Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

volitischen Verhältnisse in Mamilis Bezirk. Da 
es ihm durch den Zweck seiner Entsendung und 
durch die Rücksichtnahme auf die ihm zur Ver- 
fügung stehenden Machtmittel geboten schien, an 
den bestehenden politischen Institutionen und 
Machtverhältnissen der Eingeborenen möglichst 
wenig zu ändern, so bestätigte er Mamili als 
Häuptling seines bisherigen Bezirkes, schärfte aber 
ihm und seinen Dorfschulzen ein, daß sie von 
nun an nicht mehr von den Barotse-Behörden, 
sondern nur noch von der deutschen Regierung 
Befehle anzunehmen hätten. 
Die zu Selukas Bezirk gehörenden anwesenden 
Dorfschulzen erklärten freiwillig, daß sie von nun 
ab Seluka nicht mehr als ihren Häuptling an- 
erkennen, sondern sich unter den Befehl Mamilis 
stellen wollten. 
Die Tatsache, daß die Eingeborenen zu Haupt- 
mann Streitwolf Vertrauen gewonnen hatten 
und die deutsche Oberherrschaft anerkannten, kam 
sofort dadurch zum Ausdruck, daß Mamili und 
seine Dorfschulzen kurze Zeit nach dieser Ver- 
sammlung aus eigenem Antrieb ihm einen zwischen 
zwei Dorfschaften ausgebrochenen Streitfall zur 
Entscheidung vorlegten. 
Bei der weiteren Erkundung des Landes ver- 
fuhr Hauptmann Streitwolf dann immer in der 
gleichen Weise, indem er, wo er auf seiner Reise 
ein Dorf antraf, eine Versammlung der Dorf- 
schulzen aus der Nachbarschaft zusammenrief, um 
ihr die eingetretene Anderung der politischen Ver- 
hältnisse zu erklären. Überall wurde er friedfertig 
ausgenommen, und da er durch seine Worte und 
iein Auftreten den Eingeborenen bewies, daß ihre 
auf Letias Ausstreuungen zurückzuführenden Be- 
sorgnisse vor den Plänen der Deutschen unbe- 
gründet seien, so gelang es ihm, die Eingeborenen 
zur Anerkennung der durch ihn vertretenen Staats- 
gewalt zu bewegen. Die Eingeborenen ließen 
ihm auch diejenigen Ehrenbezeigungen zukommen, 
welche sie bisher nur dem Barotsekönig und seinen 
obersten Häuptlingen erwiesen hatten. 
Bei seinen ferneren Reisen erreichte es Haupt- 
mann Streitwolf, daß auch diejenigen zum Be- 
zirke des Induna Seluka gehörigen Dorsschulzen, 
welche nicht zu der von Mamili anberaumten 
Versammlung geladen werden konnten, ihr Unter- 
  
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ordnungsverhältnis unter Seluka freiwillig auf- 
gaben und dafür Mamili als ihren Häuptling 
anerkannten. 
Führte so der Weg der direkten Verständigung 
mit den Eingeborenen zu dem gesteckten Ziele, so 
waren auch die Verhandlungen mit den englischen 
Behörden von vollem Erfolg begleitet. Der 
Administrator von Nordost= und Nordwest-Rhodesia 
machte dem König Luanika klar, daß er sich von 
nun ab jeder Einwirkung auf das unter deutscher 
Hoheit stehende Land enthalten müsse, und gab 
Streitwolf die Erklärung ab, daß Luanika infolge 
der ihm gemachten Vorstellungen endgültig auf 
den Caprivi-Zipfel verzichtet habe. Da Haupt- 
mann Streitwolf berichtet, daß Luanika den Ruf 
eines durchaus ehrlichen und hochherzigen Mannes 
genießt, so wird erhofft werden dürfen, daß dieser 
seine dem Administrator gegebene Zusage halten 
wird. 
Ferner wurde durch Mitwirkung der englischen 
Behörden Letia-Sesheke gezwungen, die aus dem 
Caprivi-Zipfel zu Unrecht weggetriebenen etwa 
300 Rinder im Werte von 30 000 wieder 
zurückbringen zu lassen. Weiterhin gestattete die 
englische Regierung dem Hauptmann Streitwolf 
die Anwerbung von zehn Matabeles als Poli-= 
zisten und verpflichtete sich, diese im Falle einer 
Desertion nach dem englischen Gebiete wieder 
auszuliefern. Endlich wurde ein Übereinkommen 
dahin getroffen, daß in allen die Fischerei, Jagd 
usw. betreffenden Fragen die Barotse des eng- 
lischen Gebietes sich nicht direkt, sondern nur 
durch Vermittlung des Distriktskommissars von 
Sesheke an Hauptmann Streitwolf wenden sollten. 
Der Einfluß der Streitwolfschen Verwaltung 
hat sich besonders auch darin gezeigt, daß viele 
der Eingeborenen, die aus unserem Schutzgebiete 
vor Letia oder vor den Deutschen entflohen waren, 
wieder ins Land zurückgekehrt sind. Außerdem 
aber haben auch schon vier nördlich unseres 
Schutzgebiets ansässig gewesene Indunas um die 
Erlaubnis gebeten, in den Caprivi-Zipfel ziehen 
zu dürfen, und haben sich in der Folge, da ihnen 
diese Erlaubnis gerne gegeben wurde, mit achtzig 
Familien in unserem Gebiet angesiedelt. 
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