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mit einer dichten, für die Sonnenstrahlen fast
undurchdringlichen Urvegetation bedeckt, die haupt-
sächlich aus riesigem, dichtem Bambus, stellenweise
aus Urbusch und Urwald besteht. Hier haust der
Elefant und der Gorilla, und zwar von letzterem
eine sonst nicht vorkommende kleinere Spezies.
Nach Osten und Süden flacht sich die südliche
Böschung der östlichen Vulkangruppe mehr und
mehr ab und verläuft sich in die Lavafelder der
Landschaft Mulera, die sich vom Südfuße des
Karissimbi bis zum Westufer des Bolero-Sees
hinzieht. Hier herrschte früher der Sultan Lukara,
gegen den die Schutztruppe im Jahre 1910 eine
Straferpedition unternehmen mußte, weil er den
Pater Lupias von den Weißen Bätern in einem
Schauri, das zum Streite ausartete, töten ließ.
Es kam zu einem für die Schutztruppe schwierigen
Kleinkriege, weil die Eingeborenen sichere Schlupf-
winkel in den zahlreichen Höhlen und unter-
irdischen Gängen (leeren Lavaschläuchen) fanden.
Lukara flüchtete über die Grenze, seine Anhänger
kehrten bald zurück.)
In dem Mruhengeri genannten Teile ist die
Landschaft Mulera wohl bevölkert von einigen
Watussi und von den Wahnutu des Lukara und von
Leuten aus dem Belgischen Kongo, die sich wegen
Menterei und anderer Vergehen dorthin geflüchtet
haben. Allenthalben sieht man Bohnenfelder,
auch Mtama, Mais und Banauen. Mühsam
sind die Lavabrocken zu Haufen zusammengetragen,
um die Anlagen dieser Kulturen zu ermöglichen.
Die spärliche, durch Verwitterung der Lava ent-
standene Bodenkrume belohnt die Mühe durch
große Fruchtbarkeit. Die Residentur Kigali sah
sich genötigt, in Mruhengeri einen Verwaltungs-
posten anzulegen, dessen militärische Bedeckung
die 11. Kompagnie (Kissenji) stellt.
Dem Muhawura ist nach Osten zu eine
Gruppe von Seen vorgelagert, deren größter der
See im Südosten ist, mit einer Wasserfläche von
etwa 60 okm.
Das Bolero-Becken hat am südwestlichen
Rande eine schmale Offnung, durch die die Ge-
wässer sich über einen etwa 110 m hohen Wasser-
fall in den kleineren Luhondo-See stürzen, aus
dem der Njawarongo, ein Quellfluß der Kagera,
gespeist wird.
Der Bolero-See erhält sein Wasser vom Osten
durch den Russumo-Fluß aus dem riesigen Mru-
schasch-Papyrus-Sumpf, dessen Tal eine südsüd-
östliche Richtung hat bei einer Länge von 30 km
und einer durchschnittlichen Breite von 3 bis 4 km.
Von der Wugamba-Kette bis zum Gwassa-
Berge läuft die Grenze etwa parallel zum Mru-
*) Agl. „D. Kol. Bl.“ 1912, S. 766.
schaschi-Sumpfe, der zwischen ihr und dem Bolero-
See liegt.
Im närdlichen, mit dichten Bumbuswäldern
bestandenen Teile der Wugamba-Kette kommt
eine Art von Zwergelefanten vor. Der englischen
Expedition gelang es, ein Exemplar für das
Londoner Museum zu erlegen.
Um den Luhondo-See herum ist die Bevölke-
rung reichlich, auch das Westufer des Bolero-=
Sees und der zwischen der Grenze (Wugamba-=
Kette) und dem Russumo-Flusse liegende Gelände-
komplex sind von Ackerbau treibenden Waniaruanda
(Wahutu) wohl bevölkert. Das Ostufer des Mru-
schaschi-Tales ist wenig belebt. Dort befindet
sich, etwa beim Gwassa-Berge beginnend, eine
völlige pfadlose Wildnis, die sich weit nach Süden
hinzieht und südlich vom Gwassa-Berge eine aus
Bambusbusch und Baumwald bestehende Wald-
vegetation aufweist. In der Grenzzone reicht
diese Wildnis nach Osten bis zu den westlichen
Ausläufern des Kitosso-(Muhindu-) Sumpfes und
hat eine Breite von etwa 10 ktm. Manche An-
zeichen sprachen dafür, daß hier vor nicht langer
Zeit menschliche Siedlungen waren, und es be-
steht kein Zweifel, daß deren Bewohner vor den
Batwa geflüchtet sind, die im Waldgebiete am
Gwassa-Berge hausen. Sobald sich Europäer
auf dem Ostufer des Mruschaschi zeigen, wechseln
die Zwerge auf den nur ihnen bekannten Sumpf-
pfaden auf das westliche Ufer über. Das in der
Mitte fließende Wasser des Sumpfes überschreiten
sie auf Flößen aus Papyrus, dessen mit Mark
gefüllte daumenstarke Stengel eine große Trag-
fähigkeit besitzen. Auch auf der riesigen allent-
halben mit 3 bis 4 m hohen Papyrus bedeckten
Sohle können sie sich so verbergen, daß ihnen
nicht beizukommen ist. Sie sind sehr kriegerisch
und als gute Pfeilschützen bekannt, die auf ver-
hältnismäßig große Entfernungen gute Schüsse
mit tödlicher Wirkung vermittels ihrer angeblich
vergifteten Pfeile anzubringen verstehen. Ihre
Bogen sind aus kunstvoll zusammengelegten und
festumwickelten Bambusplatten konstruiert, auch
die Bogensehne ist ein Bambusstreifen.
Ihre Häuptlinge heißen Gruwe und Bassebja;
der erstere ist weit und breit als Zauberer ge-
fürchtet. Bei einer Strafexpedition, die vor zwei
Jahren gegen die Batwa wegen völliger Unbot-
mäßigkeit gegen den Herrscher von Ruanda auf
dessen Bitten unternommen wurde, verlor Gruwe
all sein Vieh. Trotzdem besteht nach wie vor
unter der Umwohnern eine panische Furcht vor
Gruwe und seinen Batwa, die nur vom Raub
und Tribut leben, was um so verwunderlicher
ist, als sie an Zahl gering sind. Die im Vulkan-
gebiet und am Mruschaschi-Sumpf lebenden Batwa-
Sippen sind höchstens 1000 Köpfe stark. Bei