Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

5 485 
welcher Interesse für die Kolonien hat, mit Vorteil 
1 bis 2 Semester studieren kann, z. B. auch nach Ab- 
solvierung eines anderweitigen landwirtschaftlichen 
Studiums. Das Bild des Hamburger Handels und 
der Verwertung der tropischen Produkte wird besonders 
dem künftigen tropischen Pflanzer manche wertvollen 
Anregungen bieten. An dieser Stelle wird natürlich 
davon abgesehen, das eine oder andere Institut oder 
die cine oder andere Ausbildungsrichtung einseitig zu 
cemo#ufehlen. Die Auswahl muß sich nach den besonderen 
Interessen, nach Lebensalter und Geldmitteln des 
cin zelnen richten. Sie wird auch teilweise von dem 
Ruf abhängen, welchen die Lehrer an derartigen An- 
fialten als kolonial-wissenschaftliche Landwirte, Tier- 
zuchter, Pflangenbauer usw. genießen. Wer wählen 
will, muß sich die Programme der einzelnen Anstalten 
jsenden lassen und einen zweckmäßigen Plan nach Maß- 
gabe seiner Geldmittel und geit zusammenstellen, 
wobei sowohl die Leiter der betreffenden Institute, 
als anch die Kolonialabteilung der Deutschen Land- 
wirischafts-Gesellschaft gern behilflich sind. Wie wir 
emofohlen haben, der wissenschaftlichen Ausbildung 
lÜberhaupt immer eine gründliche praktische landwirt- 
sehuftliche Ausbildung vorangehen oder ergänzend zur 
Seite treten zu lassen, so ist es auch im Smdium 
wichtig, nicht zu vieles betreiben zu wollen, sondern 
cinige Fücher bei kur zer zeit lieber gründlich und 
nrben den Vorlesungen die sich anschließenden 
Ubungen in den Laboratorien und die Demonstrationen 
auf den Versuchefeldern usw. nicht zu versäumen, ohne 
welche niemand eine gründliche Ausbildung in den 
Naturwissenschaften und damit zusammenhängenden 
praktischen Berufsarten erwerben kann. Ein kürzeres 
landwirtschaftliches Stndium mit Berücksichtigung der 
Nolonien als vier Semester ist zwar nur als ein 
Notbehelf zu betrachten, bei welchem eine zweckmäßige 
Auswahl der zu hörenden Vorlesungen besonders 
wichtig ist, aber auch derartige flüchtigere Anregungen 
sind besser als nur praktische Vorbildung, denn sie 
konnen eine Anregung und der Ausgangspunkt für 
weitere ecigene Studien werden. Den großen Wert 
der Militärdienstzeit für die koloniale Tätigkeit alos 
Schule der besonders wichtigen körperlichen Abhärtung, 
Dunplin und Willensstärke noch zu betonen, erscheint 
ilberflussig. Wer nicht militärtanglich ist, wird meistens 
. auch für die tropischen Kolonien nicht die nötigen ge- 
fundheitlichen Eigenschaften besitzen. Jeder, der in 
die NRolonien gehen will. muß daher auch eine ernste 
Rucksprache mit einem, die kolonialen Gesundheitsver= 
balumsse möglichst aus eigener Anschauung kennenden 
Arzt nehmen. Auch dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, 
daß ihm aus mangelndem Gesundheitszustand hervor- 
gebende Enttänschungen erspart bleiben. 
