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Hälfte. Zu berücksichtigen ist hierbei, daß die
Ertragsfähigkeit unserer Gesellschaft in der
Hauptsache von der Verwertung unserer Berg-
werksgerechtsame, von der Beteiligung an der
Deutschen Diamantengesellschaft m. b. H. und
dem Ergebnis der Verkläufe unseres städtischen
Grundbesitzes abhängig ist.
Landverkäufe. Bereits im letzten Vierteljahr
des Berichtsjahres ließen die Landverkäufe in Swakop-
mund und besonders in Lüderivbucht erheblich nach,
und ein Wiederaufleben des Geschäfts ist um so weniger
zu erwarten, als die Verhältnisse im Diamantengebiet
sich konsolidiert haben und der Verkehr abgeflaut ist.
Ferner haben sehr viele Känfer in Lüderitzbucht ihre
Grundstücke zu Spekulationszwecken erworben, und
dies wird zur Folge haben, daß wir in absehbarer
Zukunft nur mit einem geringeren Absatz zu rechnen
haben werden.
Bergwerksgerechtsame. Die Diamanten-
förderungsabgaben werden auch weiterhin die Haupt-
einnahmequelle bleiben, dagegen werden die Schürf-
gebühren kaum die stattliche Höhe wic im verflossenen
Jahre erreichen. Die Schürftätigkeit im Gebiete zwischen
dem Ruiseb und 26. Breitengrad hat nachgelassen; ob
und inwieweit die Felder abbauwürdig sind, ist noch
nicht festgestellt. Zweifellos handelt es sich nur um
ärmere Diamantvorkommen.
Beteiligung an der D eutschen Diamanten-
gesellschaft m. b. H. Die in letzter Zeit bei uns
eingelaufenen Berichte zeigen, daß mit der Möglichkeit
gerechnet werden muß, daß die Ausbeuteziffern nicht
dieselbe Stetigkeit behalten, die sie in den ersten
Monaten des Wirkens dieser Gesellschaft aufwiesen.
Als Gründe für die niedrigen Ausbeuten werden schlechte
Witterungsverhältnisse und die Minderwertigkeit der
gegenwärtig im Abbau befindlichen Felder angegeben.
Ein Urteil über die künftige Ergiebigkeit der Felder
der Deutschen Diamantengesellschaft m. b. H. zu fällen,
ist zurzeit unmöglich, da die Prospektierarbeiten sich
bisher erst auf einen verhältnismäßig kleinen Teil des
großen Gebietes erstreckt haben. Es bleibt auch recht
zweifelhaft, ob die Prospektierungen bei der Eigenart
des Diamantvorkommens jemals ein so sicheres Bild
über den Inhalt des Geländes ergeben werden, daß
an Hand desselben eine auch nur einigermaßen zu-
treffende Bewertung wird ansgesprochen werden können.
Vielmehr wird immer damit zu rechnen sein, daß der
rationelle Abbau wesentliche Abweichungen nach der
einen oder anderen Seite hin gegen die Feststellungen
der Prospektoren ergibt. Jedenfalls ist das eine hervor-
zuheben, daß, sofern nicht die unerwartete Anffindung
von unterirdischen Lagern eine Verschiebung des Bildes
hervorruft, die in den seinerzeitigen Angeboten der
Lüderitzbuchter Interessenten sowie in den Reichstags-
verhandlungen genannten hohen Wertziffern nach den
bisherigen Feststellungen in das Reich der Fabel zu
verweisen sind. Und zwar dürfte dies nicht nur für
das Besitztum der D Deutschen Diamantengesellschaftm. b. H.
zutreffend sein, sondern auch für den weitaus größten
Teil der anderen Gesellschaften, soweit es diesen nicht
gelungen ist, sich in der ersten Zeit der Schürffreiheit
vereinzelte Stellen zu sichern, an deren hohem Werte
nicht zu zweifeln ist. Daß auch im Schutzgebiet selbsft
eine gewisse Ernüchterung eingetreten ist, dürfte aus
dem Rückschlag ersichtlich sein, den die Kurse der meisten
der an der Lüderitzbuchter Börse gehandelten Diamant-
werte inzwischen erfahren haben.
