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wertige ägyptische Varietät gezogen. Auch in
Kamerun, in dem Grasland nach Adamaua zu,
dürfte eine der Upland-Baumwolle gleichwertige
Sorte gedeihen. Aber, wie im Eingang gesagt,
ein wirklich durchgreifender Versuch, die Baum-
wolle als Plantagen= und als Eingeborenen=
Kultur in großem Maßstabe einzuführen, war
mangels der Verbindungen einerseits und dem
Mangel der Erfahrungen anderseits doch noch
ein wenig aussichtsreiches Unternehmen, insbe-
sondere gegenüber den Eingeborenen, welche man
durch Verleitung zu Kulturversuchen, die schließ-
lich hinterher doch nicht glücken, eher abschreckt
und gegenüber welchen man hinreichende Macht-
mittel, sie gerade zur Kultur eines bestimmten
Gewächses zu zwingen, nicht besitzt. Auch standen,
wie eingangs angeführt, die finanziellen Verhält-
nisse der Kolonien auf der einen Seite, ebenso
wie eine mangelnde Erkenntnis der Notwendig-
keit solcher Aufwendungen in der Heimat ander-
seits, der Ausdehnung der Kultur entgegen.
Und die Regierung war mehr oder weniger ge-
nötigt, diese wichtige Frage der Lösung der Privat-
industrie zu überlassen, die sich mit dankenswertem
Opfermut seit einigen Jahren mit erheblichen
Beträgen selbst besteuert hat, um die notwendigen
Erfahrungen zu gewinnen. Der Zeitpunkt scheint
aber doch jetzt gekommen, wo die weitere Fort-
führung der Versuche einen solchen Erfolg zu
versprechen scheint, wo die in dieser Industrie
investierten Kapitalien einen Umfang annehmen,
daß auch die Reichsregierung zur Fortführung
der Arbeit und zum Schutz der Prosperität dieser
Anlagen das ihrige beizutragen veranlaßt ist.
Hat sie bisher ihre Hauptaufgabe darin gesehen,
durch Erschließungsbahnen überhaupt erst den
Boden vorzubereiten, so wird sie jetzt mit der
Privatindustrie in eine Arbeitsteilung eintreten
können, von der wir, die wir uns mit der An-
gelegenheit intensiver befaßt haben, uns Nütz-
liches versprechen.
Unsere Chancen dabei sind nicht schlecht.
Zunächst verfügen wir in Deutschland in dem
wissenschaftlich und wirtschaftlich vorgebildeten
deutschen Landwirt über eine Unterstützung,
welche den anderen Kolonialnationen nicht zur
Hand ist; dann ist das landwirtschaftliche Ver-
suchswesen bei uus auf eine Höhe gebracht,
daß wir durch eine zweckmäßige Übertragung des-
selben und Aupassung an die lokalen Verhältnisse
anch in Afrika vielleicht rascher zum Ziel kommen
können, wie andere. Der Beweis, daß Baum-
wolle gut gedeiht, ist durch das Kolonial-Wirt-
schaftliche Komitee erbracht. Land, wenn auch
nicht überall Neuland, so doch von ent-
sprechender Qualität, steht in großen Mengen
zu Preisen zur Verfügung, die den 10. bis 20.
Teil desjenigen ausmachen, was in älteren Baum-
wolländern gleichartiges Areal kostet. Ferner
haben wir die wirksamsten Düngemittel in unserer
eigenen Heimat in großen Quantitäten aus erster
Hand. Wir haben eine starke, sich an die Arbeit ver-
hältnismäßig leicht gewöhnende schwarze Be-
völkerung, wie jene etwa 60 000 Schwarzen in
Ostafrika beweisen, die heute regelmäßig Arbeiter
bei Bahnen und Plantagen sind. In bezug auf
Löhne sind diese Leute nicht verwöhnt. Wir
haben eine leistungsfähige und energische Schiff-
fahrt und hinreichende Schienenwege, die die
Produktion unserer Kolonien nicht mit viel höheren
Frachten belasten werden und können, als für
Produkte anderer fremder Produktionsgebiete ge-
zahlt werden müssen. Wir haben zuletzt eine starke
und leistungsfähige deutsche Industrie, deren
weiter Blick Deutschland mit an die Spitze der
produzierenden und Handel treibenden Nationen
gerückt hat. Schließlich aber ist der deutschen
Nation das Verständnis für die Wichtigkeit der
hier behandelten Fragen aufgegangen und auch
in den Kreisen der organisierten Arbeiterschaft
finden heute die Bestrebungen auf die Erzeugung
billigerer Rohstoffe ein Verständnis, so daß ich die
feste Hoffnung hege, daß es unserer geduldigen
Arbeit gelingen wird, auch diese an der Frage
am meisten interessierte und wichtige Volksschicht
zur aktiven Mitarbeit heranzuziehen.
Freilich, der Weg geht immer noch bergan.
Unsere Erfahrungen sind immer noch sporadisch.
Ein Land von der vorzüglichen Geeignetheit wie
der amerikanische Süden steht uns aller Voraus-
sicht nach nicht zur Verfügung. Jede neue
Kultur erweckt neue Feinde in Tier= und Pflanzen-
welt. Die Kulturmethoden unserer Eingeborenen
sind noch überaus primitive und ihre politischen
Verhältnisse keineswegs derart geklärt, daß wir
uns in eine große Sorglosigkeit einwiegen dürfen.
Aber das deutsche Volk hat vor größeren Auf-
gaben gestanden und sie erfolgreich gelöst. Sollte
es uns gelingen, zu unserer Arbeit dassjenige
Vertrauen uns zu sichern, auf welches wir jetzt
nach langer Arbeit einen Anspruch zu erheben
uns berechtigt glauben, so werden wir auch hier
aus der Not eine Tugend machen und, gedrängt
durch die übermächtige Konkurrenz anderer
Nationen und Staaten, uns durch fleißige und
zielbewußte Arbeit eine Quelle neuen National-
reichtums eröffnen. Wenn wir die Wege betrachten,
die uns nach dem erwünschten Ziel führen sollen,
so brauchen wir nur denjenigen nachzugehen, die
uns in der Heimat zum Erfolg geführt haben.
Der Erfolg ist erzielt und Deutschland mit an
die Spitze der ackerbautreibenden Nationen gerückt
durch ein Hand-in-Hand-gehen staatlicher und
privater Initiative, durch ein Zusammenarbeiten