G3507
Kolonialwirtschaftliche Mitteilungen.
Beiträge zur Cösung der Kautschukfrage in Kamerun.
Von Dr. H. Bücher, Leiter der Versuchsanstalt für Landeskultur in Victoria.
(Mit 12 Abbildungen.)
1. Die Bekämpfung des Naubbaus.
Die Erfahrung der Kolonial-Völker Afrikas
läuft darauf hinaus, daß wilde Kautschukbestände
weder durch Gesetze noch durch sonstige Maßnahmen
vor dem Raubbau und somit der teilweisen Ver-
nichtung bewahrt werden können. Wer mit den
Verhältnissen in afrikanischen Kautschukländern
vertraut ist, wird dies begreiflich finden.
Bei der extensiven Bodenbewirtschaftung der
Eingeborenen, bei der auf lateritischem Boden meist
schon nach einer Begetationsperiode das Land
gewechselt werden muß, werden in jedem Jahre
große Flächen Urwald geschlagen und gebrannt.
In dicht bevölkerten Gegenden sind auf diese
Weise schon vor dem Erscheinen des Europäers
große Kautschukbestände vernichtet worden. Die
Kunst der Kautschukgewinnung ist den Eingeborenen
Afrikas, im Gegensatz zu Amerika, erst von dem
Europäer gebracht worden. Man entddeckte in den
letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts die
KickxKia elastica und die verschiedenen Kautschuk-
lianen. Der Rohkautschuk stand hoch im Preise,
denn die Entwicklung der Industrie schritt rapide
vorwärts und nirgends auf der Welt waren Kaut-
schukbäume in größerem Umfange plantagenmäßig
angepflanzt. Selbst für afrikanische Verhältnisse
war es ein „gutes Geschäft"“". Es war zunächst
glatt und mühelos. Schwarze Händler wurden
in den Busch geschickt und von diesen lernten es
die ansässigen Eingeborenen. Wie der Kautschuk
gewonnen wurde, war dem Kaufmann gleichgültig,
wenn nur recht viel angebracht wurde. Die Be-
stände erschöpften sich schnell. Dafür setzte aber
bei allen Kolonialvölkern das Bestreben ein, die
erworbenen Gebiete zu okkupieren und überall
wurden wissenschaftliche und militärische Expedi-
tionen ins Innere geschickt. Mit dieser vorrückenden
Okkupation hielt der Kaufmaun gleichen Schritt,
ja er eilte ihr in vielen Fällen voraus, immer
begleitet von einem Schwarm farbiger Händler.
Che nun eine tatsächliche Verwaltung in den Be-
zirken eingerichtet war. war das, was in den
dicht besiedelten Gegenden noch an Kautschuk-
bäumen vorhanden war, längst dem Ansturm der
Händler zum Opfer gefallen. Die Bäume wurden
mit Axt und Haumesser angezapft, d. h. sie wurden
umgeschlagen und dann Wunden in die Rinde
eingehauen, aus denen man die Milch durch
untergestellte Gefäße auffing. Auch die Erforschung
der Natur der Kautschukbäume konnte nicht glei-
chen Schritt mit dem rapiden Vorwärtsdringen
der Händler halten. Hat man doch erst in den
letzten Jahren Methoden herausgefunden und
Instrumente konstruieren können, die den einzelnen
Arten der Kautschukbäume angepaßt sind und auch
hierbei herrschen noch viele Meinungsverschieden-
heiten der einzelnen Fachleute. Von der Erfindung
einer Zapfmethode bis zu deren Nutzanwendung
in dem wenig besiedelten Lomie= oder Dumebusch
ist aber ein weiter Weg.
Der Eingeborene Kameruns ist zu primitiv,
um sofort den Nutzen einzusehen, der ihm aus
einer dauernden Nutzung der Kautschukbestände
erwächst, er wurde von den Händlern mit ihren
Waren und Rum, und oft auch ihrer Gewalt-
tätigkeit überrumpelt.
Es kommt dann hinzu, daß die Hauptkant-
schukbestände, wie das bei der Wirtschaft der Ein-
geborenen natürlich ist, gerade in solchen Gegen-
den gesunden wurden, die spärlich oder gar nicht
bevölkert sind. Hier fehlen Wege und vor allen
Dingen die Obrigkeit und das wachsame Auge
des eingesessenen Eingeborenen, der den Busch
gegenüber dem Händler als sein Eigentum betrach-
tet. Hier kann jeder tun und lassen was er will,
— wenn er nicht von seinen eigenen Leuten an-
gezeigt wird, oder der Zufall ihn entlarvt. Und
wenn Kautschukschutzgesetze eristiert hätten, wer
soll den Ubeltäter melden und wer ihn verfolgen,
auf welchem Wege? Man hätte, wollte man hier
schützend eingreifen, jedem Händler einen Aufseher
mitgeben, oder die Kautschukgewinnung monopo-
lisieren müssen. Zu dem einen, wie dem anderen
fehlten die Mittel und die Möglichkeit.
Auch die Eingeborenen selbst zu belehren, war
von sehr geringer Bedeutung und kaum von Er-
folg, denn die großen Karawanen der Händler
zahlten für Verpflegung. große Summen und wenn
ihnen solche nicht geliesert wurde oder werden
konnte, so wurde sie einfach genommen. Infolge