Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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eine Erweiterung des Baumwollbaugebietes außer- 
halb der Herrschaft der Vereinigten Staaten zu 
erreichen. Und ich gebe mich bei dem wachsenden 
Verständnis, welches sich auch bei den deutschen 
organisierten Arbeitern und deren Führern für 
diese Frage in den letzten Jahren gezeigt hat, 
der Hoffnung hin, daß wir bei einer gleichge- 
richteten Arbeit, von welcher später zu sprechen 
sein wird, eine gleiche Unterstützung und Sympathie 
finden werden. Die Beiträge der englischen 
Arbeiter für die British Cotton Growing 
Association erreichen in diesem Jahre 
nach mir gegebenen Ziffern etwa den Be- 
trag von 1 Million Mark. 
Im ganzen hat die British Cotton Growing 
Asscciation bisher 9½ Millionen Mark aufgebracht, 
gegenüber 1,7 Millionen Mark des Kolonial= 
Wirtschaftlichen Komitees und 900 000 der 
französischen Assoziation. 
Die Erfolge, die diese drei Körperschaften ge- 
habt haben, sind nach der Natur der von ihnen 
bearbeiteten Gebiete verschieden. Die Engländer 
haben das alte Baumwolland Lagos besser be- 
arbeiten können, weil ihre Eisenbahn bereits er- 
heblich ins Innere vorgedrungen war, und nicht 
unbedeutende Quantitäten freilich noch immerhin 
ziemlich gering gegenüber dem englischen Bedarf, 
produziert. 
Berhältnismäßig am schwächsten sind noch die 
französischen Resultate, die im Jahre 1908 knapp 
600 Ballen aus Dahomey, Algier, vom Senegal 
und Niger gebracht haben. 
Die deutschen Kolonien zeigen eine sehr 
schöne und stetige Kurve. Es kommt da zunächst 
Ostafrika in Frage, das im Jahre 1902 mit 
370 kg begonnen hat, im Jahre 1904 188000 kg 
gebracht hat und im Jahre 1908 247000 kg = 
etwa 1000 Ballen Baumwolle der ägyptischen 
Barietät. Ferner Togo, welches 1901 mit 
10 000 kg anfing, hat 1908 420 000 kg = 
1620 Ballen produziert. 
Was hier geschehen ist, ist eine reine Versuchs- 
arbeit. Gab schon die Tatsache, daß in den meisten 
deutschen Kolonien Baumwolle verwildert vorkommt, 
oder auch in Eingeborenenkultur gezogen und 
verwoben wird, zu Erwartungen Grund, daß An- 
bauversuche Erfolg haben würden, so ist durch die 
Arbeit des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees und 
der Regierung festgestellt worden, daß auf größeren 
Flächen erhebliche Quantitäten gezogen werden 
können. Es find auch vielerlei Erfahrungen über 
die besonderen Bedingungen, welche für die ein- 
zelnen Schutzgebiete gelten, gesammelt worden, 
vor allem find Entkernungsmaschinen aufgerichtet, 
Preisgarantien gegeben, Saat geliefert, Mittel, 
durch die allein der Eingeborene dazu veranlaßt 
  
werden könnte, sich einer ihm gänzlich unbe- 
kannten Kultur zu widmen. 
Das Kolonial-Wirtschaftliche Komitee gibt 
periodisch sehr interessante Publikationen heraus, 
von denen ja wieder eine demnächst bevorsteht, 
und durch die sich die Anwesenden leicht über 
das bisher Geleistete zu vergewissern vermögen. 
Anschließend an diese Arbeiten des Kolonial= 
Wirtschaftlichen Komitees aber und vermutlich 
durch die Mitteilungen, welche ich und andere 
Reisende aus eigenen Beobachtungen in den 
Schutzgebieten haben machen können, haben sich 
eine Reihe von Industriellen veranlaßt gesehen, 
größere Flächen Baumwollbodens in den Kolonien 
zu belegen und man wird für das Jahr 1909 
zum ersten Male das Resultat dieser jetzt in Betrieb 
genommenen Anlagen in der Exportstatistik vor- 
finden können. Daß es sich da im Vergleich zu 
den bisherigen um erhebliche Quantitäten handeln 
wird, kann ich aus den mir zur Verfügung 
stehenden Vierteljahrsberichten der deutschen Schutz- 
gebiete, die noch nicht veröffentlicht worden sind, 
feststellen. Das Plus aus Ostafrika in den ersten 
3 Quartalen des Jahres 1909 ist etwa 700 Ballen, 
in Togo etwa 180 Ballen. In Ostafrika be- 
stehen jetzt 17 mittlere und kleinere Europäer- 
pflanzungen, die 2000 ha mit Baumwolle, ferner 
24 Pflanzungen, die in Zwischenkultur etwa 
3300 ha mit Baumwolle verpflanzt haben. In 
Entwicklung begriffen sind 12 Baumwollplantagen, 
die im ganzen 85000 ha belegt haben, aber 
natürlich erst im Laufe der Zeit in die Produktion 
einrücken, da die Anlage erhebliche Kapitalmittel 
erfordert und es nicht weise erschien, von vorn- 
herein zu große Aufwendungen bei den ersten 
Versuchen zu machen. Alle diese Neuanlagen 
sind erst möglich geworden durch den Bau der 
ostafrikanischen Zentralbahn, die heute be- 
reits ungefähr 550 km von der Küste erreicht hat 
und in rascher Folge bis nach Tabora vorgestreckt 
wird, das 1000 km von der Küste entfernt, das 
Zentrum desjenigen Distriktes wird, welcher allem 
Anschein nach nach der Intelligenz seiner Be- 
völkerung, der Qualität seines Bodens, soweit sie 
bisher bekannt ist, verspricht, ein größeres Baum- 
wollgebiet zu werden, vorausgesetzt, daß die 
Niederschläge günstige sind. Der Tabora-Distrikt 
hat etwa die Größe des Königreichs Bayern, der 
daran nördlich anstoßende Muansa-Distrikt die 
des Königreichs Sachsen. 
Bei diesen Versuchen hat sich herausgestellt, 
daß Südtogo eine Baumwolle produziert, welche 
Ersatz für amerikanische Baumwolle zu bieten 
geeignet ist, und es ist anzunehmen, daß auch Ost- 
afrika eine gleiche Qualität abgeben wird, wie dies 
die angrenzenden englischen Nyassa-Länder zeigen. 
Bisher wird in Ostafrika nur die sehr hoch-
	        
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