Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

G 118 20 
anlaßten ihn aber gerade, nochmals hervorzuheben, 
daß für jene Verhältnisse bei einer Kreditgewährung 
ein sehr viel größeres Gewicht auf die Persönlich= 
keit des Geldempfängers als auf eine etwaige 
dingliche Sicherheitsunterlage zu legen sei. 
Er habe, was sodann die Höhe des Zinssatzes 
beträfse, befürworten wollen, daß die Annuität, 
nicht der Zinsfuß aufrecht erhalten werde. Der 
Schuldner soll den gleichen Betrag wie bisher 
jährlich entrichten und nur insofern in eine bessere 
Situation gestellt werden, als im stärkeren Maße 
amortisiert werde. Daß in schlechten Jahren die 
Genossenschaften in die Lage kommen würden, 
die Zinsen und Amortisationsquoten stunden zu 
müssen, nehme auch er an. Zur Gewährung 
von Kredit für kleinere Meliorationen seien gerade 
die ländlichen Genossenschaften am zweckmäßigsten, 
weil nur bei dieser Einrichtung streng kontrolliert 
werden könne, ob der Geldempfänger die Melioration 
auch tatsächlich vornehme. 
Die großen Meliorationen seien dagegen nach 
seiner Ansicht eine direkte Angelegenheit des 
Staates. 
Herr Dr. Salomonsohn: Nach den neuen 
Ausführungen des Herrn Präsidenten Heiligen- 
stadt weiche er von dessen Auffassung nur noch 
in der Frage, wie der Kredit für die großen 
Meliorationen zu organisieren sei, erheblich ab. 
Er sei der Meinung, daß die großen Meliorationen 
von einem Zentralinstitut aus in die Wege ge- 
leitet werden müßten und daß die Farmer mit 
Haftpflicht beteiligt sein müßten. Aus politischen 
Gründen würde es sich empfehlen, das Institut 
vom Staate loszulösen und als selbständige Kor- 
poration zu ctablieren. 
Wenn, wie Herr Woermann sage, der Be- 
triebskredit aus Waren-Kreditierungen stamme, so 
handle es sich, wenn man hier eingreifen wolle, 
doch darum, den kurzfristigen Kredit in einen 
langfristigen umzuwandeln. Mit Herrn Präsidenten 
Heiligenstadt halte er für Erledigung dieser 
Aufgabe die genossenschaftliche Basis für das 
richtigste, glaube aber, daß man auch das Zentral- 
institut auf solcher Basis und nicht in der Art 
ceiner Landeskreditkasse zu errichten habe. Das 
sei aber eine untergeordnete Frage, da die Geld- 
mittel auf alle Fälle vom Staate gegeben werden 
müßten. 
Was die kleineren Meliorationen anbeträfe, 
so seien auch sie nach seiner Meinung immer nur 
im engen Konner mit dem genossenschaftlichen 
Zentralinstitut durch Kreditgewährung zu fördern. 
Herr Präsident Dr. Heiligenstadt: Er habe 
als Zentralstelle ein, wenn er so sagen dürfe, 
öffentlich-rechtliches Institut und keine private 
  
Genossenschaft vorgeschlagen, insbesondere aus 
dem Grunde, weil der Verkehr mit dem Fiskus 
sich bei einem solchen Institut leichter abspiele, 
als bei einer Genossenschaft. Dem Institut müsse 
nach seiner Meinung ein möglichst weiter Mantel 
umgehangen werden, wie er schon ausgeführt 
habe. Und zu einem Institut dieser Art sei nach 
seiner Meinung gerade die genossenschaftliche Form 
ungecignet. 
Bei den kleineren Meliorationen den großen 
Apparat eines besonderen Zentralinstituts in Be- 
wegung zu setzen, würde wohl sehr kostspielig 
werden; dagegen halte er die Kontrolle gerade 
durch die örtliche Genossenschaft für verhältnis- 
mäßig leicht. 
Was die großen Meliorationen betreffe, so sei 
von Herrn Dr. Salomonsohn befürwortet worden, 
eine Zwangsgenossenschaft für das ganze Land 
zu errichten. In Agypten sei dies allerdings ge- 
schehen, doch lägen dort die Verhältnisse insofern 
anders, als zum Beispiel durch die Niltalsperre 
tatsächlich das ganze Land Vorteil habe. Nach 
seiner Kenntnis südwestafrikanischer Verhältnisse 
kämen dort Meliorationen, welche sich auf das 
ganze Land erstreckten, wohl nicht in Frage; er 
halte es deshalb für richtig, die von Fall zu 
Fall zu errichtenden Zwangsgenossenschaften nur 
soweit auszudehnen, als die Wirkung der be- 
treffenden Meliorationen reiche. 
Herr Dr. Salomonsohn bat, seinen Stand- 
punkt dahin präzisieren zu dürfen: Er emp- 
fehle, sämtliche Meliorationen von einer obersten, 
vom Staate losgelösten Stelle ausgehen zu lassen, 
dagegen die Regelung des übrigen Kredits, be- 
sonders des Betriebskredits und der kleineren 
Meliorationen, die nur auf einzelne Farmen sich 
erstrecken, einem zweiten als Zentralgenossenschaft 
zu errichtendem Institut zu übertragen. 
Herr Kommerzienrat Seiler: Er glaube, daß 
für die Meliorationen nicht eine über das ganze 
Land sich erstreckende Zwangsgenossenschaft, 
sondern für jeden Bezirk eine besondere Zwangs- 
genossenschaft zu errichten sei. Bei Fragen der 
Kreditgewährung sei die Errichtung freier Ge- 
nossenschaften zweckmäßiger. 
Nachdem der Vorsitzende auf eine Anfrage 
bemerkt hatte, daß die Verhandlungen vertrau- 
lichen Charakter trügen und daß der Presse nach 
Schluß der Beratungen ein Resumé zugängig 
gemacht werden würde, wurde die Sitzung auf 
den nächsten Tag vertagt. 
1* 1
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.