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2. Tag.
Berlin, den 29. September 1911.
Gegenwärtig:
Die oben bezeichneten Herren mit Ausnahme
des Herrn Eduard Woermann, Hamburg.
Nach Wiedereröffnung der Sitzung erklärte
der Vorsitzende, er dürfe wohl das Ergebnis
der gestrigen Beratungen dahin zusammenfassen:
Es werde allgemein anerkannt, daß in Deutsch-
Südwestafrika ein Bedürfnis vorliege, den Farmern
Kredit zu verschaffen.
Was zunächst den Bodenkredit anbelange, so
sei hervorgehoben worden, daß bereits eine starke
hypothekarische Belastung der Farmen, die haupt-
sächlich aus den staatlichen Restkaufgeldern und
Ansiedlungsbeihilfen resultiere, bestehe, daß der
Grund und Boden noch keinen einigermaßen
sicheren Marktwert habe und bei Zwangsver-
steigerungen in den meisten Fällen der Gläubiger
das Grundstück übernehmen müsse, wobei der
Preis erheblich hinter dem bei freihändigen Ver-
kauf erzielten zurückbleibe. Angesichts dieser Tat-
sachen sei die Schaffung eines eigentlichen Boden-
kredits, namentlich, soweit die Ausgabe von
Pfandbriefen in Frage komme, noch verfrüht.
Bei dem Meliorationskredit habe man ge-
schieden zwischen dem Kredit für die großen Be-
wässerungsanlagen und dem für kleinere Melio-
rationen. An die Ausführung größerer Anlagen
könne zur Zeit, da nötigere Aufgaben vorlägen,
nicht gegangen werden. Wenn man später dieser
Frage werde näher treten können, so würde vor-
aussichtlich ein Eingreifen des Staates oder kräf-
tiger Bezirks= oder Kommunalverbände erfolgen
müssen. Dagegen sei die Organisation des Kredites
jür kleinere Meliorationen, Wasserbohrungen, Er-
richtung von Staudämmen und Untergrundwehren
alsbald in Angriff zu nehmen. Neben den auf-
geführten Maßnahmen kämen, wie er ergänzend
anführen wolle, Einzäunungen, die besonders bei
den Straußenfarmen eine große Rolle spielten,
in gewissem Umfange auch der Häuserbau, insbe-
sondere die Errichtung von Wirtschaftsgebäuden,
als kleinere Meliorationen in Frage.
Uberwiegend sei die Ansicht vertreten worden,
daß der Unterbau dieser Organisation auf ge-
nossenschaftlicher Basis zu erfolgen habe, weil
dabei eine Haftung der einzelnen Farmer herbei-
geführt und damit ihr Interesse an sachgemäßer
Durchführung der Meliorationen geweckt und
wachgehalten werde. Dieser Meliorationskredit
sei gegen reale Sicherheit zu gewähren.
Auch die dritte Art des Kredits, der Betriebs-
kredit, könnte dann auf genossenschaftlichem Wege
beschafft werden, aber nicht gegen Realsicherheit,
sondern gegen Wechsel, Bürgschaften und die
beim Personalkredit sonst üblichen Unterlagen.
Es sei erforderlich, daß die Genossenschaften
über das ganze Land sich erstreckten, etwa be-
zirksweise gegründet und zu einer Zentralge-
nossenschaft mit dem Sitze in Windhuk zusammen-
gefaßt würden. Es würde dann Sache der Ver-
einbarung mit der Zentralgenossenschaft sein,
unter welchen Bedingungen Gelder von der
Zentralgenossenschaft an die örtlichen Genossen-
schaften und weiter von diesen an die Genossen
gegeben würden. Die Zentralgenossenschaft müsse
mit Geldmitteln ausgestattet werden.
Er bitte, sich zu äußern, ob er hiermit die
Auffassung der Kommission richtig wiedergegeben
habe.
Herr Dr. Salomonsohn: Das Resumé ent-
spräche der Auffassung der Kommission. Nur
in einigen Punkten dürfe er sich wohl eine Er-
gänzung gestatten.
Die Herren hätten durchweg die Ansicht ver-
treten, daß auch die großen Meliorationen als-
bald in Angriff zu nehmen seien, weil ohne sie
das Schutzgebiet kaum vorwärts würde kommen
können.
Er habe gestern ferner noch angeregt, daß der
Kredit von 3 200 000 /, der jetzt die Gestalt
des Bodenkredits habe, nach seinem Ursprung
aber eigentlich Betriebskredit sei, in langfristigen
Kredit umgewandelt werde. Diese Aufgabe halte
er für dringlich.
Weiter habe er angeregt, was allerdings
nicht erörtert worden sei, nach seiner Meinung
aber von großer Bedeutung für das Schutzgebiet
wäre, daß die Amortisation der Restkaufgelder
und Ansiedlungsbeihilfen über einen Zeitraum
von 25 bis 30 Jahren zu erstrecken sei. Die
Entwicklung in den fremden Kolonien zeige, daß
die jetzige Frist von 15 Jahren zu kurz sei. Bei
einer Verlängerung der Amortisation müsse dann
wohl aber der Staat mäßige Zinsen, etwa 4%,
verlangen.
Herr Direktor Dr. Tröltsch: Diese letztere
Auregung des Herrn Dr. Salomonsohn halte er
vom Standpunkt des Bodenkredits für beachtlich.
Er könne allerdings ziffernmäßig nicht angeben,
welchen Erfolg die Maßnahme haben würde.
Die Frage, wie man es mit der Belastung
mit den 3 200 000./¼ halten solle, sei wohl am
zweckmäßigsten zusammen mit der Frage des
Betriebskredits zu erörtern, da diese Belastung,
auch wenn sie in eine langfristige umgewandelt
werde, immer Betriebskredit bleibe.
Herr Dr. Salomonsohn: Er lege auf die
Umwandlung des Kredits von 3200 000.¼¾ in
einen langfristigen deswegen großen Wert, weil