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Der Gesundheitszustand der farbigen Ar-
beiter hat sich in der Berichtszeit gegen früher
gebessert. Nach dem vorliegenden Sanitätsbericht
sind sowohl die Krankheits= wie auch die Todes-
fälle weniger zahlreich wie früher.
Die Schlafkrankhelt in Kamerun.
ic Lrofessor Zieme Duala).
Von Professor Ziemann (Duala)
Schon früher ist darauf aufmerksam gemacht
worden, daß wir auch in Kamerun mit der
Schlafkrankheit, dieser Geißel des zentralen Afrikas,
zu rechnen haben. Bis vor relativ kurzer Zeit
waren in der Urwaldzone Kameruns nur spo-
radische Fälle beobachtet worden, die entweder
von außen eingeschleppt oder hier entstanden
waren.
Speziell die Duala geben an, daß vor nun-
mehr 32 Jahren die Krankheit, der sie den Namen
Di-boa-laiyo (Schlafkrankheit) gaben, aus Fernando
Poo eingeschleppt sei, und dann hier auch durch
Ansteckung unter den hiesigen Eingeborenen weitere
Verbreitung gefunden habe. Der Verfasser, der
dies 1905 auf Grund persönlicher Erhebungen
dem Gouvernement melden konnte, möchte aber
eher der Vermutung Ausdruck geben, daß das
Krankheitsvirus auf den schon seit vielen Jahren
bestehenden Handelswegen aus dem Südosten der
Kolonie bzw. vom Kongo her per Schiff in die
Kolonie eingeschleppt sei. Zweifellos sind in
Duala und Umgebung selber im Laufe der letzten
Jahre nicht wenige eingeborene Duala der Schlaf-
krankheit erlegen. Nur ist eine genauere Fest-
stellung der Zahl nicht möglich, da die Ein-
geborenen bis vor etwa einem Jahre trotz
wiederholter öffentlicher ärztlicher Belehrungen,
speziell der Häuptlinge, sich scheuten, gerade die
Schlafkranken dem Arzt bzw. der Lokalverwal-
tungsbehörde anzuzeigen. Die Krankheit hatte
wegen ihres früher jedem Medikament wider-
stehenden Charakters und der relativ ganz un-
gewöhnlichen Schnelligkeit und Bösartigkeit des
Verlaufs etwas Unheimliches und Dämonisches für
die Eingeborenen, so daß die Schen vor Krank-
heitsmeldung psychologisch begreiflich war.
Erfreulicherweise hat sich, auf Grund einiger
anfangs scheinbar glücklicher medikamentöser Er-
folge, das Zutrauen zum weißen Arzt beim Neger
etwas erhöht. Es kommt jetzt schon mehrfach
vor, daß Neger ihre Familienangehörigen zur
Untersuchung auf Schlafkrankheit, zuweilen auch
auf Lepra, anbringen.
Ein zweiter eventueller Herd von Schlaf-
krankheit liegt im Fluß des Nkam, nördlich von
Bare. Indes liegen über jenes, bis vor kurzem
gesperrt gewesene Gebiet noch keine positiven Blut-
untersuchungen vor; es ist nicht ausgeschlossen,
daß es sich hier um phantasievolle Angaben der
Eingeborenen handelt. Systematische Unter-
suchungen der Eingeborenen in jener Gegend, in
der auch allgemein die die Schlafkrankheit über-
tragende Fliege (glossina palpalis) festgestellt ist,
sollen baldmöglichst vorgenommen werden.
Ein dritter Herd ist im versumpften Flußtal
des Njong, speziell zwischen Akonolinga und
Abong-Mbang, zu erblicken; dort hatte schon
vor einigen Jahren Hauptmann Freiherr v. Stein
festgestellt, daß die Bewohner einiger Dörfer direkt
wegen Schlafkrankheit ausgestorben seien, während
der Rest, von Entsetzen ergriffen, sich schleunigst
in die unzugängliche Wildnis ringsum zerstreut habe.
Mehrfach war schon Arzten der Auftrag zuteil
geworden, in jenem Gebiet nach Schlafkrankheit
zu fahnden. Indes war ein Resultat bei der
äußerst schenen Bevölkerung damals nicht erzielt
worden.
Auf Grund von Berichten, die die Gefahr der
Schlafkrankheitsverbreitung in Kamerun betonten,
stellte das Reichs-Kolonialamt Geldmittel zur Be-
kämpfung jener Krankheit zur Verfügung, und
nunmehr konnten Stabsarzt Freyer in Jaunde,
unterstützt von Sanitätsfeldwebel Gebhardt sowie
Oberarzt Dr. Rösener in Dume, unterstützt von
Sanitätssergeant Thierbach, für den genannten
Zweck verfügbar gemacht werden. Stabsarzt
Freyer gelang es, bald nach seiner Ankunft am
oberen Njong, in der Nähe von Akonolinga, ein
massenhaftes Vorkommen von Schlafkrankheist fest-
zustellen. Es wurde sofort ein Konzentrations-
lager errichtet. Die Zahl der kranken Insassen
stirg innerhalb eines Monats bis auf 230. Nach
der letzten Meldung Dr. Freyers ist ein weiteres
Steigen dieser Zahl zu erwarten. Damit ist dem
Sanitätspersonal dort eine ernste Ausgabe er-
wachsen.
Eine weitere gefährdete Gegend ist die Ost-
grenze des Dume= und MolundusBezirks, da
die benachbarten französischen Stromgebiete des
Kadei und speziell des Sanga stark verseucht
sein sollen.
Aus jenen Gegenden sind erhebliche Mengen
Neger auf deutsches Gebiet übergetreten, die nun,
da das deutsche Gebiet vorher scheinbar noch nicht
versencht war, Kopf für Kopf zu untersuchen sind.
Bei der äußerst scheuen spärlichen Bevölkerung
und bei der enormen Schwierigkeit der dortigen
Wegeverhältnisse wird das viel Mühe bereiten.