- 
sprechen: Bauhygiene. Zur Uberwachung der 
ersteren hat man in unseren westafrikanischen 
Schutzgebieten die ersten schüchternen Anfänge ge- 
macht, die letztere unterliegt noch keinerlei ärzt- 
licher Kontrolle. Die Verordnungen, die auf 
diesem Gebiete seit einigen Jahren für die Cote 
de Guinée (und gleichermaßen für das ganze 
französische Westafrika) erlassen worden sind, be- 
dürfen zwar auch noch der Ausgestaltung, doch 
bieten sie bereits eine den tropischen Verhält- 
nissen angepaßte erste Grundlage. Es verlohnt 
sich deshalb, kurz über sie zu berichten. Zur Aus- 
führung eines Neubaues oder einer umfang- 
reicheren Reparatur bedarf der Bauherr an Orten 
mit Kommunalverwaltung der Genehmigung des 
Maire, sonst des Bezirksleiters. Dem Gesuche 
ist ein Bauplan in doppelter Ausführung beizu- 
fügen sowie eine detaillierte Schilderung aller 
nicht aus der Baufkizze ersichtlichen Wohnungs- 
einrichtungen. Eins der beiden Exemplare wird 
der Behörde eingereicht, das andere dem Arzie, 
der mit der Wahrnehmung des Service d’hygiène 
municipal betraut ist und der darüber zu wachen 
hat, daß die bauhygienischen Vorschriften ein- 
gehalten werden. Sein Urteil muß vor Erteilung 
der Bauerlaubnis eingeholt werden. Spätestens 
einen Monat nach Eingabe seines Gesuchs muß 
der Antragsteller Antwort erhalten. Das Gut- 
achten des Arztes wird dem Bescheide im Wort- 
laut beigefügt. 
Verschiedene Baumaterialien sind für Europäer= 
wohnungen von vornherein verboten, wie z. B. 
Laterit, Lehm mit Stroh, Teerpappe, Stroh- 
dächer. Holzbauten für Wohnungszwecke werden 
nur dann geduldet, wenn zwischen dem Erdboden 
und dem Fußboden des untersten Wohnraumes 
ein freier Abstand von mindestens 1,50 m bestebt, 
der nicht zur Ablagerung von Kisten oder ähn- 
lichen Dingen benutzt werden darf, sondern un- 
behindert der Ventilation zu dienen hat. Die 
beim Kapitel „Moskitobekämpfung“ erwähnten 
Bedingungen müssen natürlich vor allem erfüllt 
sein. Ferner muß in jedem für Wohnungszwecke 
dienenden Gebände und in jedem Ladenraum, 
der Europäern zu häufigem Aufenthalt dient, der 
Fußboden von einer JIsolierschicht gebildet sein. 
Als Mindestforderung für diese wird eine 15 cm 
hohe Schicht massiven Mauerwerkes verlangt, das
	        
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