Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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mit einer 1 cm dicken Zementschicht überzogen 
ist. Im ganzen muß aber der Fußboden wenig- 
stens 30 cm über dem Straßenniveau gelegen 
sein. Ein Wohnzimmer darf nicht weniger als 
30 chm Luftraum halten und ist in dieser Größe 
höchstens für 2 Personen als Wohngemach statt- 
haft; für jeden weiteren Europäer sind immer 
mindestens 15 chm mehr in Ansatz zu bringen. 
Die Fensteröffnungen sollen mindestens eine Fläche 
von 2 qm auf die ersten 30 chm Rauminhalt 
des Zimmers haben, für jede weiteren 30 chm 
immer mindestens 4 qm mehr. Die geringste für 
ein Zimmer zulässige Höhe ist auf 2,80 m fest- 
gesetzt. Die für ein Gebäude zulässige Höhe 
richtet sich nach der Breite der Straße, der es 
anliegt, bzw. nach dem Abstande von einem 
gegenüberliegenden Hause; sie darf die betreffen- 
den Maße um höchstens 6 m überschreiten. Höfe, 
nach denen ein Wohnzimmer mit einem Fenster 
oder einer Tür mündet, von denen also der be- 
treffende Raum Licht und Luft erhält, dürfen 
nicht unter 30 qm Bodenfläche haben. Alle 
Nebenräume wie Küche, Badestube, Klosett, Stallung, 
Schuppen müssen auf massiv gemauertem Unter- 
grunde errichtet werden, der einen vollkommenen 
Abfluß von Gebrauchswasser gewährleistet. Fenster 
und Türöffnungen dieser Nebenräume dürfen nicht 
unter 1 am Fläche auf 10 chm Raum haben. 
Stallungen müssen mindestens 5 m entfernt von 
jeder menschlichen Wohnung liegen; bis zur Höhe 
der Futtertröge oder Krippen müssen ihre Wände 
wasserdicht gebaut sein. 
Natürlich hat man bei dem Inkraftsetzen dieser 
bauhygienischen Verordnungen Nachsicht gegen 
die bereits bestehenden Häuser walten lassen 
müssen; und wie man sieht, sind die Bestim- 
mungen keineswegs rigoros, sondern haben im 
Gegenteil als Mindestmaß hygienischer Forde- 
rungen zu gelten. 
Ein bestimmter für die Kolonie charakteristischer 
Baustil hat sich bisher nicht herausgebildet; man 
befindet sich hier noch wie bei uns im Stadium 
des Tastens und Suchens nach dem Zweckmäßigsten. 
Nur ein Charakteristikum zeigen die französischen 
Tropenhäuser im Gegensatz zu den unseren: das 
Ziegeldach. Man zieht es dem Wellblech vor, 
weil es die Wohnungen weit kühler halten und, 
vorausgesetzt, daß es sorgfältig gedeckt wurde, 
viel weniger Reparaturen erfordern und dauer- 
hafter sein soll. Vorläufig verwendet man eine 
in Frankreich für die Tropen besonders her- 
gestellte Ziegelart, die in der Kolonie herzustellen 
noch nicht gelungen ist. Neuerdings erbaut man, 
namentlich im Hinterlande, alle Europäerhäuser 
mit Vorliebe als massive Steinbauten mit rings- 
um laufender Veranda, die vom breiten Ziegel- 
dach überschattet ist; die Steine werden an Ort 
  
und Stelle gebrochen. Das ganze Haus läßt 
man aber nicht auf ebener Erde ruhen, sondern auf 
einem ebenfalls massiven, etwa 2½ m hohen 
Unterbau, dessen Innenräume als Aufbewahrungs- 
ort für Wirtschaftsvorräte usw. dienen und gleich- 
zeitig eine direkte Wärmeleitung vom Fußboden 
nach den Wohnräumen verhindern. 
VIII. Bekämpfung der Lepra und anderer 
ansteckender Krankheiten. 
Für alle westafrikanischen französischen Be- 
sitzungen gelten in den Grundzügen gemeinsame 
Vorschriften zur Bekämpfung übertragbarer Krank- 
heiten. Ihre Ausführung im einzelnen ist auch 
hierbei den Gouverneuren der verschiedenen Ko- 
lonien überlassen. Um im gegebenen Falle mög- 
lichst rasch unterrichtet zu sein und handeln zu 
können, ist überall ein Meldedienst eingerichtet 
worden. Als meldepflichtige Krankheiten gelten: 
Typhus, Pocken, Scharlach, Dysentrie, Diphtherie, 
Cholera, Pest, Gelbfieber, Kindbettfieber, Blennorr- 
höe der Neugeborenen, Röteln, Lepra und eine als 
„Suette militaire“ (Hyperhidrosis) bezeichnete 
Krankheit. Natürlich ist es jedem Gouverneur 
unbenommen, in seinem Lande die Meldepflicht 
auch auf andere Krankheiten auszudehnen. Die 
Meldungen, zu denen nicht nur jeder Anrzt, 
sondern auch jeder farbige Lazarettgehilfe oder, 
wo keiner von beiden vorhanden ist, der Häupt- 
ling des Dorfes verpflichtet ist, haben gleichzeitig 
ans Gouvernement und an den Bezirksleiter zu 
erfolgen, und zwar auf einem eigenen, äußerlich 
als Kartenbrief ausgestatteten Meldeformular, 
das allen Dienststellen zur Verfügung steht und 
portofrei befördert wird. Bei Gelbfieber, Cholera 
und Pest genügt der bloße Verdacht zur Melde- 
pflicht. Nebenher bestehen genaue Vorschriften 
über Isolierung, Transport ansteckender Kranker, 
Desinfektion und Verordnungen für Quarantäne. 
Von den obengenannten Krankheiten spielen, wie 
in unseren Schutzgebieten auch, Pocken unter den 
akuten und Lepra unter den chronischen die Haupt- 
rolle. Als Grundprinzip einer wirksamen Lepra- 
bekämpfung wird von den Arzten aller Nationen 
die Isolierung der Kranken anerkannt werden 
müssen. Eine Verschiedenheit der Ansichten kann 
nur bestehen über die Art und das Maß dieser 
Isolierung. Die Lepra ist über die ganze Guinée 
francaise verbreitet, in einzelnen Teilen sehr 
stark, in anderen weniger. In Orten mit Kommunal= 
verwaltung hat der Maire, in den übrigen 
Distrikten der Bezirksleiter Lepra-Listen zu führen, 
in denen bei jedem Kranken der Vermerk auf- 
zunehmen ist, ob der Fall ein ansteckender oder 
nicht ansteckender sei. Die Franzosen scheiden 
also zwischen einem ansteckenden und nicht an- 
steckenden Stadium des Aussatzes. Leider war
	        
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