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wuchsen, mit Notwendigkeit dazu drängten, den Weg
der Verständigung mit dem Reichs-Rolonialamt durch
vertragliche Regelung aller schwebenden Fragen zu suchen.
Vorstand und Aufsichtsrat waren sich nun von
Anfang an darüber klar, daß die Verwirklichung dieses
Wunsches ohne nennenswerte Konzessionen an den
Fiskus nicht zu erreichen sein würde. Die Haupt-
aufgabe der Verwaltungsorgane unserer Gesellschaft
bestand infolgedessen darin, während der ganzen Dauer
der langen und recht schwierigen Verhandlungen mit
dem Reichs-Kolonialamt beständig darauf zu achten,
daß ein gerechter Ausgleich zwischen dessen Forderungen
und dem wohlverstandenen Interesse der Anteilseigner
der Gesellschaft herbeigeführt werde.
Nachdem der Geschäftsbericht den wesentlichen
Inhalt der Verträge (vgl. „D. Kol. Bl.“ 1910, Nr. 10,
S. 410 ff.) mitgeteilt hat, fährt er fort:
Wenn die Vorteile, die unsere Gesellschaft und die
Deutsche Diamantengesellschaft m. b. H. durch diese
Verträge erhalten hat, recht teuer haben erkauft werden
müssen, so kann nur immer wieder darauf hingewiesen
werden, daß es den Verwaltungsorganen beider Ge-
sellschaften trotz redlichstem Bemühen unmöglich war,
günstigere Bedingungen für den Abschluß der im In-
teresse der Gesellschaft notwendigen Verträge seitens
des Fiskus zu erreichen.
Es ist den Verwaltungsorganen der Gesellschaft
nicht unbekannt geblieben, welch große Aufregung sich
der Anteilseigner unserer Gesellschaft bemächtigt hat,
als in der öffentlichen Meinung Stimmen laut wurden,
die teils in völliger Unkenntnis, teils in absichtlicher
Nichtachtung der bestehenden Rechte unserer Gesellschaft
zu einem konfiskatorischen Vorgehen gegen uns rieten.
Da es leider auch heute noch nicht an Leuten fehlt,
die die Reichsregierung zur Enteignung unserer Land-
und Bergrechte ohne irgendwelche Entschädigung ver-
anlassen möchten, wollen wir diesen unseren Bericht
mit den Worten schließen, die der Herr Staatssekretär
des Reichs-Kolonialamts in der Sitzung des Deutschen
Neichstages vom 29. April 1910 (Stenogr. Berichte
S. 2762) unter großem Beifall ausgesprochen hat:
„ daß die verbündeten Regierungen auf
dem Standpunkt stehen, daß gegenüber den Kolonien
kein anderer Grundsatz von Rechts wegen gelten
soll, als er in den Preußischen und allen anderen
Partikularverfassungen enthalten ist, nämlich, daß
das Eigentum in den Kolonien auch unverletzlich
ist und nur aus Gründen des öffentlichen Wohls —
und nicht etwa aus Gründen des fiskalischen Porte-
monnaies — gegen vorgängige, in dringenden
Fällen wenigstens vorläufig festzusetzende Entschädi-
gung entzogen oder, nach Maßgabe des Gesetzes,
beschränkt werden kann. Das spreche ich hier aus
zur Beruhigung aller derjenigen, die in dieser Be-
ziehung schwer bennruhigt worden sind.“
1* *
*
Aus der Bilanz heben wir im Anschluß an die
im Bericht selber enthaltenen Angaben noch hervor,
daß das Beteiligungskonto im gangen 370 002 K aus-
macht. Ferner figurieren unter den Aktiven Zweig-
niederlassung Swakopmund mit 499 871.X, Bankier-
guthaben mit 1 225 489 .K. Debitoren mit 404 697.4.
Diesen Aktiven stehen — außer dem mit 2½ Millionen
Mark eingezahlten Gesamtgrundkapital und den rund
1 Million Mark enthaltenden Reserven — im wesent-
lichen nur 207 950 .“ Kreditoren gegenüber.
