W 237 20
starker Regengüsse nach Schätzung etwa 2 bis 3m
unter der höchsten scheinbar erreichten Höhe')
stand, verengte sich auf der ersten Strecke von
25 sm bis etwa 600 bis 800 m, um bis zum
Endpunkte der Fahrt (183 sm, d. i. etwa eine
Stecke den Rhein hinauf bis Straßburg) eine
Breite nicht unter 200 m zu behalten.
Die ersten 20 sm des Ufergebietes zeigten ein
ausgesprochenes Sumpfland, in dem allerdings
bereits einige Pfahldörfer der Eingeborenen zu
finden sind. Weiter stromaufwärts werden die
Ufer etwas höher, sämtliche Dörfer bis etwa auf
120 sm stromaufwärts waren indes auf Erd-
wellen mit sehr starken Pfahlbauten angelegt,
was auf die Häufigkeit von Überschwemmungen
hinwies.
Der Strom lief unweit der Mündung mit
über 4 sm, weiter oberhalb 1,5 bis 4 sm. Er
führte sehr viel Baumstämme und Grasinseln mit
sich, die sich besonders in der ersten Nacht zu
Anker vor dem Bug zu einem Berg aufstauten.
Durch mehrfaches Ruderlegen gelang es immer,
von der Hauptmasse freizukommen, die sich dann
mit Krachen und Stoßen losriß.
Die vorgefundenen Tiefen schwankten zwischen
40 und 8 m und waren im Durchschnitt 15 bis
20 m. Es wurde unausgesetzt gelotet.
Das landschaftliche Bild war trotz der
ebenen Ufer durch die große Fülle der Vegetation
sehr abwechslungsreich. Sobald das dicht von
Sagopalmen und Mangroven bestandene Gebiet
des Unterlaufes hinter uns lag, ging es bis zum
Endpunkte der Fahrt durch eine schöne Parkland-
schaft, in der Galeriewälder mit guten Nutzhölzern,
größere Waldparzellen und grüne Matten ab-
wechselten. Allerdings enttäuschten diese Matten
bei näherer Betrachtung, da sie meist aus sehr
hochstehendem Schilf, Alang-Alang, wildem Zucker-
rohr und wildem Mais bestehen. Palmen waren
oft stundenlang nicht zu sehen, um erst in der
Nähe der Dörfer (Kokospalmen) wieder aufzu-
meten. So verlor die Gegend nicht selten nahezu
ihren tropischen Charakter. Durchblicke zwischen
Waldkulissen gaben häufig ein so heimatliches
Bild, daß man sich über einen auftauchenden
Kirchturm kaum gewundert hätte. Der Strom
teilte sich nur einmal auf eine kurze Strecke; es
wurde nur ein kleiner von Süden kommender
Nebenfluß beobachtet, dagegen zeigten sich häufiger
blinde Arme aus Lagunen, die, von Lotosblumen
beiät und von unzähligen weißen Reihern belebt,
einen sehr schönen Anblick gewährten.
Ungefähr 85 sm stromaufwärts traten auf der
Nordseite in bläulicher Ferne leichte Höhenzüge
*) Es sollen Niveau-Unterschiede von 6 bis 7 m
auftreten.
auf, bis sich auf etwa 100 sm der Blick auf eine
ganz prächtige, gewaltige Berglandschaft, das
Bismarck-Gebirge im Süden, eröffnete. Dieses
schöne Panorama lag bis zum Ende der Fahrt
vor uns.
Bis zum 21. November wurde fünfmal vor
großen Dörfern geankert und mit den Eingebo-
renen in Tauschhandel getreten. Diese zeigten,
je weiter wir den Fluß hinaufkamen, desto größere
Zurückhaltung. In einem der letzten Dörfer, das
etwas vom Ufer entfernt lag, traten uns die Ein-
geborenen bewaffnet gegenüber und erhoben ein
großes Kriegsgeheul. Nachdem wir einander einige
Zeit gegenüber gestanden hatten, beruhigten sie
sich, und es entspann sich ein vorsichtiger Tausch-
handel vor dem Dorfe. Durch ruhiges, sicheres
Auftreten gelang es schließlich, in das Dorf ein-
zudringen.
Die beliebtesten Tauschgegenstände waren Beile
und Hobeleisen, während Schmuckgegenstände we-
niger Anklang fanden. Wir tauschten dafür Waffen
und Ethnologika ein, wovon eine Kiste zur Ab-
sendung an das Ethnologische Museum Berlin
gelangte.
Die Kulturstufe der Steinzeit, in der diese
stattlichen Menschenfresser leben, erschien durchaus
nicht ärmlich. Es fanden sich schön verzierte
Tonwaren und geschmackvolle Schnitzereien, wo-
durch die zum Teil mehrstöckigen Häuser ein sehr
ansehnliches Außeres erhielten. Der gesuchteste
Tauschgegenstand waren Waffen, darunter besonders
schöne Schilde und Steinäxte, ferner die fein mit
Ton ausmodellierten und bemalten Köpfe erschla-
gener Feinde, die einen so lebenswahren Aus-
druck wie die besten Totenmasken trugen.
Das munter hüpfende, mit hübschen Bast-
schürzen bekleidete schöne Geschlecht entfloh ge-
wöhnlich, sobald ein Boot zu Wasser gefiert wurde,
und ward nicht mehr gesehen. Bei einem Dorf
des Unterlaufes wurden nach einiger Zeit zwei
Mädchen, angstvoll ins Wasser blickend, im Kann
längsseit gebracht.
Nur in einem Dorfe entflohen alle Einwohner
und waren nicht mehr heranzulocken. Aber auch
während des Tauschhandels traten manchmal un-
erwartete und unerklärliche Alarmzustände ein, so
daß wir plötzlich allein waren. Ein so unbe-
kannter Ton, wie der der Sirene, hatte die
Wirkung des Donnerschlags in einer Verwand-
lungsszene; einige fielen hin, alle waren in kür-
zester Zeit verschwunden.
Die Eindrücke der Fahrt werden allen Teil=
nehmern unvergeßlich bleiben; nur ein Umstand
war zu bedauern, nämlich daß für die Flußfahrt
nur wenig Zeit zur Verfügung stand.
Schießübungen und Reiseplan drängten, so
standen wir schon am 22. abends wieder vor der