W 990 ec0
Eine radikale Ausrottung der Schlafkrankheit
wird speziell am Njong, wo sie einmal Fuß
gefaßt hat, ganz besonders schwer sein. Die Ufer
des Njong bieten, wie übrigens die Ufer der
meisten Flüsse der Kameruner Wald= und Park-
landschaft, dem Gedeihen der Glossina palpalis,
der die Schlafkrankheit übertragenden Stechfliege,
dußerst günstige Entwicklungsbedingungen, weil
dichter Schilf und Busch die Ufer umsäumen.
Es muß zweifellos mit allen Mitteln versucht
werden, die Dume-Mündung unter sanitäre
Kontrolle zu stellen, um den Kampf gegen die
Schlafkrankheit an der Ostgrenze mit Energie
bröffnen zu können.
Eine weitere schwer gefährdete Gegend ist der
Südosten unserer Kolonie bei Molundu, da bei
dem lebhaften Handelsverkehr aus dem schwer
schlafkrankheitverseuchten Kongogebiet die ständige
Gefahr einer Einschleppung, speziell durch die
Bootsléute der Flußfahrzeuge, gegeben ist.
Die Gefahr ist noch größer geworden, nach-
dem neuerdings von einigen Firmen zeitweise
auch Träger für den Binnenhandel aus dem
frauzösischen und belgischen Kongo verwendet
werden, ebenso Hausjungen und Koöche.
Die Berichte Professor Haberers, des bis-
herigen Regierungsarztes in Molundu, geben da-
von ein anschauliches Bild. Oft werfen Fahr-
zeuge, die unter französischer Flagge kommen, in
der Nähe des französischen Ufers Anker, während
die Besatzung sich Tage lang auf dem deutschen,
bisher nicht verseucht gewesenen Gebiet herum-
treibt. Eine Kontrolle ist hierbei ausgeschlossen,
ein gemeinsames Vorgehen Deutschlands, Frank-
reichs, Belgiens bezüglich hygienischer Kontrolle
des Grenzverkehrs ist unbedingt notwendig.
Zur Zeit ist in Molundu, als Vertreter des
zur Expedition des Herzogs Adolf Friedrich von
Mecklenburg beurlaubten Professors Haberer, der
Regierungsarzt Dr. Haubold tätig, unterstützt vom
Heilgehilfen Nießlein. Alle Sanitätsunteroffiziere
bzw. Heilgehilfen, die zur Schlafkrankheit-
bekämpfung abkommandiert sind, wurden ebenfalls
falls mit Mikroskopen ausgerüstet und von den
Arzten entsprechend ausgebildet.
Die Möglichkeit unseres Vorgehens gegen die
Schlafkrankheit ist dadurch zweifellos erweitert
worden.
Leider sind trotz aller Mühe Professor Haberers,
den unheimlichen Gast aus der Südostecke der
Kolonie fernzuhalten, doch schon sporadische, nicht
eingeschleppte Fälle auf deutschem Gebiete fest-
gestellt worden. Auch in der Südostecke wird sich
zweifellos die Zahl der Infektionen noch ver-
mehren. Bisher versuchte man alle von dem
frauzösischen und belgischen Kongo kommenden
erkrankten schlafkranken Bootsinsassen sogleich wieder
flußabwärts heimzusenden. Eine große Hilfe
würde dem Gouvernement bei dem Versuche der
Abwehr der schrecklichen Krankheit erwachsen, wenn
alle Dienststellen und alle Leiter von gewerblichen
und Handelsunternehmen sith des tiefen Ennstes
der Situation bewußt würden und dafür sorgten,
erstens: daß alle Schlafkranken bzw. Schlafkrank-
heitverdächtigen sofort der nächsten Verwaltungs-
stelle bzw. dem nächsten Arzte gemeldet würden,
um nach sofort stattzufindender Diagnose die
Kranken isolieren zu können, zweitens: daß die
Entwicklungsbedingungen der Glossina palpalis
nach Möglichkeit zerstört würden.
Es ist durch Zusammenwirken der Arzte und
besonders interessierter Privatpersonen möglich
gewesen, schon jetzt ein ungefähres kartographisches
Bild über die Verbreitung der Stechfliegen, der
Schlafkrankheit des Menschen und der verwandten
Krankheit der Tiere in Kamerun zu gewinnen.
72
Togo.
Vom Bau der Hinterlandbahn.)
Die Teilstrecke Nuatjä-Glei der Togo-
Hinterlandbahn (km 96,5 bis km 137,60) ist am
31. Oktober dem öffentlichen Betrieb übergeben
worden.
Die Inbetriebnahme einer weiteren Teilstrecke
vor Beendigung des Bahnbaues ist nicht beab-
sichtigt.
* *
*
Über den Fortschritt der Arbeiten im
dritten Vierteljahr 1910 wird gemeldet:
Die Erdarbeiten sind bis km 145, 3 durch-
laufend fertig; außerdem einzelne Abschnitte von
zusammen 11,1 km Länge. Die Rohrdurch=
lässe der Baustrecke sind fertig verlegt. Die
Brücken und gemauerten Durchlässe find bis ein-
schließlich Amubrücke (km 143,1) vollendet mir
Ausnahme der Chrabrücke (km 122,8) und der
Brücken in km 136,9 und 138,5. WMeiterhin in
der Bau der Plattendurchlässe in km 143,6 und
160,8, der gewölbten Brücke in km 144,8 und
der Atollobrücke in km 159,6 in Angriff ge-
nommen worden.
Die Gleisspitze hat km 136, 8 erreicht. Die
erste Bettung ist bis km 133 eingebracht und
der Oberbau bis km 129 fertiggestellt.
—
*] Ugl. zuletzt „D. Kol. Bl.“ 1910, Nr. 19, S. II/