Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

M 286 20 
rialrichtern zugeführt und mit Zwangsarbeit be- 
straft. 
Mit der Ausübung von Zwangsmitteln und 
der Bestrafung zur Zwangsarbeit aber hat die 
Behörde gewissermaßen die Pflicht auf sich ge- 
nommen, auf alle Weise Arbeit zu beschaf- 
fen und alle Möglichkeiten und Wege, selbst Ar- 
beit zu vermitteln, zu beschreiten. Zu diesem 
Zweck bestimmen lokale Verordnungen, daß die 
mit der Aufsicht von öffentlichen Arbeiten betrau- 
ten Beamten und Privatpersonen, welche Arbeiter 
zu beschäftigen berechtigt sind, an die Verwaltungs- 
behörde das Ersuchen richten können, ihnen Ein- 
geborene zu überweisen, die nach obigen Grund- 
sätzen zur Erfüllung ihrer Dienstverpflichtung ge- 
zwungen sind. 
Die Behörden, an welche diese Ersuchen zu 
richten sind, sind folgende: 
1. der Polizeikommissar in Beira, 
2. das Eingeborenenarbeiteramt in Beira. 
Der Gouverneur des Territoriums gibt die 
erforderlichen Anweisungen, damit alle Requisitio- 
nen von den ihm untergeordneten Verwaltungs- 
behörden richtig ausgeführt und insbesondere die 
Arbeiter aus den hierzu geeignet erscheinenden 
Gegenden genommen werden. Alle Arbeiter- 
Requisitionen — sei es für öffentliche oder 
private Dienste — müssen schriftlich und mit fol- 
genden Einzelheiten abgefaßt sein: 
1. Zahl der gewünschten Arbeiter, 
2. Ort der Verwendung, 
3. Art der gewünschten Arbeit, 
"47. Zeitdauer, während welcher der Antrag- 
steller sie zu beschäftigen beabsichtigt. Die Requi- 
sitionen für private Dienste können nur von Eigen- 
tümern oder Pächtern von ländlichem Grundbesitz 
von nicht weniger als 10 ha, ferner von Eigen- 
tümern eines Industrieunternehmens oder von 
ansässigen Kaufleuten bzw. ihren Angestellten ge- 
stellt werden. 
Anträge auf Stellung von Zwangsarbeitern 
können aber nicht von jedermann gestellt werden. 
Es sind von der Berechtigung solcher Anträge aus- 
geschlossen: 
1. Personen, welche von den ordentlichen Ge- 
richten oder Territorialrichtern wegen Nichterfül- 
lung gegenüber den Eingeborenen bestraft sind; 
2. Personen, welche Freiheitsstrafen abzu- 
büßen haben: 
3. Fremde im Auftrage ihrer Regierungen; 
4. Fremde, die ihren Wohnsitz nicht im Gebiet 
der Gesellschaft haben. 
Die Bestimmungen verbieten ausdrücklich, daß 
die Verwaltungsbehörden für ihre privaten Dienste 
die Stellung von zur Arbeit zwangsweise heran- 
gezogenen Eingeborenen beantragen. 
  
Die Anträge werden in folgenden Fällen nicht 
berücksichtigt: 
1. wenn weniger als zehn Arbeiter verlangt 
werden, oder diese 
2. für häusliche Dienste (Köche, Diener usw.), 
3. für private Trägerdienste (für Hängemat- 
ten oder ähnliche Fortbewegungsmittel), 
4. für private Dienste von weniger als drei 
aufeinanderfolgenden Monaten, 
5. für private Dienste an Bord von Schiffen, 
welche außerhalb der portugiesischen Gewässer ver- 
kehren, 
6. für Dienste in fremdem Land, 
7. für gefährliche und ungesunde Arbeiten, 
8. für Jagdgesellschaften oder als Treiber, 
9. für unmoralische oder verbotene Zwecke 
verwendet werden sollen. 
Was den Gestellungsmodus nach dem Aus- 
lande betrifft, so ist endlich zu bemerken, daß 
Requisitionen auf zwangsweise angestellte Arbeiter 
für Arbeit außerhalb des Territoriums nur statt- 
gegeben werden kann, wenn dies vom General- 
gouverneur der Provinz Mozambique im Einver- 
ständnis mit dem Gouverneur des Territoriums 
ausdrücklich genehmigt wird. In den übrigen 
Fällen, also für Arbeit innerhalb des Territo- 
riums, werden die Arbeiter den Antragstellern am 
Sitze der Behörde, bei welcher der Antrag gestellt 
ist, oder am Arbeitsort selbst, je nach den Verhält- 
nissen, übergeben. Auf jeden Fall haben die An- 
tragsteller alle Kosten des Transports, auch für 
die aufsichtführende Begleitung, zu tragen. Die 
Behörde läßt von den Antragstellern, bevor ihrem 
Antrage stattgegeben wird und die Arbeiter ihnen 
überwiesen werden, eine Erklärung vor zwei Zeu- 
gen unterzeichnen, in welcher sie sich ausdrücklich 
verpflichten: 
1. den Arbeitern den zu vereinbarenden und 
ihnen nach den Vorschriften zustehenden Lohn zu 
zahlen, 
2. auf eigene Kosten für gesunde und reichliche 
Verpflegung, 
3. für gesunde Wohnung zu sorgen, 
4. im Krankheitsfalle ihnen Hilfe zu leisten 
und alle Kosten für ärztliche Behandlung zu 
tragen, 
5. die Arbeiter während einer bestimmten, 
fünf Jahre nicht überschreitenden Zeit zu behalten, 
wenn die Arbeit privaten Charakter trägt, 
6. alle durch die Beförderung entstandenen 
Auslagen der Behörde zu erstatten, sobald die 
Dienstzeit beendet oder Arbeitsunfähigkeit einge- 
treten ist, 
7. den die Arbeiter begleitenden und mit ihnen 
lebenden Familien keine Schwierigkeiten zu be- 
reiten, wenn sie ihre Heimat verlassen müssen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.