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Kolonialwirtschaftliche Mitteilungen.
Baumwollbau-Organisation.
Die von dem Staatssekretär des Reichs-
Kolonialamts bei seinem Vortrag über „Baum-
wollfragen“ angekündigte Veröffentlichung des
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees ist jetzt
erschienen. Der Frühjahrsbericht über die
deutsch= kolonialen Baumwoll-Unterneh-
mungen ") gibt insbesondere Aufschluß über die
praktische Exploration, die nach der Vereinbarung
zwischen dem Reichs-Kolonialamt und dem Kolonial-
Wirtschaftlichen Komitee das Arbeitsgebiet des
letzteren bildet.
Die Geldaufwendung beträgt für 1910 ins-
gesamt 400 000 /4, und zwar 182 500 .7 durch
das Reichs-Kolonialamt, 182 500 . durch das
Kolonial-Wirtschaftliche Komitee, 35000 . durch
das Kolonial-Wirtschaftliche Komitee und die Ost-
afrikanische Eisenbahngesellschaft für wasserwirt-
schaftliche Vorarbeit im Interesse der Baumwoll-
kultur.
Die Organisation des Komitees in Deutsch-
Ostafrika und Togo wirkt erstens in der Rich-
tung der Exploration bestimmter Wirtschaftsgebiete;
sie veranlaßt zweitens Maßnahmen zur gleichheit-
lichen Förderung der Eingeborenenkultur, der
europäischen Pflanzungs= Kleinbetriebe und der
enropäischen Pflanzungs-Großbetriebe.
So ist in Togo durch die im Jahre 1904
gegründete Baumwollschule Nuatjä (setzt Ackerbau-
schule des Gouvernements) durch kostenfreie Ver-
teilung von Saatgut, durch Belehrung der Ein-
geborenen usw. das Interesse für den Baumwollbau
geweckt und durch ein Netz von Entkörnungs-
anlagen als sichtbares Zeichen des Interesses des
Europäers am Baumwollgeschäft das Vertrauen
des Negers zum Anbau der Baumwolle gestärkt
worden. Infolge der Übernahme der Einrich-
tungen des Komitees durch das Gouvernement
und durch Erwerbsgesellschaften erscheint die
weitere Einführung und Ausbreitung der Kultur
gesichert. Die Organisation des Komitees in
Togo gestaltet sich nunmehr, wie folgt:
Auf Grund einer an die Baumwolle auf-
kaufenden Firmen erlassenen Rundfrage ist für
das Jahr 1910 ein Garantiepreis festgesetzt in
Löhe von 30 Pf. pro Pfund entkörnte Baum-
wolle loko Eisenbahnstationen, an welchen Ent-
körnungsanlagen betrieben werden, wie Kpeme,
Palime, Nuatjä und Atakpame; ferner haben
die fortgesetzten Klagen der deutschen Baumwoll-
spinnereien über ungleiche Qualität das Komitee
veranlaßt, dem Gouvernement Qualitätsprämien
*) Agl. „D. Kol. Bl.“ 1909, S. 4#7 fi.
zunächst im Betrage von 3000 zur Verteilung
an Eingeborene in den Bezirken Atakpame,
Misahöhe, Sokode und an die Ackerbauschule
Nuatjä zur Verfügung zu stellen.
Die Baumwollproduktion in Togo ist im
Jahre 1908/09 um 38,2 v. H. gegen das Vor-
jahr gestiegen. Sie belief sich auf 2337 Ballen
zu 250 kg gegen 1691 Ballen im Jahre 1907/08.
Die Ernte von Ostafrika 1908 ergab infolge
ungünstiger Witterungsverhältuisse insgesamt 1081
Ballen, also nur 10 v. H. mehr als im Vorjahre.
Die Ernteaussichten für die Saison 1909/10 lassen
eine erheblich größere Ausfuhr erwarten, zudem
rücken die noch jungen europäischen Pflanzungs-
betriebe allmählich in die Ertragsfähigkeit ein.
Die Exploration bestimmter an den Verkehr
angeschlossener Wirtschaftsgebiete Deutsch-Ost-
afrikas vollzieht sich folgendermaßen:
Im Rufiyi-Gebiet hat die im Jahre 1904
errichtete Baumwollbauschule Mpanganya bahn-
brechend gewirkt. Dort sind heute bereits etwa
45 000 ha Baumwolland von europäischen mitt-
leren und Großpflanzungen belegt, die verpflichtet
sind, jährlich ein Zehntel des belegten Landes in
Kultur zu nehmen. Zugleich hat sich die Ein-
geborenenkultur dort in größerem Maßstabe ent-
wickelt und im Bezirk Kilwa allein im Jahre
1908/09 eine Produktion von über 400 Ballen
zu 250 kg ergeben.
Das Sadani-Gebiet ist durch die 1906 ge-
gründete Versuchspflanzung, die im Jahre 1908
in den Besitz der Leipziger Baumwollspinnerei
(Leipzig = Lindenau) übergegangen ist, für den
Baumwollbau erschlossen worden. Hier befaßt
sich außer dieser Großpflanzung ein Teil der
Eingeborenenbevölkerung mit dem Baumwollbau.
Im Usambara-Gebiet hat die Errichtung
von Entkörnungsanlagen zur Aufnahme des
Baumwollbaues als Zwischenkultur geführt.
Zur Aufschließung des Mkatta-Gebietes
für Plantagen= und Eingeborenenkultur sind zur
Zeit Arbeiten im Gange. U. a. soll eine wasser-
wirtschaftliche Erkundung die Möglichkeit einer
Berieselung des etwa 700 Quadratkilometer —
70 000 ha umfassenden Gebietes feststellen und,
falls die Ergebnisse günstig sind, auf die Bildung
einer wasserwirtschaftlichen Genossenschaft ein-
wirken. Mit einer in Morogoro zu bildenden
Ginnerei-Genossenschaft verhandelt das Komitee
wegen Lieferung deutscher Maschinen zu besonders
günstigen Bedingungen und wegen einer finan-
ziellen Beihilfe.
Im Muansa-Bezirk soll die landwirtschaft-
liche Erschließung, insbesondere für den Baum-