Doa-Plantagen-Geseilschaft m. b. 5.“)
Nachdem am 7. Degember 1908 die notarielle Be-
gründung unserer Gesellschaft mit einem Stammkapital
von 202 000 .K stattgefunden hatte, trat der zur Lei-
tung der Baumwollpflanzung im Rufiyi-Tale aus-
ersehene Herr Friedrich Mismahl die Ausreise an,
um möglichst viel Land in Kultur zu nehmen. Er
glaubte noch 150 ha für die Aussaat im Februar bis
April bestellen zu können und rechnete mit einer an-
nähernd normalen Ernte von 300 Pfund Baumwolle
vom Hektar bereits für das erste Anbaujahr. Bis
Ende des Jahres 1909 wollte er eine Gesamtfläche
von 1000 ha für Baumwollaussaat fertig machen, so
daß in dem Geschäftsjahr 1910 1000 ha zur Aberntung
gelangen sollten. Aus verschiedenen Gründen sahen
sich Aufsichtsrat und Vorstand jedoch schließlich ver-
anlaßt, Herrn Mismahl zu Anfang Oktober 1909 ab-
zuberufen.
Die Arbeiten auf der Pflanzung Mpingo unter
Leitung des Herrn Friedrich Mismahl umfaßten etwa
30 ha Baumwollanbau, der nur einen Ertrag von
3743 engl. Pfund Samenbaumwolle, gleich 2½ Ballen
Baumwolle, gebracht hat. Weiteres Land war unzu-
länglich vorbereitet, das angeschaffte Zugvieh erwies
sich als zu schwach, die errichteten Gebäude waren an
ungeeigneten Stellen zerstreut, so daß Neuanlagen
unter Beobachtung größerer Konzentration erforderlich
waren.
Die Gesellschaft verkannte nicht die rasche Ent-
wicklung der nördlichen Teile unseres Schutzgebietes,
glaubte die Gelegenheit nicht unbenutzt verstreichen
lassen zu dürfen, durch Betätigung in jenen Gegenden
an deren wirtschaftlichen Aufschwung teilzunehmen und
dadurch ihre eigenen Geschäftsaussichten günstiger zu
gestalten. Deshalb wurde im Norden unserer Kolonie
Deutsch-Ostafrika in sehr günstiger Lage an der Usam-
barabahn das Kaufpachtrecht auf rund 884 ha Land
zur Anlage der Kautschukpflanzung Mwule erworben,
ein Beamter dorthin gesandt und der Betrieb daselbst
aufgenommen. Da die in Aussicht genommene Kapi-
talserhöhung in der kurzen zur Verfügung stehenden
Zeit nicht durchführbar erschien, wurde, um sich die
wertvolle Erwerbung im Norden nicht entgehen zu
lassen, vom Aufsichtsrat beschlossen, eine später wieder
abzustoßende Anleihe aufzunehmen, die jedoch nur in
Höhe von 16 000 / begeben wurde. Gegen 30 ha
Urwald wurden geschlagen, das Holz zu Brennholz
für die Bahn ausfgearbeitet, ein Arbeiterdorf und pro-
visorische Gebäude errichtet.
Die bei Gründung der Gesellschaft geschaffenen
Vorzugs= und Stammanteile wurden auf Vorschlag
des Aufsichtsrats in einer am 30. Juni 1909 abgehal-
tenen außerordentlichen Gesellschafterversammlung gleich-
gestellt und dabei beschlossen, das Stammkapital bis zu
500 000 # zu erhöhen sowie das Geschäftsjahr mit
dem Kalenderjahr gleich zu legen. Unter dem 8. De-
zember 1909 fand die Eintragung einer Erhöhung des
Stammkapitals um 214 000 auf 416 000 1X statt.
In der außerordentlichen Gesellschafterversammlung
vom 18. Dezember 1909 wurde aledann erneut be-
schlossen, die Erhöhung des Kapitals bis auf 500 000 4%
fortzuführen.
Was die weitere Entwicklung der Pflanzungen in
dem laufenden Geschäftsjahre anbelangt, so gehört an
erste Stelle die Mitteilung, daß uns der Leiter der
Baumwollpflanzung Mpingo am Rufiyi, Herr Kulp,
der mit großem Eifer die schwierigen Verhältnisse zu-
rechtzurücken und nach Möglichkeit zu klären suchte,
*) Aus dem Geschäftsbericht für 1909.