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ernte entgegensah. Diese gründeten sich auf das
während der Wachstumsperiode reichlich vorhan-
dene Wasser und das während der Blüte herrschende
milde Wetter. Leider haben die Ernteergebnisse
diesen Erwartungen nicht entsprochen. Wenn auch
die bisherige Schätzung der Ernte des Jahres 1909
mit 5¼ Mill. Kantar voraussichtlich doch zu nie-
drig angegeben wird, so muß die Ernte trotzdem
als durchaus unzureichend bezeichnet werden. Der
Grund dieses nicht vorausgesehenen Rückganges
der Menge und, wie es scheint, auch der Güte
der Baumwolle wird von den einen in der ver-
heerenden Tätigkeit des Baumwollwurmes und
des Kapselwurmes, und was Unterägypten betrifft,
von den anderen außer in diesen Plagen in der
durch das gegenwärtige Bewässerungssystem her-
vorgerufenen Durchdringung des Bodens mit
Wasser und Feuchtigkeit gesucht, welche die sehr
empfindlichen Wurzeln der Staude angreift, schwächt
und kränkeln macht, wodurch naturgemäß das
Fruchtergebnis aufs empfindlichste beeinflußt wer-
den muß. Die anderen Bodenerträgnisse kommen,
was ihre Wichtigkeit für Agypten betrifft, im Ver-
gleich mit der Baumwolle bedeutend weniger in
Betracht. Die Regierung widmet daher den der
Baumwolle drohenden Gefahren das ernsteste
Augenmerk. Gegen die Schädlinge der Pflanze
aus der Insektenwelt sind Verordnungen über
Einsammeln, Verbrennen der betreffenden Stauden,
genaues Beobachten derselben erlassen, welche
einigen Erfolg haben können, wenn der ägyptische
Bauer sie wirklich befolgt, und der mit der Auf-
sicht betraute Dorfschulze, gleichfalls ein ägyptischer
Bauer, die Aufsicht wirklich ausübt. Die Frage
der Bodendurchsickerung wird ernstlich studiert, und
es sind im Budget für das Jahr 1910 Summen
zu Versuchen eingesetzt. Sofern die Stimmen
derer Recht behalten, welche die Durchsickerung
des Bodens in erster Linie verantwortlich machen,
wird nach Lage der Sache und der großen
Schwierigkeit der Abhilfe eine Besserung erst sehr
allmählich zu erreichen sein. Es mehren sich da-
her die Stimmen, welche die Schaffung eines
Ackerbauministeriums fordern, da eine planmäßige
Besserung der Bodenverhältnisse erst durch die
Tätigkeit einer zentralen Behörde gewährleistet
würde.
Wenn trotz dieses ungünstigen Ernteergebnisses
die langsame Besserung der allgemeinen wirtschaft-
lichen Lage Agyptens zu Ende 1909 noch ange-
halten hat, so liegt der Grund hierfür in den für
die ägyptische Baumwolle im letzten Viertel 1909
erzielten Preisen, deren Steigerung sich zu Anfang
1910 sogar noch fortsetzte.
Besser als in Unterägypten war die Ernte der
Baumwolle in Oberägypten. Die der Aus-
breitung des Baumwollwurmes schädlichere größere
Wärme und die durch die höhere Bodenlage ge-
währleistete leichtere Bewegungsmöglichkeit hatten
zur Folge, daß die diesjährige oberägyptische Ernte
durchaus zufriedenstellend verlief. In Oberägypten
besteht auch die Möglichkeit, durch Bewässerungs-
anlagen bisher brachliegendes Kulturland zum
Anbau zu bringen und so durch immer größere
Kulturanlagen den durch ungünstige unterägyp-
tische Ernten verursachten Ausfall allmählich her-
einzubringen. Regierung wie private Unternehmer
haben denn auch die Wichtigkeit neuer Bewässe-
rungsanlagen in Oberägypten erkannt. Die größte
derartige private Gesellschaft, die Upper Egypt
Irrigation Compagnie, ist deutsch.
Schädigung der amerikanischen Baumwollernte
durch Frost.
Der Süden der Vereinigten Staaten ist zwischen
dem 23. und 26. April d. Is. unerwartet von
kaltem Wetter und Frost heimgesucht worden,
wodurch die Ernte vielfach Schaden gelitten hat.
Wenn sich die Beschädigung der Baumwollfelder
auch nicht ziffernmäßig nachweisen läßt, so zeigen
doch Meldungen aus dem Südwesten von Teras,
Louisiana, Mississippi, Alabama und Arkansas,
daß die jungen Baumwollpflanzen durch Frost in
vielen Orten zerstört sind. Es darf als sicher
gelten und wird sich in der allernächsten Zukunft
ausweisen, daß auch der noch nicht aufgegangene
Samen in den betroffenen Landstrichen „sauer
geworden“, d. h. zerstört worden ist. In be-
teiligten Kreisen besteht kein Zweifel darüber, daß
die Baumwollernte eine Schädigung erhalten hat
wie seit Jahren nicht. Es kam für das neue
Erntejahr darauf an, wegen der mangelnden
Vorräte eine große und eine frühe Ernte zu
haben; für beides schienen die Aussichten sehr
günstig. Jetzt macht es sich nötig, Baumwolle
neu zu pflanzen. Der Durchführung steht als
Hindernis indessen ein fühlbarer Mangel an
Saatgut entgegen, wie sich an dem gegenwärtigen
Preise für Baumwollsamen zeigt, der zur Zeit
75 bis 150 8 die Tonne kostet. Es muß daher
damit gerechnet werden, daß ein Teil der ur-
sprünglich mit Baumwolle bestellten Felder zum
Ziehen anderer Früchte Berwendung finden muß.
Aber auch da, wo Neupflanzungen vorgenommen
werden, ist diese Maßnahme aus einem anderen
Grunde bedenklich: die Baumwolle wird dann
nicht mehr so zeitig reif, um dem von Mitte Juli
ab besonders schädigend auftretenden Boll weevil
zu entgehen. Da man bisher noch kein sicheres
Mittel gegen diesen Schädling besitzt, sucht man
ihm durch so frühzeitiges Pflanzen zu begegnen,
daß die Ernte im wesentlichen bis zu dem Zeit-