Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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lichkeit der Schlucht gingen bei den deutschen 
Truppen um; selbst jetzt, wo wohl jeder Reiter 
der Ukamaser Kompagnie ohre die geringste 
Schwierigkeit eine berittene Abteilung vom Ein- 
gang der Schlucht bis zum Oranje führen kann, 
kennen wir anscheinend noch nicht alle seitwärts 
der Schlucht gelegenen Waseserstellen. 
Die Bondels hatten ja die Kappolizei nicht 
zu fürchten; als sie aber doch plötzlich den Eng- 
ländern zu mißtrauen begannen, kehrten sie von 
Arils her durch einen Ausläufer der Gamsibkluft, 
der sich nach Nababis hinzieht, auf deutsches 
Gebiet zurück; genau auf dem gleichen Wege in 
umgekehrter Richtung wechselten später die Devenish- 
Mörder ins englische. 
Ein anderer Wechsel aus der Gamsibkluft ist 
die Keikeibisschlucht. Er war schon früher 
bekannt — Hauptmann Bech ließ deshalb 1906 
den Farmbrunnen, wohl die einzige damals dort 
bekannte Süßwasserstelle, zuschüten —, geriet 
aber infolge der häufigen Truppenverschiebungen 
völlig in Vergessenheit und wurde erst bei Ver- 
folgung der Rolf-Bande wieder entdeckt, ebenso 
wie einige uns und sogar dem seit 22 Jahren 
in der Nähe wohnenden Farmer unbekannte 
Wasserstellen, die man in dieser Höhenlage nicht 
vermuten konnte. Anscheinend hat sich die Rolf- 
Bande dort längere Zeit aufgehalten, da sie wohl 
beobachtete, daß wir trotz mitgenommener Buren 
und Eingeborener ihre Spur nicht halten konnten; 
sie hat dort z. B. zwei von Blydeverwacht ge- 
stohlene Kühe vollständig verzehrt. Zum Schutze 
gegen eine etwa vom Geiab-Revier vorgehende 
Abteilung hatte sie an sehr geschickt gewählter 
Stelle eine Schanze gebaut; bei einem Zusammen- 
stoße hätten die am Wasser lagernden Hotten- 
totten unbemerkt schnell die Schluchtränder be- 
setzen oder flüchten können. ZJedenfalls sind die 
Hottentotten schon früher öfters hier durch- 
gekommen, denn ein kleiner Pfad zieht sich bis 
zur Gamsibkluft; wahrscheinlich haben sie deshalb 
niemals eine Patrouille oder einen Wagenzug in 
dem sehr gut zu einem Uberfall geeigneten 
Geiab-Revier abgefangen, um den Wechsel nicht 
zu verraten. 
Die Gamsibkluft und Keikeibisschlucht eignen 
sich ganz besonders zum Einbruch in deutsches 
Gebiet; sogar größere berittene Abteilungen können 
dort durchziehen, ohne auf längere Strecken dem 
Auge des Weißen erkennbare Spuren zu hinter- 
lasson, da der Boden zuweilen aus glatten, hellen, 
langen Klippen besteht, zwischen denen sich nir- 
gends Sand oder Geröll befindet. 
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u 
Auch der andere Hauptwechsel entspricht allen 
Anforderungen. Wenn die Hottentotten in den 
  
Oranjebergen bei Beenbreek saßen, konnte ein 
nach Norden vorgeschobener Posten schon von 
weitem jede ankommende Truppe beobachten: die 
Gegend unmittelbar nördlich von den Oranje- 
bergen ist eine ziemlich übersichtliche Hochsläche: 
zog eine feindliche Abteilung am Oranje entlang, 
dessen vielfachen Windungen folgend, dann konnte 
die Nachricht hiervon auf stark abkürzenden Wegen 
schnell überbracht werden; dazu kam noch, daß 
häufig Viehherden englischer Farmer auf dem 
Nordufer des Oranje weideten; die Hirten sorgten 
durch Pfeifen und Schreien für rechtzeitige Warnung. 
Auch wenn die Hottentotten wegen geringer 
Stärke keine weit vorgeschobenen Posten hanen, 
war die Gefahr, überrascht zu werden, demnoch 
recht gering; ein Beobachter in unmiteelbarer 
Nähe des Lagers genügte als Sicherung. 
Die nächste Wasserstelle war Naros, un- 
mittelbar nördlich an den hier nur 3 km breiten 
Oranjebergen; ein alleinstehender Felsen gewährte 
UÜberblick nach allen Seiten. Wurden die Hotten- 
totten zu hart bedrängt, oder ließ ein konzen- 
trischer Vormarsch gegen Naros einen Durchbruch 
nach Norden aussichtslos erscheinen, dann konnten 
sie wieder in den Bergen verschwinden oder einen 
Uferwechsel vornehmen. 
Von Naros bis Gründorn benntzten die 
Hottentotten den Weg; zu beiden Seiten dieses 
Weges liegen eine Menge steile, mit großen 
Felstrümmern bedeckte Kuppen, die ständig die 
Möglichkeit boten, mit geringen Kräften dem 
Gegner Aufenthalt zu bereiten, sich selbst einen 
Vorsprung zu sichern. Schon die Aufklärung 
kostete dem Verfolger viel Zeit, selbst wenn nicht 
das ganze seitwärts und vorwärts gelegene Ge- 
lände abgesucht wurde, sondern die einzelnen 
Patronillen der Spitze, stets einander übergreifend, 
lediglich 2 bis 3 km weit entfernte Kuppen be- 
setzten, ein Verfahren, das sich wiederholt als 
zweckmäßig erwiesen hatte. Von Gründorn ging 
der Weg Ham aufwärts; schien der Abstand der 
Verfolger noch nicht groß genug, dann zogen die 
Hottentotten, wie z. B. im September 1906, in 
großen Windungen weiter, jedesmal die steilsten, 
zerklüftetsten Höhen aussuchend, was für sie um 
so vorteilhafter war, als sie selbst zu Fuß, die 
Gegner beritten waren. Das Halten der Spur, 
außerdem die in diesem Falle unentbebrliche 
ausführlichere Sicherung kosteten viel Zeit; an 
einer Stelle führten die Spuren an einen Hang, 
den die Pferde unmöglich beschreiten konnten: 
bis die Tiere wieder zurückgeführt wurden, ein 
Abstieg erkundet und die Spur wieder auf- 
genommen war, vergingen wohl zwei Stunden. 
(Auf dieser Verfolgung zog die Abteilung Grüner, 
immer die Spur haltend, von Beenbreek bis ins 
Backrevier.)
	        
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