Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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ich untersucht habe. Am benachbarten Sentanisee 
wohnen dann wieder Leute mit Papua-Sprachen, 
die im übrigen einen vorgeschobenen Posten an 
der Jotafa-Bai behauptet haben. Östlich der 
Laitere-Leute folgen am unteren Babue die Kutai, 
die eine Papua-Sprache zu reden scheinen; das- 
selbe scheint bei den mir leider ebensowenig be- 
kannt gewordenen Nori-Leuten der Fall zu sein, 
von denen ein Teil neuerdings weiter östlich von 
den Bergen an die Küste herabgestiegen ist. 
Weiter nach Osten haben wir dann in den 
Ssera-, Ssissano-, Arop= und Malol-Leuten 
eine dazwischengeschobene melanesische Sprach- 
gruppe vor uns, in deren Hinterland die Warupu, 
ein offenbar reines Papua-Volk, sitzen. Es reihen 
sich dann nach Osten die das sogenannte Valman 
redenden nichtmelanesischen Stämme von Vokau, 
Pro, Vernagol, Akur, Laliab und Tsina= 
päli an, denen dann noch weiter nach Osten die 
melanesisch redenden Völker von Paup und 
Jakomul folgen. Im Hinterland dieser beiden 
zuletzt genannten Gruppen finden wir zwei andere, 
die je eine unter sich und vom Valman ver- 
schiedene Papug-Sprache reden. Es sind das die 
Leute vpon Koppam-Kabine und von Afur- 
Lalai. Die melanesisch redenden Inselbewohner 
zeriallen linguistisch in zwei Unterabteilungen, 
DTumleo auf der einen, Seleo, Ali Angel 
auf der anderen Seite. 
Die Kultur aller dieser genannten Stämme 
muß, mit dem großen ethnologischen Maßstab 
gemessen, als eine einheitliche bezeichnet werden, 
wenn auch im einzelnen recht viele Unterschiede 
vorhanden sind. Das gleiche gilt von den so- 
matischen Verhältnissen. So erscheinen die Wald- 
leute des Hinterlandes durchweg um einen Schatten 
dunkler als die Küstenbewohner. Je nach grö- 
fderer und geringerer Vermischung mit malaii- 
ferenden Elementen und beeinflußt zudem auch 
ganz offenbar durch Menge und Güte der Nahrung 
erscheinen die Leute größer, kräftiger und fett- 
leibiger. So sind die Ssera-Leute erheblich größer 
und kräftiger als ihre Nachbarn von Loitere, die 
Jako-Leute, auffallend kleiner und zarter als ihre 
unmittelbaren Nachbarn von Waremo und Wanimo. 
die gewaltige Papua-Haarfrisur, wie man sie 
noch bei Warupu= und Ssissano-Leuten in der 
dollendung bewundern kann, fängt an, den Ein- 
üussen der westlichen Zivilisation zu weichen, 
tbenso wie die Gesichtsbemalung, von der ich 
eigentlich nur noch in Wutung und in den Skoo- 
Törfern schöne Beispiele sah. Der hier offenbar 
don alters her einheimische Ringwurm sucht manche 
Torfer gewaltig heim, während die später ein- 
geschleppte Kaskas-Krätze wohl weniger häufg, 
aber doch leider auch schon in großem Umfange 
angetroffen wird. 
  
Dagegen scheinen diese Gegenden von Ge- 
schlechtskrankheiten heute noch frei oder wenigstens 
so gut wie frei zu sein. Das verdanken die 
Eingeborenen ihrer gefährlichen Brandung, die 
das seefahrende Volk, die Verpester der Südsee, 
am Landen verhindert hat und das zum Teil 
noch heute tut. Beschneidung kennen diese Leute 
nicht, wenigstens sicherlich nicht die von Ssera 
einschließlich bis zur Humboldt-Bai. 
Die Leute von Jakomul bis Loaitere 
tragen das Malo aus Rindenstoff. Die Laitere- 
Männer haben wohl sicher früher auch das 
Penis-Futteral getragen, wie das noch 
heute ihre Stammesbrüder von Wanimo bis 
zum westlichsten Skoo-Dorf tun. Die Jotafa- 
an der Humboldt-Bai haben früher zweifellos 
gar nichts getragen, wie das noch heute bei 
ihren Nachbarn am Sentani-See und mehr im 
Innern der Fall ist. Jetzt binden sie sich 
schmutzige, unserer Kultur entlehnte Lappen um, 
ohne dadurch schöner, reinlicher, gesunder und 
moralischer zu werden. Nach jeder der auf 
meinen Wanderungen so häufigen Wat= und 
Schwimmpartien durch Flüsse und hüfthohe Sümpfe 
waren übrigens sowohl Malo= wie Penis-Futteral- 
träger für einige Minuten außer Gefecht gesetzt. 
Die ersteren mußten ihr Malo ablegen, aus- 
wringen und neu umlegen, weil sonst der nasse 
und strämmende Rindenstoff sie wund scheuern 
würde; den Penis-Futteralträgern auf der anderen 
Seite war ihr Töpfschen voll Wasser gelaufen; sie 
mußten ihn nun erst wieder ausgießen und die 
Blatteinlage zum Verhindern des Scheuerns er- 
neuern. Die meisten Leute tragen den bekannten 
Rottang-Gürtel, fast alle einen geschmackvollen 
Stäbchenkamm im Haar. Die einseitige Fuß-= 
stellung (Storchstellung) kann man bei den jungen 
Leuten überall beobachten, während ich Spuren 
von dem über die ganze Südsee verbreiteten 
Tränengruß nur bei Paup= und Jakomul-Leuten 
sowie bei den Bewohnern der Eitape vorgelagerten 
Inseln gefunden habe. Der Tränengruß gehört 
offenbar in den polynesisch-melanesischen Kultur- 
kreis, nicht in den papuanischen. 
In der Hauptsache leben die Leute von Sago, 
mit Fischen als Zukost. Sago hat bekanntlich 
bei weitem nicht den Nährwert von Taro und 
Yam und reicht auch an Süßkartoffeln und Bananen 
nicht heran. Im Acchipel unterscheiden die Ein- 
geborenen ganz ausdrücklich zwischen Taro-Leuten 
und Sago-Leuten. Erstere sind die Forschen, 
Strammen, letztere, in Gegensatz zu den Taro- 
Leuten gebracht, die Schlappen. Gute Bananen- 
und Yam-Pflanzungen habe ich nur in der 
Jakomul-, Paup= und Vokau-Gegend gesehen,
	        
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