Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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gerade über diese Frage große Erhebungen an- 
gestellt und habe sich auf den gleichen Stand- 
punkt gestellt. Er verweise auf die Abhandlung 
von Schaeffle, in der nachgewiesen werde, daß 
eine solche Umwandlung zum Ruin der Land- 
wirtschaft führe. 
Herr Senator Strandes: Auch er halte die 
Verlängerung der Amortisationspflicht für sehr 
zweckmäßig. 
Herr Dr. Salomonsohn: Herr Präsident 
Heiligenstadt habe sich wohl bei seinen Ausfüh- 
rungen zu sehr von der Theorie beherrschen lassen, 
und sei auch der Entwicklung der Verhältnisse 
voransgeeilt. Vorläufig sei in Südwestafrika kein 
überschüssiges Geld vorhanden. Die von der 
Windhuker Genossenschaft eingezahlten Beträge 
seien im Vergleich zu den Mitteln, die erforderlich 
seien, das Kreditbedürfnis der Farmer zu be- 
friedigen, doch unbedeutend. Den Genossenschaften 
fielen nach seiner Meinung mehr wirtschaftliche 
Aufgaben als die Sorge um Unterbringung über- 
schüssiger Gelder zu, und für solche hätten sie 
Mittel bereitzustellen. Auch die Zentralgenossen- 
schaft hätte in der Hauptsache nur bei den wirt- 
schaftlichen Aufgaben einzugreifen. 
Bei der Umwandlung des zur Zeit kurzfristigen 
Kredits von 3200 000 in einen langfristigen 
Kredit würde eine Überschuldung der Farmen nicht 
eintreten, weil diese Belastung nicht über die 
Sicherheitsgrenze hinausgehe. Unter normalen 
Verhältnissen, das heiße, wenn genügend Real- 
kredit vorhanden gewesen wäre, würden die 
Farmer diesen Betrag gleich als hypothekarischen 
Kredit ausgenommen haben. 
Geld ktönne in Südwestafrika nur beschafft 
werden unter Mitwirkung des Staates, insbesondere 
wäre an eine Ausgabe von Pfandbriefen nur zu 
denten, wenn der Staat die Garantie übernähme; 
dann könne aber auch der Staat das Geschäft 
selbst machen. Er würde dabei nicht schlecht 
fahren; das Schlimmste, was passieren könne, sei, 
daß er die von ihm verkauften Farmen, die in- 
zwischen jedenfalls keine Verschlechterung erfahren 
hätten, wieder übernehmen müsse. Natürlich könne 
nicht unterschiedslos jede solche dritte Hypothek 
abgelöst werden, vielmehr sei von Fall zu Fall 
zu untersuchen, ob die Beleihung noch innerhalb 
der Sicherheitsgrenze liege. Er sei mit Herrn 
Präsidenten Dr. Heiligenstadt einer Meinung, daß 
ein Uberschreiten der Beleihungsgrenze auf alle 
Fälle zu vermeiden sei. 
Wie die Ausführungen des Herrn Geheimrats 
Siller ergäben, wäre die Aufnahme des Kredits 
von 3200 000 . seinerzeit nötig gewesen. 
Wenn der Staat jetzt hier einträte, so würde er 
damit nicht nur den Farmern helfen, sondern zu- 
  
gleich auch den Kaufleuten das festgelegte Geld 
wieder freimachen und dadurch indirekt es den 
Farmern erleichtern, Betriebskredit, eben aus den 
flüssig gewordenen Mitteln, zu erhalten. 
Herr Präsident Dr. Heiligenstadt: Er habe 
seinen Ansführungen vorausgeschickt, daß sie in- 
soweit nur theoretisch sein könnten, als er die 
örtlichen Verhältnisse nicht kennen gelernt habe. 
Wenn die Belastung mit den 3 200 000 ./ 
innerhalb der „mündelsicheren Beleihungsgrenze“ 
liege, um diesen Ausdruck zu gebrauchen, so 
brauchte der Umwandlung schließlich aus Zweck- 
mäßigkeitsgründen nicht widersprochen werden. 
Immerhin begegne es einigem Bedenken, wenn 
durch Warenschulden eine weitere Verschuldung 
der Grundstücke herbeigeführt werde. 
Wie die Geldmittel zu beschaffen seien, sei 
nach seiner Meinung nach der Tagesordnung hier 
nicht zu erörtern; er sei auch nicht in der Lage 
sich dazu zu äußern. 
Der Vorsitzende brachte zur Kenntnis, daß 
die Genossenschaftsbank Windhuk im Jahre 1909 
119 Mitglieder mit einer Gesamthaftsumme von 
595 000 gehabt habe und daß der Umsatz 
20 Millionen Mark gegen 8 Millionen Mark im 
Jahre 1908 betragen habe. 
Herr Präsident Dr. Heiligenstadt: Wenn 
er die Ausführungen des Herrn Dr. Salomonsohn 
recht verstanden habe, so wünsche dieser, daß die 
Regierung eine Verschuldungsgrenze für die Farmen 
festsetze. Der Gedanke sei sehr gesund, aber einen 
Weg, wie er durchzusetzen wäre, zu finden, sei 
recht schwierig. Das Preußische Gesetz, das sich 
mit dieser Materie befasse, stände vorläufig nur 
auf dem Papier. Zedenfalls würde der Vorschlag 
des Herrn Dr. Salomonsohn die Kolonial= 
verwaltung vor eine recht schwierige Aufgabe 
stellen. 
Herr Dr. Salomonsohn: Die Verhältnisse 
lägen im Schutzgebiet anders wie in Preußen; 
es könne ohne weiteres der Weg gewählt werden, 
daß die dritte Hypothek nur unter der ausdrück- 
lichen Bedingung, daß das Grundstück nicht weiter 
beliehen werde, abgelöst werde. 
Auf den Einwurf des Herrn Präsidenten 
Dr. Heiligenstadt, daß hierdurch bei einem Steigen 
des Grundstückswertes die dann gerechtfertigte 
Aufnahme eines weiteren hypothekarischen Kredites 
ausgeschlossen sei, erwidere er, daß eventuell unter 
diesen Umständen dem Farmer keine Schwierig- 
keiten bereiten würde, die Hypothek der Regierung 
abzulösen und sich damit von der Beleihungs- 
grenze zu befreien. 
Auf den weiteren Vorwurf des Herrn 
Präsidenten Dr. Heiligenstadt, daß durch diese 
Maßnahme es auch den Genossenschaften unmöglich
	        
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