Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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regen Verkehrs halte ich die Umgebung von Ngoa 
für eine Stationsanlage nicht geeignet. Bei Ngoa 
ging ich über den Ntem und marschierte über 
Mabang, Misele in fünf Tagen nach Ambam. 
In Misele, einen Tagemarsch von Ambam ent- 
fernt, ist eine Faktorei der Afrikanischen Kompapnie. 
Sind die Wege in der Ntem-Niederung über- 
haupt nicht gut zu nennen, so begann auf dem 
nördlichen Ufer von Jebebak bis zwei Marschtage 
vor Ambam ein Marsch nur durch Sumpf und 
Wasser, bedingt durch die niedrige Lage und die 
unzähligen kleinen Flüsse, die alle hier dem Ntem 
zufließen. In den wenigen und auch nicht allzu- 
großen Ortschaften gab es zahllose Moskitos. Von 
einem späteren Ausbau dieses Weges wird wohl 
abgesehen werden und eine Verlegung stattfinden 
müssen. 
Am 12. Juni traf ich in Ambam ein, um 
die nach hier bestellte Post in Empfang zu nehmen. 
Um auch das Ntum-Gebiet südlich des Ntem 
an der spanischen Grenze und die im sog. großen 
Kampobogen wohnenden Essamangun (Samagunde) 
kennen zu lernen, trat ich am 19. Juni den 
Marsch von neuem an. Uüber die Ortschaft Mjin 
erreichte ich in vier Stunden den Ntem. Nach 
dem Übersetzen marschierte ich anderthalb Tage 
südwestlich und erreichte dann die Straße Akonanji 
— Belun — N goa. 
Fand ich auf meinem Marsche Ngon — 
Mabang — Ambam sehr schlechten Weg, so war 
hier auf dem südlichen Ufer das Gegenteil der 
Fall. Durch ein stark bevölkertes Gebiet, in dem 
der Urwald durch Anlage von Farmen fast voll- 
ständig verschwunden ist, führt ein guter, fast 
überall breit ausgeschlagener Weg bis einen halben 
Tagemarsch vor Ngoa, wo wieder sumpfiges 
Buschland beginnt. Zum Teil führt dieser Weg 
stundenlang fast direkt am Ntem entlang. 
Die Ortschaft Belun, welche gegenüber 
Abumasok gelegen hat, wurde verlassen und 
nur noch als mit Buschwerk bestandener Dorf- 
platz angetroffen. Belun ist schon seit über zwei 
Jahren verlassen. 
Ngoa erreichte ich am 27. Juni. Da ich 
genaue Erkundigungen über die Verhältnisse im 
großen Kampobogen einziehen mußte, denn es 
wurde viel von der Frechheit und Raublust der 
dort ansässigen Essamangun erzählt, machte ich 
einen Ruhetag. Hier wurde mir gesagt, daß die 
Essamangun Schwierigkeiten machen würden, denn 
sie hätten schon damit geprahlt, daß bei ihnen 
kein „Gobina“ (bei diesen Leuten ist jeder Re- 
gierungsbeamte „Gobina“, d. h. Governor) durchs 
Gebiet zu ziehen wagen dürfe. Dennoch machte ich 
mich am 29. Juni nach dort auf den Weg. 
Von Ngoa marschierte ich in westlicher Rich- 
tung. Alle Dörfer, durch die ich kam, fand ich 
  
verlassen. In dem Orte Nsiangu bezog ich Lager. 
Nach einiger Zeit stellten sich einige Männer ein, 
aber das richtige Vertrauen hatten sie nicht. Am 
30. Inni morgens ging es weiter. Nach zwei- 
einhalbstündigem Marsche erreichte ich die Ort- 
schaft Alan. Von hier aus war es schon schwer 
einen Führer nach der zwei Stunden weiter 
gelegenen Landschaft Njassa zu bekommen. Nach 
Passieren eines Busches erreichte ich das erste 
Dorf von Njassa. In diesem ersten Orte war 
alles auf und davon. Vor einem Hause stand 
noch ein Zündhütchengewehr, das einer in der 
Eile anscheinend vergessen hatte, denn es war 
fertig zum Abschießen. In dem nächsten Dorfe 
sprang gerade ein Kerl mit Gewehr aus seinem 
Hause heraus und rief mir zu, ich solle halten 
und zurückgehen, sonst würde geschossen. Ich 
nahm die Sache immer noch nicht so ernst, son- 
dern ging, meine Routenaufnahmen machend, in 
aller Ruhe weiter und ließ durch den Dolmetscher 
den Leuten zurufen, daß ich keine feindlichen 
Absichten hätte, doch wurde mir erwidert, es 
würde niemand durch ihr Gebiet gelassen, ich solle 
zurückgehen. An ein Zurückgehen war natürlich 
gar nicht zu denken, denn dann wäre meine Kolonne 
erst recht beschossen worden. Als ich in das dritte 
Dorf kam, gelang es, einen Mann, der gerade 
mit einer Hand voll Speeren aus dem Palaver- 
haus trat, festzunehmen. Dieser mußte nun den 
Dolmetscher unterstützen, den Leuten zuzurufen, 
nicht zu schießen. So durchzog ich ein Dorf 
nach dem andern, auf beiden Seiten hinter den 
Häuserreihen und den Bananenbüschen von Hun- 
derten von Männern mit schußfertigen Gewehren 
verfolgt. Als ich das neunte Dorf erreichte, erfuhr 
ich von meinem unfreiwilligen Führer, daß dieses 
das Häupliingsdorf sei. Hier machte ich halit, 
und sandte diesen Mann mit den Speeren, um 
den Häuptling zu rufen. In wenigen Minuten 
war das Dorf umstellt. Ich ließ nochmals zum 
Frieden ermahnen und stellte mich ohne Waffen 
auf den Dorfplatz. Dies schien zu wirken, nach 
und nach wurden die Gewehre zur Seite gestellt, 
und die mutigsten oder frechsten kamen ins Dorf. 
Nach längeren Unterhandlungen kam der Häupt- 
ling. Ob er es wirklich war, weiß ich bis heute 
noch nicht. Den richtigen Grund der feindlichen 
Haltung konnte ich nicht erfahren. Auf jeden 
Fall ist es die Art der Essamangun, allen durch- 
ziehenden Kolonnen gegenüberzutreten; sie ahmen 
darin ihre Stammesbrüder auf spanischem Gebiet 
nach. Denn die Spanier können, heißt es, bis 
heute nicht sehr weit über Bata hinaus, ohne von 
den dort bis fast an die Küste sitzenden Essamangun 
belästigt zu werden. Meine Lage war sehr erust: 
wäre es zum Schießen gekommen, ich wäre mit 
meiner Kolonne, die durch 10 Soldaten zu wenig
	        
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