W 460 20
bildet. Da ich vermeiden mußte, französisches
Gebiet zu betreten, ging ich von Ngoasi an die
Fährstelle am Ntem zurück, welche ich am 9. Mai
auf meinem Marsche von Ambam nach Akonanji
passiert hatte, um so nach meinem nächsten Ziele,
Nkin, zu gelangen.
Nkin, am Ntem gelegen, ist ein kleiner be-
deutungsloser Ort, in dem die Expedition kaum
Verpflegung und Unterkommen finden konnte;
und doch befindet sich in nächster Nähe, direkt
am Ntem-Ufer gelegen, die Faktorei der Hamburg-
Afrika-Gesellschaft. Das hier gegenüberliegende
Ufer ist französisches Gebiet.
Von Nkin marschierte ich noch einen Tag
durch Ntum-Ortschaften bis an die sogenannte
Ebolowa-Straße. Von hier an begann reines
Mwei-Gebiet.
Am 18. Mai erreichte ich, den Lobofluß über-
schreitend, Bikuk, einen größeren Mwei-Ort.
In dieser Ortschaft waren mehrere Handelsfirmen
durch farbige Händler vertreten. Von Bikuk
führt außer der Straße nach Ebolowa ein direkter
Weg nach dem Posten Akoafim.
Da ich nur Fühlung mit den an der Ost-
grenze der Ntum wohnenden Mwei nehmen
sollte, ging ich über Bikuk nicht hinaus, sondern
marschierte, über den Lobo-Fluß zurückgehend, die
nordwestlich führende Ebolowa-Straße entlang,
an der sich zum Teil der Einfluß der Militär-
station bemerkbar machte. Vor allem war der
Weg stellenweise sehr gut, und in der Nähe
größerer Orte begannen die Bewohner mit dem
Durchschlagen großer breiter Straßen.
Nachdem ich bereits am 24. Mai den Mboro
bei Bendemajus überschritten hatte, ging ich
am 25. Mai, den Mwila überschreitend, von der
Ebolowa-Straße ab, erreichte bei Mbekum die
Straße Bibuleman — Ambam— Akonanji, und be-
fand mich wieder im Ntum-Gebiet.
In einem Dorfe der großen Ntum-Landschaft
Massama (Massambe), bezog ich am 27. Mai
Lager. Mein Ziel war von hier aus Nemajong
in der Nähe des Biwume-Flusses.
Mit der Ortschaft Bindem, welches nur
15 Minuten von dem letzten Dorf der Landschaft
Massama entfernt liegt, begann wieder Mwei-
Gebiet bis Nemajong. Die Dörfer, sämtliche,
von Bindem bis Nemajong, machten alle den
Eindruck des Verfalles. Die Häuser waren schlecht
gebaut, die Dörfer unsauber. Die schlechte Bau-
art der Hänser mag wohl mit daran liegen, daß
es in dieser ganzen Gegend trotz reichlichem
Vorhandensein von Sümpfen keine Raphiapalmen
gibt, deren Blätter und Blattrippen bekanntlich
ein vorzügliches Material für den Hausbau der
Eingeborenen liefern. Auch Lebensmittel waren
hier schwer zu bekommen; die Leute sagten, daß
der Boden hier sehr schlecht sei und keinen Ertrag
bringe. Nach allem, was man sah, schien dies
wirklich der Fall zu sein. Die meisten der
Bewohner dieses Gebiets äußerten ihre Absicht,
das Gelände zu verlassen und mehr nach Süd-
osten in die Gegend zwischen Mboro und Ntem
zu wandern. Es scheint, als ob die Mwei, von
Osten her bedrängt, das im Norden weniger
stark bewohnt gewesene Ntum -Gebiet durchbrochen,
und dann, des Umherziehens müde, sich in dieser
weniger guten Gegend festgesetzt haben.
Nach fünftägigem Marsche erreichte ich die
aus fünf großen Dörfen bestehende Ortschaft
Nemajong, wo sich eine Faktorei der Firma
Küderling, von einem farbigen Händler geleieet,
befindet. Eine Stunde vom Orte fließt der
Biwume-Fluß. Über den Biwume bin ich nicht
gegangen, da sich dort, wenn auch nur wenig,
der Einfluß der Station Kampo bemerkbar machte.
Die Mwei wohnen jedoch noch über den Biwume
hinaus, und nach eingezogenen Erkundigungen
fast bis an die Küste.
Von Nemajong wandte ich mich dem nächsten
für die Errichtung einer Station in Betracht
kommenden Orte Ngoa zu. Eine halbe Stunde
von Nemajong wurde der in den Ntem mündende
Nso-Fluß überschritten, der zugleich die Grenze
zwischen Ntum und Mwei in dieser Gegend
bildet. In südöstlicher Richtung führt der Weg in
der Nähe des Ntem entlang. Hier hat der Ntiem
ein ganz eigenartiges Stromsystem. Zwischen den
Ortschaften Lunsok, Bimbiong, Akam, Ngoa
und Jebebak, wurde der Ntem, der hier eine
Breite von 300 bis 400 m hat, fünfmal über-
schritten. Um den richtigen Lauf des Ntem in
dieser Gegend festzustellen, wird es noch mancher
Bereisung des Landes bedürfen. Da das ganze
Land sehr tief gelegen ist, sind in diesem Gebiete
viele Sümpfe, die jetzt in der kleinen Regenzeit
beim Passieren schon reichlich Schwierigkeiten
machten. Nach Angaben der Eingeborenen sind
Stellen, die ich jetzt noch begehen konnte, in der
großen Regenzeit nicht passierbar. Eigentümlicher
Weise sind die Bewohner nur sehr wenig wasser-
kundig, was die sehr primitiven Kanus und die
noch viel unzulänglicheren Flöße und deren Hand-
habung beweisen. Selbst die Leute, welche das
Ubersetzen besorgen, sind des Schwimmens nicht
kundig. Es ist wohl anzunehmen, daß sowohl
die Ntum, als auch die Mwei kaum viel länger
als eine Generation in diesem Stromgebiete wohnen.
Durch viel Sumpf und Wasser marschierend
erreichte ich am 8. Juni Akam am Ntem, drei-
viertel Stunden von Ngoa entfernt. In Akam
befindet sich eine Faktorei der Firma Randad
& Stein, in Ngoa eine solche der Firma A. Küder-
ling. Ob der tiefen Lage, und des nicht allzu-