Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

G 129 20 
cs ist ihnen zumeist, wie namentlich allen Notenbanken, 
die Festlegung der Gelder in landwirtschaftlichen Kre- 
diten direkt verboten. Wohl aber dürfen sie Depositen 
annehmen und verzinsen. So verzinst z. B. die Bank 
ot Britich West Africa Depositen von Eingeborenen mit 
1 b. H. Für die englischen Banken in den #ronkolonien 
ist ein Normalstamt ausgearbeitet, welches den Ge- 
schäftebereich mit den erörterten Begrenzungen genau 
regelt. 
Die fraunzösischen Rolonialbanken stehen fast alle 
unter Staatsausfsicht, vor allem die älteren für West- 
indien. Senegal usw. begründeten, dann aber auch die 
neueren, wic die für Indochina, und zwar unter einer 
Cmmision de surveillande des handues coloninles in 
Paris. Das Depositengeschäft wird von diesen Banken 
zum Teil weniger gepflegt als von den englischen Banken, 
dagegen machen sie vielfach Geschäfte mit der Landwirt- 
schaft, die bei den englischen Banken nicht vorkommen. 
Trotzdem erforderte auch die fran zösische Organisation 
des kolonialen Kreditwesens noch besondere Instituic 
für den land wirtschaftlichen Kredit. 
Auch die Bankorganisation in Niederländisch- 
Undien diente bisher zwar dem kaufmännischen Kredit- 
wesen und der Erhaltung der Währung, war aber nicht 
für die landwirtschaftlichen Kreditbedürfnisse bestimmt. 
die Bank von Java, welche die Noten für Oollüändisch- 
Bestindien ausgibt und die Währung aufrecht erhält, 
arbeitet in Verbindung mit der Bank der Niederlande 
mit dem eng begrenzien Geschäftsbereich einer Noten- 
bumk. Ahnlict) liegen die Verhältnisse in den deutschen 
S4mügebieten. worüber weiterhin noch nähere Angaben 
gemact werden sollen. 
Landwirtschaftlicher Personalkredit in den 
wichtigsten Kolonien und kolonialen Neu- 
ländern. 
Die überall noch notwendige Ausgestaltung des land= 
wirtschaftlichen Nreditwesens in den Kolonien kann sich 
nur in wenigen Fällen an die soeben sti#zierte allgemeine 
Bankorganisation in den Kolonien anlehnen, am ehesten 
noch beim landwirtschaftlichen Personalkredit, der 
keine dauernde Festlegung der Kapitalien mit sich 
bringt. Es handelt sich hier um kurgfristigen Rredit 
kr Pflan zer und Farmer, die das in ihrer Landwirt- 
schaft angelegte Betriebslapital durch deren Ertrag, 
alio namentlich durch die jährliche Ernte wieder 
berauswirtschaften und ingwischen für Bedürfnisse der 
Lauswirtschaft, aber auch der Landwirtschaft selbst, 
wie Beschaffung von Saat, Maschinen, guchtvieh usw. 
Barmittel benötigen. 
Die Franzosen haben hierfür, zum Teil mit An- 
lehnung an die kaufmännischen Bankinstitute, vielfach 
mit gutem Erfolg. teilweise auch mit Mißerfolg, den 
erntekredit ausgebildet. Die hierbei gemachten Er- 
fahrungen geben zurück bis in die Mitte des vorigen 
Jahrhunderts, nämlich auf das Gesetz vom 11. Juui 1851, 
das die Kolonialbanken für die PRlantagenkolonien 
Martiniqnc, Guadelonpe und Rennion organisierte. 
Lazu kommen dann noch die ähnlichen Banken in 
Senegal und Guyana. Mit diesen Preditinstituten 
gum der Staat zur Förderung des Rreditwesens ein, 
als die Plantagenbesitzer nach Aufhebung der Sklaverei 
in eine kritische Lage gekommen waren. Nachdem 
man mit dem System der Verteilung von direkten 
Beibilfen an die Pflanzer schlechte Erfahrungen ge- 
macht hatte, zog man es vor, die zur Unterstützungs- 
aktion verfügbaren Mittel zur Doticrung von Darlehus- 
lassen zu verwenden, die den Kolonisten auch Vorschüsse auf 
ibre Waren und Ernten geben sollten. Die Beleihung der 
Ernte auf dem Halm wurde bis zur Hälfte ihres ge- 
schatzten Wertes für zulässig erklärt. Diese Einrichtung 
  
hat den Pflanzern über die Krisis hinweggebolfen und 
den Banken wohl überwiegend Gewinne gebracht. Selbst 
in schlechten zeiten hat dieses Syftem des landwirtschaft- 
lichen Personalkredites sich vielfach bewährt. So ist 3. B. 
