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bewohner feierlich verkündet. Das Urteil kann
auch auf Zweikampf lauten; dieser besteht in
Faust= und Ringkämpfen, wird aber nicht bis zur
Tötung eines Gegners ausgefochten.
Der Hauptberuf der Buschleute ist der als
Jäger, daneben gibt es nur noch einen Berufs-
stand: die Waffenschmiede. Diese fertigen sehr
geschickt Pfeile und Speere an. Neben dem mehr-
erwähnten Werftältesten tritt als Führer auch ab
und zu ein Häuptling auf, aber nur im Falle
eines Kriegszuges. Der Häuptling ist dann auch
immer noch an die Beschlüsse eines Kriegsrates
gebunden, dem jeder männliche Kriegsteilnehmer
angehört.
So kümmerlich wie die äußere Erscheinung
der Buschleute ist, so dürftig sind ihre Gewohn-
heiten und Rechtsanschauungen. Wenn die ärgsten
Feinde der Namib-Buschleute, die Witboois, noch
als Stamm existieren würden, wären die Ganin
und Géinin wohl schon längst aufgerieben. Die
spärlichen Reste werden jetzt von den der Namib
benachbarten Farmern und von der Regierung
zu friedlicher Arbeit herangezogen. Ein echter
Buschmann nach dem andern geht so in dem
Eingeborenengemisch von Maltahöhe auf. Die
Ganin und Géinin der Namib-Wüste werden in
wenigen Jahren ganz verschwunden sein.
—..
Bahnbilder aus Deutsch-Südwestakrika.
(Mit vier Abbildungen.)
Die Bahnstrecke Swakopmund — Jakals-
water — Karibib ist seit dem 1. April d. Js.
für den Durchgangsverkehr geschlossen. Die von
ihr durchzogene Landschaft, großenteils die
„Namib“, ist im allgemeinen eintönig und reizlos
und zwar in solchem Maße, daß der Reisende es
schon als anregende Abwechslung empfindet, wenn
ihm die hier häufigen Luftspiegelungen eine blanke
Wasserfläche in der Ferne vortäuschen. Eine
glänzende Ausnahme bildet die Partie im Khan-
gebirge. Schroffe, scharfgezackte, riesenhafte Fels-
massen, von der tiefen Rinne des Khans und
seiner Seitenarme durchfurcht, geben ein Bild von
eigenartiger Schönheit.
Auf der Lüderitzbahn macht die sogenannte
Dünenstrecke dem Betriebstechniker viel Sorge.
Vom Meere ans Land gespült, zum Teil auch
dem Wüstenschutt entstammend, wälzen sich jahr-
aus jahrein längs der Küste des Namalandes
unabsehbare, erstarrten Meereswogen vergleichbare
Sandmassen, von dem fast ständig wehenden Süd-
winde getrieben, in einer hier loseren, dort festeren,
hier breiteren, dort schmaleren Kette von Wander-
dünen nach Norden. Durch diese Dünenkene
läuft die Lüderitzbahn von Kilometer 19 bis 26.
Sie muß sich ihrer in hartem Kampfe erwehren.
Namentlich im südwestafrikanischen Sommer ist
der Andrang des Sandes so groß, daß ständig
starke Arbeiterkolonnen zu tun haben, um die auf
die Bahn kommenden Sandmassen zu entfernen.
Diese Arbeiten nehmen einen solchen Umfang an,
daß man jetzt zu dem Versuche Übergeht, maschi-
nell den der Bahn nahe kommenden Sand anzu-
saugen und auf die See(Nordgseite zu drücken.
Daneben gehen die Bestrebungen dahin, die Sand-
massen südlich der Bahn zu stauen. Man hat
Versuche mit einer Begrünung der Dünen nach
heimischem Muster gemacht. Sie sind bisher an
der enormen Regenarmut dieses Landstriches ge-
scheitert. Einstweilen müssen statt der lebenden
tote Decken helfen: weite Flächen sind mit Matten,
andere mit Dung bedeckt. Man ist auch dazu
geschritten, versuchsweise auf der Seeseite der Bahn
einen durchgängigen Schutzwall aus den Sand-
massen selbst zu errichten; an ihm sollen die von
Süden anwandernden Dünen zur Ruhe kommen.
Das Hochziehen des Walles geschieht in einfacher
Weise mittels einer Wand von senkrecht mit
Zwischenräumen nebeneinander gestellten Bohlen,
die — wie jedes derartige Hindernis — die
Sandmassen zur Ablagerung zwingen. Ist der
Sand etwa bis auf einen Fuß unter die Ober-
kante der Wand gestiegen, so werden die Bohlen,
eine nach der andern, mit Wuchtbäumen, die an
umgelegten Ketten angreifen, leicht und rasch
hochgezogen, und das Spiel beginnt von neuem.
Ob es mit diesen und ähnlichen Mitteln ge-
lingen wird, der Versandung dauernd und ge-
nügend Herr zu werden, muß die Erfahrung
lehren. Wenn alles andere versagt, stehen noch
zwei Radikalmittel zur Verfügung: die Einlegung
einer Tunnel= oder die einer Hochbahn-Strecke
auf die ganze Breite des Dünengürtels. Das
würde allerdings einige Millionen Mark kosten
und daher nur im wirklichen Notfalle zu recht-
fertigen sein.