Häufig werden auch an die Kolonialabteilung der 
Demschen Landwirtschafts-Gesellschaft direkte Gesuche 
um Stellenvermittlung in den Kolonien ge- 
richtet. Die Kolonialabteilung hat sich aber bisher, 
wenn sie auch jedem sich Meldenden gern nach 
Kräften behilflich ist, nicht zur GEinrichtung eines 
Stellenvermittlungswesens entschlietsen können, und 
zwar aus dem Grundc, weil nach Erfahrungen anderer 
Geschäftostellen der Deutschen Landwirtschafts-Gesoll- 
schaft das Stellenvermittlungswesen durch die geringe 
  
Rücksichtnahme der Vewerber meistens sohr undankbar 
ist. Sowohl diesenigen, welche eine Stelle erhalten 
haben, ald auch diesenigen, welche eine Stelle zu ver- 
geben haben. unterlassen fast regelmäßig die für 
Oandhabung eines guten Stellenvermittlungswesens 
notwendige sofortige Mitteilung, daß sie eine Stellung 
erhalten oder eine solche in zufriedenstellender Weise 
besetzt haben, so daß das Stellenvermittlungswesen 
leicht eine grose Quelle von Arger und unnützen 
Schreibereien werden kann. GCs bleibt daher besser 
bei gelegentlicher Hilfe ohne jegliche Verpflichtung. 
Die MWege, welche zu betreten sind, um in der einen 
oder andern Weise eine Stellung in den Kolonien zu 
erhalten, sind aber folgende: 
1. Wer in den Dienst der Reichs-Kolonialverwal- 
tung treten will, muß sich in der bei Behörden 
üblichen Form mit einem Gesuch und Angaben über 
praktische und wissenschaftliche Befähigung an das 
Reichs-Rolonialamt in Berlin, Milhelmstraße 62, 
wenden. 
2. Landwirtschaftliche Anfangestellungen weist auch 
das Taschenbuch für Südwestafrika') nach 
welches überhaupt für die erste Orientierung sehr 
geeignet ist, ebenso wie entsprechend das Taschen- 
buch für Deutsch-Ostafrika'), das in demselben 
Verlage erscheint. Weitere Auokunft dürften die 
Farmervercinigung für Südwestafrika unter dem 
Vorsitz des Rechtsanwalts Erdmann in Windhuk und 
andere derartige Vereinigungen erteilen. 
Wer eine Stellung bei tropischen Pflanzungen an- 
strebt, wird am besten tun, sich an größere Pflau- 
zungs-Gesellschaften zu wenden. Ein Vergeichnis der- 
selben findet sich im KRolonial-Handelsdadreßbuch 
des Kolonialwirtschaftlichen Komitees Berlin, Unter 
den Linden 43, dessen Mitgliedschaft sich der angehende 
Tropenlandwirt erwerben sollte, sowie auch diecjenige 
der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft mit 
ihrer Kolonialabteilung. Auch die staatliche Zeutral- 
Auskunftsstelle für Auswanderer, Berlin, 
Schellingstraße 4, steht jedem Deutschen, welcher in 
Ausland auswandern will, zur Auskunfterteilung zur 
Verfügung. Ferner dient zur allgemeinen Orien= 
tierung mit kurzen Angaben und einem Derzeichnis 
der Pflanzungegesellschaften der nach Art unserer 
heimischen landwirtschaftlichen Kalender bearbeitete 
landwirtschaftliche Kalender für die Tropen „Der 
Tropenwirt"“.) 
Auf die Ansiedlungsverhälmisse für Alein- 
siedler, welche im wesentlichen die eigene körper- 
liche Arbeit auszunngen haben, wollen wir nicht weiter 
eingehen. Für derartige Verhältnisse wird haupt- 
sächlich die zemralauskunftssftelle für Auswanderer 
Anokunft erteilen können. Cy ist jedem zu raten, sich 
nicht ohne Rückfrage bei dieser amtlichen Stelle auf 
Auswanderungsanerbietungen ausländischer Regie- 
rungen und Unternehmungen einzulassen. Zum 
Schlusse ist auf den Amtlichen Ratgeber für 
Deutsch-Südwestafrika (Preis 1 Mk.) hin zuweisen. 
*) Verlag von W. Weicher, Berlin. Preis 3.50 Mk. 
**) Soskin, Der Tropenwirt (Oinstorff, Wiomar).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.