in einem neueren Berichte der Bank von Martinique hier- 
über folgendes zu lesen: „Trotz der wenig lohnenden 
Preise unserer wichtigsten Erzeugnisse und einer Miß- 
erme werden wir in diesem Jahre doch unsere land- 
wirtschaftlichen Vorschüsse in einer zufriedenstellenden 
Weise liquidieren können. Von 2529 414.78 Frcs., die 
für diese Ernte vorgeschossen wurden, sind nur noch 
35 226 Frcs ansftehend. Ihre Rückzahlung ist durch 
Produkte sichergestellt, die noch zu realisieren sind.“ 
Für die Organisation dieser älteren französischen Ko- 
lonialbanken ist es wesentlich, daß sie halböffentliche 
Institute sind. Der Schaumeister der Rolonie ist cx 
offierio Mitglied des Verwaltungsrates, und der 
Direktor oder der Präsident der Bunk wird von dem 
Präsidemen der Französischen Republik auf Vorschlag 
des Finanzministers ernannt. Es können keine Divi- 
denden verteilt werden ohne die Genehmigung des 
Finanzministers, der durch den Kolonialminister ver- 
treten wird. 
Die Unternehmungen dieser Banken umfassen die 
allgemeinen Bankgeschäfte mit der Beschräukung, daß 
Wechseldarlehen nur für 4 Monate gewährt werden 
und daß zwei Unterschriften erforderlich sind. Die 
Notenzirkulation darf den dreifachen Betrag der Metall- 
reserve, welche die Bank hält, nicht überschreiten. Dazu 
kommen die erwähnten landwirtschaftlichen Darlehen, 
hauptsächlich gegen Verpfändung der Ernte, deren Wert 
durch Sachverständige eingeschäunt wird. Gefährlich 
wurde dieser Erntekredit nur. wenn er zu einseitig auf 
cin eingelnes Plantagenprodukt, z. B. Zucker, gegeben 
wurde. Dadurch kamen die Banken vielfach in eine 
kritische Lage und musien die Oilfe der französischen 
Regierung in Anspruch nehmen. Die juristischen 
Schwierigkeiten gegenüber dem Erntekredit bestanden 
darin, daß das gemeine Recht nur ein Pfandrecht an 
beweglichen Sachen kennt. Die Franzgosen überwanden 
sie nach lebhaften Kammerdebatten über diese Frage 
dadurch, daß sie anstatt der Verpfändung die Uber- 
tragung durch Vertrag einführten. Dagegen wurde 
die weiterhin verlangte Erstreckung des Pfandrechts 
auf die nächstfolgende Erute im Falle des Mißratens 
einer Ernute nicht geuehmigt. Nach ähnlichen Grund- 
sätzen wie diese älteren Banken sind dann die fran- 
zösischen Banken für Indochina und Westafrika organi- 
siert worden. In neuester Zeit ist noch eine kleinere 
Banduc française de I’Afrifue Ejumoriale hinzu- 
gekommen und für Madagaskar ist eine Banque de 
I’Afridue françuisce oriemale geplant. Die Zinssätze 
für landwirtschaftlichen Personaltredit betragen z. B. 
bei Vorschüssen auf 
--. .....,, anderen 
Ernte: Metall: Waren: Operationen: 
in Guadeloupe 5% —4 6 % 
-Gunana — 8% 600 6% 
"= Indochina 80% 6 bio 12% 5ö bis 7%. 
Oandelt cs sich bei den alten Kolonien Frankreichs 
um Kredit für Plantagen, hauptsächlich Zuckerplantagen, 
wofür der Erntekredit als passend gefunden wurde, so 
wurde in Algier das Problem ein anderes. Oier 
mußte erst eine ertragsfähige Landwirtschaft mit Oilfe 
billigen Kredites geschaffen werden. Die Bank von 
Algier sollte diese Bedürfnisse befriedigen. Sie wurde 
im Jahre 1851 als eine Noten= und Diskontbank ge- 
gründet mit 3 Millionen Franken Kapital und mit einem 
Privileg auf 20 Jahre. Der Staat schoß ihr 1 Million 
Franken zu einem ziussatze von 3% vor. Das Rapital 
wurde im Jahre 1867 auf 10 Millionen Franken und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.