Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

947 2C 
Die wirtschaftliche Lage auf der Insel Guam. 
Die Bedeutung der Insel Guam beruht auf 
ihrer Eigenschaft als amerikanischer Flotten= und 
Kohlenstützpunkt sowie als Kabelstation für die 
amerikanische Linie San Francisco—Manila und 
die deutsch-niederländische Linie Guam—Zap—— 
Menado. 
Die Einwohnerzahl von Guam, das zehn 
Ortschaften besitzt, betrng am 30. Juni 1910: 
11953, worunter 11624 Eingeborene (Chamorro, 
vermischt mit philippinischen Tagalen und Spa- 
niern), 182 Nichteingeborene mit ständigem Wohn- 
sitz (davon 125 Japaner, 14 Deuntsche) und 
147 Angehörige der amerikanischen Marine. Die 
Hauptstadt Agana mit etwa 7000 Einwohnern 
liegt an der Westseite der Insel, südlich davon 
befindet sich der befestigte Hafen Umata. 
Der Schiffsverkehr wird hauptsächlich durch 
die amerikanischen Armeetransportschiffe versehen, 
die Guam auf der Fahrt von San Francisco nach 
Manila anlaufen und den amerikanischen Fracht- 
sowie den Postverkehr vermitteln. Diese Dampfer 
treffen regelmäßig einmal monatlich ein, während 
Marinetransportschiffe von Amerika etwa zweimal 
jährlich und Kohlenschiffe von Manila je nach 
Bedarf nach Guam kommen. Außerdem fahren 
von der Insel das Regierungsstationsschiff zweimal 
im Jahre nach Japan oder China und die Schoner 
der South Sea Trading Co. sowie der Gebrüder 
Shimizu in unregelmäßigen Zwischenräumen nach 
Yokohama und zurück. 
Der Verkehr im Innern des Landes erfolgt 
auf Büffelkarren. Die Beschäftigungen der Insel- 
bewohner sind Handel, Landwirtschaft und Gou- 
vernementsarbeit. 
Der Handel liegt zum größten Teile in den 
Händen der Japaner, die daneben auch als Fischer 
und Handwerker tätig sind. Die größten japa- 
nischen Firmen sind die Sonth Sea Trading Co. 
und die Gebrüder Shimizu; beide Firmen sind 
auch auf den deutschen Marianen, erstere ist auch 
anuf den Westkarolinen vertreten. Ein gut gehen- 
des größeres Ladengeschäft befindet sich in deut- 
schen Händen. 
Der einzige Ausfuhrartikel ist Kopra, die im 
Gewichte von durchschnittlich 1000 Tonnen jährlich 
von den genannten japanischen Handelshäusern 
verschifft wird. 
  
Eingeführt werden hauptsächlich: aus Japan 
Reis, billige Baumwollenstoffe, Hüte, Petroleum; 
aus den Vereinigten Staaten Fleisch, Mehl, Milch, 
Gemüse, Biskuits, Eisenwaren, bessere Baumwollen- 
gewebe; aus Manila Gewebe; von der deutschen 
Insel Saipan Tabak, getrocknetes Fleisch, leben- 
des Geflügel; von Hawai Zucker; aus Doutsch- 
land Maschinen, emaillierte Waren, Spitzen, 
Hornwaren, Spielsachen. 
Im Fiskaljahr vom 1. Juli 1909 bis 30. Juni 
1910 hatte die Gesamteinfuhr einen Wert von 
91 646,278; davon entfielen auf Japan 57 400,253 
(60,64 v. H.), die Vereinigten Staaten 23643,89 S 
(24,98 v. H.), Manila 6656,81 F’ (7,03 v. H.), 
Saipan 3240,57 § (3,42 v. H.), Honolulu 
2218,27 S (2,34 v. H.), die britischen Kolonien 
(vermutlich über Hongkong eingeführte deutsche 
Waren) 1186,48 3 (1,56 v. H.). 
Die Landwirtschaft ist zurückgegangen. 
Einerseits wird die Bevölkerung durch die bei 
den zahlreichen Gouvernementsarbeiten zu ver- 
dienenden hohen Löhne der Landarbeit entfremdet. 
Anderseits hat die Einführung einer 5 3 kostenden 
Lizenz zum Verkaufe von Tabak viele kleine 
Pflanzer zum Aufgeben des Tabakbaues und ein 
Verbot des Schweinehaltens innerhalb der Stadt 
Agana das Volk zur Abschaffung fast des gesamten 
Viehbestandes veranlaßt. Die Reisfelder sind zum 
größten Teil verlassen, Tabak und Kakao werden 
kaum noch gebaut werden, Kaffee deckt den In- 
landverbrauch etwa zur Hälfte, Mais zu einem 
Viertel. Daher ist die Jusel völlig auf die Ein- 
fuhr von Lebensmitteln angewiesen. Bleibt diese 
aus, was schon dadurch leicht eintreten kann, daß 
die Armee= und Marinetransporte bei starker 
Gouvernementsladung keine Waren milbringen, 
so kann Hungersnot entstehen. Das ist auch tat- 
sächlich in den letzten Jahren mehrfach vorgekommen. 
Das einzige landwirtschaftliche Erzeugnis, dessen 
Anbau zunimmt, ist die Kokospalme. Sie findet 
auf Guam besonders günstige Bedingungen und 
bedarf keiner Pflege. Jedoch fehlt es auch zur 
Aberntung ihrer Früchte an Arbeitskräften. Diese 
werden durch die von der Regierung unternom- 
menen Straßen= und Hafenbauten gänzlich be- 
schäftigt. Neuerdings sind noch der Bau einer 
Wasserleitung, einer elektrischen Beleuchtungsanlage 
und eines Hospitals begonnen worden. 
(Bericht des Raiserl. Konsuls in Manila.)
	        
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