Im neuen Geschäftsjahre haben wir auch mit der
Grundsteuer auf den uns noch verbliebenen Landbesitz
zu rechnen. Diese Steuerlast wird sich mit ihrer ganzen
Schwere fühlbar machen, falls es uns nicht gelingen
sollte, eine Abänderung der bestehenden Bestimmungen
über die Erhebung der Grundsteuer dahingehend zu
erwirken, daß für die Städte ein gestaffelter Zonen—
tarif für die Berechnung der Grundsteuer eingeführt
wird, oder die MWeichbilder von Swakopmund und
Lüderitzbucht entsprechend der wirklichen Ausdehnung
und Entwicklung dieser Städte festgesetzt werden. Für
Lüderitzbucht hat übrigens eine amtliche Festsetzung
der Weichbildaren zen bisher überhaupt noch nicht end-
gültig stattgefunden.
Einen breiten Raum in der öffentlichen Diskussion
nahmen im abgelaufenen Geschäftsjahre die beiden
Verträge ein, welche zwischen dem Herrn Staats-
sekretär des Reichs-Nolonialamts und unserer Gesell-
schaft sowie unserer Tochtergesellschaft, der Deutschen
Diamantengesellschaft m. b. H., am 7. Mai 1910 zu-
stande gekommen sind.
Um unseren Anteilseignern über das durch diese
Verträge Erreichte und Preisgegebene ein Bild zu ver-
schaffen, muß hier auf die Eutstehungsgeschichte der
Verträge und ihren Inhalt kurz eingegangen werden.
Durch die Verfügung des Herrn Staatssekretärs
des Reichs-RKolonialamts vom 22. September 19°0 in
Verbindung mit dem zwischen ihm und unserer Gesell-
schaft am 28. Januar 190)9 getroffenen Abkommen war
uns bzw. der Deutschen Diamantengesellschaft m. b. H.
das sog. „Sperrgebiet“") zur ausschließlichen Auf-
suchung und Gewinnung von Diamanten bis zum
1. April 1911 vorbehalten.
Der bevorstehende Ablauf dieser Sperrfrist ließ es
den Verwaltungsorganen unserer Gesellschaft und der
Deutschen Diamantengesellschaft m. b. H. wünschens-
wert erscheinen, mit dem Reichs-Rolonialamt über eine
Verlängerung der Frist in Verhandlungen zu treten.
zumal aus dem Schutgebiet Berichte bei uns eintrafen,
die erkennen ließen, daß die Aufschließung des Sperr—
gebietes bis zum 1. April 1911, wenn überhaupt, so
doch nur mit großen Kosten und Schwierigkeiten moöglich
sein würde.
Ein weiterer Anlaß zum Eintritt in Verhandlungen
mit dem Reichs-Kolonialamt war dadurch gegeben.
daß durch Entscheidung der Kaiserlichen Bergbehörde
in Lüderitzbucht vom 6. Juli 1909 die von uns bean-
tragte Umwandlung der durch unsere Gesellschaft im
Sperrgebiet belegten Edelmineralschürffelder in Berg-
baufelder abgelehnt worden war, was uns zu einem
Prozeß gegen den Fiskus nötigte, der in erster Instanz
zu unseren Ungunsten ausfiel und dessen endgülnige
Erledigung bis zur Beendigung der Sperrfrist keines-
fallo hätte erwartet werden können.
Die hierdurch hervorgerufene große Unsicherbeit,
die den wünschenswerten Fortgang der Aufschlußarbeiten
im Sperrgebiet in unerfreulichster Weise hemmte, wurde
vermehrt, als die Nachricht bei uns eintraf,. daß auf
Anordnung des Kaiserlichen Gonverneurs von Deurch-
Südwestafrika die Ausgahlung der von uns beanspruchten
Bergwerksabgaben aus dem Gebiet vom 26. Grad
südlicher Breite bis zum Ruiseb mit der Begründung
abgelehnt sei, daß uns in dem bezeichneten Gebiet
irgendwelche Bergwerksgerechtsame nicht zuständen.
Zu alledem kam schließlich noch hinzu, daß die
anßerordentlich schweren Lasten, welche der Gesellschaft
durch die Einführung der Staats= und Gemeindesteuern
in den Städten Swakopmund und Lüderinzbucht er-
*) d. h. das Gebiet unserer Gesellschaft, welches
im Norden durch den 26. Grad südlicher Breite. im
Süden durch das nördliche Ufer des Oranje- Flusses.
im Westen durch den Atlantischen Ozcan und im Osten
durch eine 100 km vom Meeresufer entfernte und mit
letzterem parallel laufende Linie begrenzt wird.