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lichkeit der Schlucht gingen bei den deutschen
Truppen um; selbst jetzt, wo wohl jeder Reiter
der Ukamaser Kompagnie ohre die geringste
Schwierigkeit eine berittene Abteilung vom Ein-
gang der Schlucht bis zum Oranje führen kann,
kennen wir anscheinend noch nicht alle seitwärts
der Schlucht gelegenen Waseserstellen.
Die Bondels hatten ja die Kappolizei nicht
zu fürchten; als sie aber doch plötzlich den Eng-
ländern zu mißtrauen begannen, kehrten sie von
Arils her durch einen Ausläufer der Gamsibkluft,
der sich nach Nababis hinzieht, auf deutsches
Gebiet zurück; genau auf dem gleichen Wege in
umgekehrter Richtung wechselten später die Devenish-
Mörder ins englische.
Ein anderer Wechsel aus der Gamsibkluft ist
die Keikeibisschlucht. Er war schon früher
bekannt — Hauptmann Bech ließ deshalb 1906
den Farmbrunnen, wohl die einzige damals dort
bekannte Süßwasserstelle, zuschüten —, geriet
aber infolge der häufigen Truppenverschiebungen
völlig in Vergessenheit und wurde erst bei Ver-
folgung der Rolf-Bande wieder entdeckt, ebenso
wie einige uns und sogar dem seit 22 Jahren
in der Nähe wohnenden Farmer unbekannte
Wasserstellen, die man in dieser Höhenlage nicht
vermuten konnte. Anscheinend hat sich die Rolf-
Bande dort längere Zeit aufgehalten, da sie wohl
beobachtete, daß wir trotz mitgenommener Buren
und Eingeborener ihre Spur nicht halten konnten;
sie hat dort z. B. zwei von Blydeverwacht ge-
stohlene Kühe vollständig verzehrt. Zum Schutze
gegen eine etwa vom Geiab-Revier vorgehende
Abteilung hatte sie an sehr geschickt gewählter
Stelle eine Schanze gebaut; bei einem Zusammen-
stoße hätten die am Wasser lagernden Hotten-
totten unbemerkt schnell die Schluchtränder be-
setzen oder flüchten können. ZJedenfalls sind die
Hottentotten schon früher öfters hier durch-
gekommen, denn ein kleiner Pfad zieht sich bis
zur Gamsibkluft; wahrscheinlich haben sie deshalb
niemals eine Patrouille oder einen Wagenzug in
dem sehr gut zu einem Uberfall geeigneten
Geiab-Revier abgefangen, um den Wechsel nicht
zu verraten.
Die Gamsibkluft und Keikeibisschlucht eignen
sich ganz besonders zum Einbruch in deutsches
Gebiet; sogar größere berittene Abteilungen können
dort durchziehen, ohne auf längere Strecken dem
Auge des Weißen erkennbare Spuren zu hinter-
lasson, da der Boden zuweilen aus glatten, hellen,
langen Klippen besteht, zwischen denen sich nir-
gends Sand oder Geröll befindet.
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u
Auch der andere Hauptwechsel entspricht allen
Anforderungen. Wenn die Hottentotten in den
Oranjebergen bei Beenbreek saßen, konnte ein
nach Norden vorgeschobener Posten schon von
weitem jede ankommende Truppe beobachten: die
Gegend unmittelbar nördlich von den Oranje-
bergen ist eine ziemlich übersichtliche Hochsläche:
zog eine feindliche Abteilung am Oranje entlang,
dessen vielfachen Windungen folgend, dann konnte
die Nachricht hiervon auf stark abkürzenden Wegen
schnell überbracht werden; dazu kam noch, daß
häufig Viehherden englischer Farmer auf dem
Nordufer des Oranje weideten; die Hirten sorgten
durch Pfeifen und Schreien für rechtzeitige Warnung.
Auch wenn die Hottentotten wegen geringer
Stärke keine weit vorgeschobenen Posten hanen,
war die Gefahr, überrascht zu werden, demnoch
recht gering; ein Beobachter in unmiteelbarer
Nähe des Lagers genügte als Sicherung.
Die nächste Wasserstelle war Naros, un-
mittelbar nördlich an den hier nur 3 km breiten
Oranjebergen; ein alleinstehender Felsen gewährte
UÜberblick nach allen Seiten. Wurden die Hotten-
totten zu hart bedrängt, oder ließ ein konzen-
trischer Vormarsch gegen Naros einen Durchbruch
nach Norden aussichtslos erscheinen, dann konnten
sie wieder in den Bergen verschwinden oder einen
Uferwechsel vornehmen.
Von Naros bis Gründorn benntzten die
Hottentotten den Weg; zu beiden Seiten dieses
Weges liegen eine Menge steile, mit großen
Felstrümmern bedeckte Kuppen, die ständig die
Möglichkeit boten, mit geringen Kräften dem
Gegner Aufenthalt zu bereiten, sich selbst einen
Vorsprung zu sichern. Schon die Aufklärung
kostete dem Verfolger viel Zeit, selbst wenn nicht
das ganze seitwärts und vorwärts gelegene Ge-
lände abgesucht wurde, sondern die einzelnen
Patronillen der Spitze, stets einander übergreifend,
lediglich 2 bis 3 km weit entfernte Kuppen be-
setzten, ein Verfahren, das sich wiederholt als
zweckmäßig erwiesen hatte. Von Gründorn ging
der Weg Ham aufwärts; schien der Abstand der
Verfolger noch nicht groß genug, dann zogen die
Hottentotten, wie z. B. im September 1906, in
großen Windungen weiter, jedesmal die steilsten,
zerklüftetsten Höhen aussuchend, was für sie um
so vorteilhafter war, als sie selbst zu Fuß, die
Gegner beritten waren. Das Halten der Spur,
außerdem die in diesem Falle unentbebrliche
ausführlichere Sicherung kosteten viel Zeit; an
einer Stelle führten die Spuren an einen Hang,
den die Pferde unmöglich beschreiten konnten:
bis die Tiere wieder zurückgeführt wurden, ein
Abstieg erkundet und die Spur wieder auf-
genommen war, vergingen wohl zwei Stunden.
(Auf dieser Verfolgung zog die Abteilung Grüner,
immer die Spur haltend, von Beenbreek bis ins
Backrevier.)