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und dem Tsondab-Ende noch Anhaltspunkte zur
Klärung dieser Frage liefert.
Daß der Tsondab von dort aus, wo er ober-
irdisch versiegt oder gar noch von einem Punkte
weiter südwärts seine Grundwasser nach Westen
entsendet, halte ich für nahezu ausgeschlossen.
Dem widerspricht die Geländegestaltung zu sehr.
Auch würde sich das wohl in der Vegetation der
Dünentäler und der freiliegenden Pfannen irgendwo
bemerkbar machen. Wie die meisten zum Atlan-
tischen Ozean fließenden Reviere des Schutzgebietes
hat auch der Tsondab ein sehr starkes Gefälle.
Nach barometrischen Messungen liegt die Talsohle
des Tsondab bei Büllsport (Kilometer 8 unter-
halb des Tsondab-Anfangs) auf 1414 m, bei
Awabes (Kilometer 43) auf 1117 m, bei
Schwarze Kuppe (Kilometer 52) auf 1083 m,
bei Kilometer 86 auf 82 m, bei Kilometer 115
auf 720 m, bei Tsondab-Ende (Kilometer 128)
auf 670 m.
Das Gefälle beträgt also im Gebirge 8,6 m
auf 1 km, von Awabes bis zum Eintritt in die
Dünenregion 7,7 m auf 1 km, im Unterlaufe
3,6 m auf 1 km. Es ist klar, daß in Erosions-
rinnen fließende Gewässer von solchem Gefälle
das Land nicht bewässern, sondern ganz direkt
eine Drainage bilden.
Vom Tsondab-Ende führte eine stark betretene
Wildspur nach Westen in die Dünen hinein.
Gewiß hätten wir richtig gehandelt, wenn wir
ihr gefolgt wären. Aber der Wunsch, Einblick in
die Dünen zu gewinnen, die in der bisherigen
Tsondab-Richtung lagen, verleitete mich dazu,
den Dünenrand nach Norden hin zu ersteigen.
Wir betraten hier eine Region mächtiger, fest-
liegender, im allgemeinen sanft gewellter und mit
Stechgras bewachsener Dünen. Es war bei
einigem Zickzackreiten möglich, zu steile Auf= und
Abstiege zu vermeiden, und der Marsch wäre
rasch und leicht vonstatten gegangen, wenn nicht
auf die festliegende Dünenmasse lange, schmale
Flugsanddünen von erheblicher Höhe aufgesetzt
gewesen wären, genau senkrecht zu unserer Marsch-
richtung lagen. Die Bewältigung dieser steilen,
losen Dünen bereitete uns erhebliche Schwierig-
keiten. UÜberhaupt waren die Verhältnisse, unter
denen wir marschierten, nicht günstig. Schlimm
war, daß wir nur tags marschieren konnten.
Denn die Reise sollte ja vornehmlich karto-
graphischen Zwecken dienen und wir hatten keinen
Mond. Das Reiten tagsüber beeinträchtigte aber,
da die Tage ungewöhnlich warm waren, die
Leistungsfähigkeit der Kamele. Das Böseste war,
daß seit mehreren Tagen starker Ostwind wehte,
der auf die großen Dünenrücken nochmals kleine
2 bis 4 m hohe Kämme losen Flugsandes auf-
gesetzt hatte. Für die Kamele bedeutete die Be-
wältigung einer solchen kleinen, neu aufgeschütteten
Düne, in die fie bis zum Bauch einsanken, sehr
viel mehr Anstrengung, als das Uüberschreiten der
großen, festliegenden Sandberge.
An einer kreisrunden, etwa 1 qkm großen
Pfanne mit ein wenig Brack machten wir die
erste Mittagspause. Die Kamele schienen müde
zu sein, denn sie legten sich sofort nach dem Ab-
satteln hin und rührten das am Pfannenrand
stehende Stechgras nicht an.
Wie in der Kalahari, scheinen auch in der
Namib die Dünen, die sich um eine Pfanne
lagern, besonders hoch zu sein. Mittags erstieg
ich eine Düne, die eine Höhe von 110 m über
der Pfanne hatte. Umliegende Dünen waren
noch höher. Die Pfanne selbst zeigte reinen,
staubfreien Namibboden ohne eine Spur von
Begetation.
Nachmittags erreichten wir eine Fläche, die
ich mittags von der Düne aus erblickt hatte. Sie
führte uns nach Westen, so daß wir an diesem
Nachmittage und am nächsten Vormittage in der
gewollten Marschrichtung gut vorwärts kamen.
Die Fläche hat typischen Namibcharakter. Sie
ist hart, eben, mit Steingeröll bedeckt, durchaus
staubfrei und vegetationslos. Die Kiesel waren
dort in stärkerem Maße, als ich es sonstwo ge-
funden habe, mit Wüstenlack überzogen — viele
sahen großen Stücken Schokolade täuschend ähn-
lich —, so daß die Fläche im Sonnenschein hell
glänzte. Sie ist in ihrer Längsrichtung und nach
Westen hin stark geneigt. Einigemale fällt sie in
10 bis 15 m hohen Terrassen in diesen Richtungen
ab. Auf diese Fläche sind langgestreckte, von
Norden nach Süden streichende schmale Flugsand-
dünen aufgesetzt, die anscheinend rasch wandern.
Bei einigen kleinen Dünen, die offenbar erst
unter der Wirkung des letzten starken Ostwindes
entstanden waren, war während der Dauer einer
Mittagspause das Wandern festzustellen.
Am Mittag des vierten Marschtages erreichten
wir das Ende der Fläche in einer Region un-
regelmäßig durcheinander liegender, niedriger
Dünen, die aber aus losem Sande bestanden
und deshalb den Kamelen wieder viel Mühe
machten.
Um einigen, im Westen liegenden, sehr hohen
Dünen auszuweichen, holte ich nachmittags nach
Norden aus, kam aber hier in ein böses Gewirr
sehr steiler Dünen, die durch zahlreiche Querriegel
miteinander verbunden sind und die für die Ka-
mele tatsächlich ein unüberwindliches Hindernis
bildeten, so daß ich wieder westliche Richtung
einschlagen mußte. Ich nehme an, daß sich hier