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strand herrschte eine so gewaltige Dünung, daß
ein Boot des Dampfers kenterte. Ein Batanga-
boy brach das Genick und sechs andere wurden
mehr oder weniger verwundet. Daraufhin wurde
ein neuer Landungsversuch aufgegeben und die
Weiterfahrt angetreten.
Am 17. August trafen wir in Landana ein.
Auch hier sind die Landungsverhältnisse äußerst
ungünstig. Die Faktoreien sind zu beiden Seiten
des Flusses in der Nähe ausgedehnter Mangroven-
waldungen gelegen, in denen eine Masse Glossinen
vorkommen. Mehrere Dörfer der Eingeborenen
wurden nach großen Verlusten durch die Schlaf-
krankheit verlassen. Viele Alligatoren bevölkern
den fischreichen, kleinen Fluß. Hier wurde mir
ein Lungenfisch (Protopterus) gezeigt, der aber
nicht häufig vorkommen soll. Beim Besuche des
portugiesischen Arztes, der der französischen Sprache
etwas mächtig ist, besichtigte ich das kleine
Hospital, das keine Kranken enthielt und als
Wohnung des Militärarztes (Oberarztes) diente.
Das Hospital liegt wundervoll mit Aussicht auf
das Meer, am Abhange eines 300 m hohen
Hügels, dessen Spitze die Gouvernementsgebäude
krönen. In der Regenzeit gibt es hier sehr viele
Moskitos.
Am 18. August wurde nach Cabinda
weitergefahren. Ich besuchte den dort stationierten
portugiesischen Militärarzt, der mir die Hospital-=
anlage zeigte, große ausgedehnte Gebäude mit
Eisenkonstruktion und praktischen Rundhallen mit
Oberlüftung. Auch hier war keinerlei Fliegen-
und Moskitonetz angebracht. Jede der Hallen
hatte ungefähr zwölf Betten. Die Farbigen
waren ebenso wie die Weißen in eisernen Bett-
stellen mit Strohsäcken untergebracht. Kranke
Weiße befanden sich nicht im Hospital. Be-
merkenswert war ein sehr hübscher Gemüsegarten
mit Wasserleitung. Aus einer reinlich gehaltenen
zementierten Zisterne wird das Wasser in gedeckte
große Reservoirs gepumpt, die das Hospital und
auch die Klosetts versorgen. Beim Hospital be-
findet sich auf einem Turm ein kleines meteoro-
logisches Observatorium mit Quecksilberbarometern,
Aneroiden und Verdunstungsmessern.
Die Dienstperiode beträgt für Cabin da drei
Jahre, für Loanda fünf Jahre. Die Chinin-
prophylaxe wird durch 0,3 pro die durchgeführt.
Die Umgebung des Hospitals und der Re-
gierungsgebäude macht einen sehr guten Eindruck.
Ganze Alleen eines dem Eucalyptus verwandten
Baumes mit sehr raschem Wachstum und aroma-
tisch duftenden Blättern sind dort angepflanzt.
Der Mangobaum kommt sehr häufig vor; auf
dem Wege zur katholischen Mission gewahrte ich
eine Herde langhornigen, sehr stattlichen, in gutem
Ernährungszustande befindlichen Rindviehs. Es
war Schlachtvieh für Cabinda.
Sehr interessant war der Garten der katho-
lischen Mission, die Cabinda mit Gemüse versorgt.
Der Gemüsebau ist nur in der Trockenzeit durch-
zuführen, mit Ausnahme des Salates, der aus
Samen gezogen und das ganze Jahr hindurch
gepflanzt wird.
Es werden Versuche mit Apfeln gemacht, die
jedoch bis jetzt mißlungen sind; die Früchte sind
klein und ungenießbar. Auch die Weinrebe ist
angepflanzt, bis jetzt allerdings ohne Resultat.
Ein Spargelbeet liefert sehr gute Ausbeute.
Die Mission besteht in ihrer jetzigen Gestalt
seit fünfzehn Jahren; ich fand zwei französische
Patres vor. Ein Zeuge bewegter Vergangenheit
ist eine dort befindliche Kanone, wahrscheinlich
englischen Ursprungs, aus dem Jahre 1802. Die.
Farbigen dieser Kolonie sollen außerordentlich
friedfertig sein; es gibt ziemlich viele Mulatten,
von denen einige es zu Reichtum gebracht haben.
Die Schlafkrankheit soll große Opfer unter den
Eingeborenen fordern. Glossinen hat der Arzt,
der schon längere Zeit sich in Cabinda aufhält,
nicht beobachtet.
Um Mitternacht wurde von Cabinda abge-
fahren, am 19. August lief der Dampfer bei
Banana in die Kongomündung ein.
Der Fluß ist von weiten Ebenen begrenzt,
die Ufer sind wie bei allen nicht regulierten
Flüssen unterwaschen. Das Wasser war zur Zeit
nicht sehr trübe, jedenfalls nicht so mit Löß
gemischt wie der Nil oder der Yangtsekiang. Auf
den ausgedehnten grünen Wiesen des Mündungs-
gebietes weideten Rinderherden des großen
Schlages, wie ich sie in Cabinda gesehen hatte.
Nachmittags wurde in Boma gelandet.
Leider war der Aufenthalt dort so kurz, daß ich
keinen Besuch in den Hospitälern machen konnte.
Es sind übrigens nur wenige Schlafkranke dort.
Boma ist eine sehr gut angelegte Stadt; das
Prinzip der Scheidung von schwarzer und weißer
Bevölkerung ist durchgeführt. Schöne Garten-
anlagen fallen in die Augen. Dagegen erzeugen
zwei große Sümpfe, die von dem nicht im min-
desten regulierten Flusse gespeist werden, eine
Menge Moskitos, und Glossinen kommen mitten
in der Stadt vor.
Die „Axim“ nahm von Boma den Kurs
flußaufwärts nach Matadi. Von Boma an be-
ginnen die Flußufer sich allmählich zu steilen
Höhen von 200 bis 600 Metern zu erheben.
Die waldlosen Berge waren schwarz von frisch
verbranntem Gras; an vielen Stellen loderten
noch die schnell dahineilenden Brände, wie ich
sie im Februar 1908 am Sanaga beobachtet
hatte. In den Schluchten zeigten sich einzelne