Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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dieser Erpressungen wanderten ganze Stämme in 
den dichten Busch, ja sogar über die Grenze. 
Ein weiterer Grund für die Vernichtung besteht 
in der Art der Kautschukbäume selbst. Wenn die 
Kautschukbestände am Amazonas (Hevea brasi- 
liensis) so lange ergiebig gewesen sind und es 
noch lange sein werden, so hat dies seinen Grund 
darin, daß der Seringuero weiß, daß er sich mit 
dem Umschlagen des Baumes unnütze Mühe macht, 
denn ein geschlagener Baum wird ihm wenig 
Kautschuk geben. Er weiß, daß er hohe Erträge 
erzielt, wenn er längere Zeit täglich anzapft. 
Anders ist es bei den afrikanischen Kautschuk- 
bäumen: Kickxia elastica und Landolphien ver- 
schiedener Art. Die Kickxia elastica gibt 
bei einer Anzapfung fast alles, was sie an 
Kautschuk hat und ist dann für Monate, ja 
für ein Jahr und mehr nicht mehr anzapf- 
bar. Man kann sie hierbei bis in die äußersten 
Astspitzen mit Erfolg anzapfen. Diese Arbeit ist 
natürlich viel beguemer, wenn man den Baum 
fällt. Vei Landolphien erzielt man die höchsten 
Erträge, wenn man sie über dem Boden abhaut, 
die Rinde schält, im Wasser verrotten läßt und 
dann den Kautschuk ausstampft und auswäscht. 
Sollte der Neger sich selbst überlassen, sich viel 
mehr Arbeit machen, mit Leitern auf den Baum- 
klettern und sich mit einem viel geringeren Er- 
trage begnügen? — Wer dies von ihm verlangt, 
der kennt den Neger nicht. 
Es kommt noch hinzu, das Kickxiga gegen 
Verwundungen sehr empfindlich ist, während Heveas 
ein außerordentliches Regenerationsvermögen be- 
sitzt. Man kann eine Kickxia auch totzapfen, 
wie von vielen Reisenden und Beamten aus den 
Kautschukdistrikten berichtet wird. Wer will hier 
die Grenze ziehen, zumal sich der Schaden erst 
viele Monate später zeigt? 
Totzapfen ist aber noch viel schlimmer, als 
Umschlagen; denn im ersteren Falle geht der 
ganze Baum ein, während beim Umschlagen der 
Stock wieder Triebe macht, die eventuell später 
wieder zapfbar werden. 
Die Verhältnisse in den Kautschukbezirken haben 
sich in den letzten Jahren wesentlich dadurch 
geändert, daß die betreffenden Bezirke (Lomie, 
Dume, Akoafim, Dendeng) in Verwaltung genommen 
und energisch gegen den Raubbau angekämpft 
wurde; da sich das Interesse der Händler und 
Kaufleute auf immer weniger ausgedehnte Gebiete 
konzentriert, sind heute polizeiliche und sonstige 
Maßnahmen leichter durchführbar, und werden von 
den Bezirksleitern dringend erbeten. Anderseits 
sind sowohl die Kaufleute, als auch die Ein- 
  
geborenen allmählich zur Uberzeugung gelangt, 
daß man bei stetem Wandern auch einmal ans 
Ende kommt. Es sollte deshalb kein Mittel un- 
versucht bleiben, das auch nur einigermaßen eine 
Wahrscheinlichkeit auf Erfolg hat, den Raubbau 
zu beseitigen, oder doch wenigstens zu verringern. 
Mir scheinen die folgenden anwendbar: 
1. Beschaffung von Zapfmessern bester Kon- 
struktion und deren Verteilung an die Einge- 
borenen. 
2. Belehrung der Eingeborenen und Verteilung 
von Reproduktionen von Photographien richtiger 
Zapfweise. 
Zapfmesser guter Konstruktion sind fast nirgends 
im Gebrauch. Das in Abbildung 1 und 2 an- 
liegende Dreikantmesser, sowie der Meißel zum 
Aufstecken auf eine Stange sind in der Hand 
eines Negers wahre Mordinstrumente. Die Firma 
Schlieper in Remscheid bringt neuerdings ein 
Messer in den Handel, das die übrigen Kickxia- 
Zapfmesser an Brauchbarkeit weit übertrifft. (Siehe 
anliegende Abbildung Nr. 3). Die Firma hat 
dieses Zapfmesser zu folgenden Preisen angeboten: 
10 Stck. 2,00.pro S4l. 
100 1,900 
1000 = 1,80. 
Preis bei Abnahme von 
U V 
— 
2 
V u 
— 
= 
— 
= 2 * 
Es würde hier zu weit führen, die Vorteile dieses 
Instrumentes gegenüber anderen Instrumenten 
genauer auseinanderzusetzen. (Ich verweise auf 
mein Gutachten zu J. Nr. 9245/09). Mein Vor- 
schlag würde nun dahin gehen, dieses Zapfmesser 
in vorläufig etwa 1500 Exemplaren zu beschaffen 
und den Stationen in den Kautschukbezirken zu 
überweisen; hierfür kämen Ebolova, Joko, Dume 
und Lomie in Betracht. Da auf den Neger eine 
Prämie nur in Gestalt von gemünztem Silber 
Eindruck macht und er gegen jede Leistung des 
Europäers, für die er nichts zu zahlen braucht 
mißtrauisch ist, so würde es nach meiner Ansicht 
verfehlt sein, wenn man diese Instrumente kosten- 
los an die Eingeborenen verteilen würde. Man 
muß den Leuten einen Preis dafür abverlangen 
und wenn es nur ein Finger einer Banane ist; 
den für ein Messer zu zahlenden Betrag festzu- 
setzen ist Sache der einzelnen Verwaltungsstellen. 
Es ist natürlich, daß jeder Beamte, besonders 
aber derjenige, dessen Beruf es ist, Kautschukkul- 
turen zu betreiben, jede Gelegenheit, die sich ihm 
bietet, dazu benutzen wird, um die Eingeborenen 
in der Kautschukzapfmethode und in der Auf- 
bereitung der Kautschukmilch zu belehren. 
Für den Beamten, der fast ausschließlich keine 
der Eingeborenen-Sprachen spricht, ist es aber
	        
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