Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Um jedoch einen allen Anforderungen der Fein- 
papierfabrikation genügenden rein weißen Halb- 
stoff zu erzeugen, müßte die Menge der anzu- 
wendenden Chemikalien so beträchtlich vergrößert 
werden, daß die Verarbeitung wohl an der 
Preisfrage scheitern dürfte, zumal durch die Ver- 
mehrung der Chemikalien auch gleichzeitig eine 
Verminderung der Ausbente bedingt ist. Sehr 
hindernd wirken ferner die ziemlich zahlreich vor- 
handenen kleinen Knoten, die wegen ihrer schweren 
Bleichbarkeit nur durch eine Vorsortierung vor 
dem Kochen entfernt werden könnten, was aber 
mit großen technischen Schwierigkeiten ver- 
bunden ist. 
Aus den im obigen angeführten Gründen 
  
erscheint die Verwendung weder des Andropogou-= 
noch des Elefantengrases mit den bis jetzt be- 
fannten Mitteln zur Herstellung von Papier wirt- 
schaftlich möglich zu sein, solange der Preis 
dieser Materialien sich nicht wesentlich billiger 
als der jetzt verwandten Faserarten, Stroh und 
Esparto stellt. 
Hierzu ist indessen noch zu bemerken, daß die 
betreffenden Versuche mit Proben von nahezu 
ausgewachsenen Gräsern angestellt worden sind. 
Ob sich die Verarbeitung von jüngeren Gräsern 
etwas rentabler gestaltet, wozu, wenigstens bei 
dem Elefantengras, einige Hoffnung vorhanden 
ist, müßte einer späteren Untersuchung vorbehalten 
bleiben. 
  
  
  
Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten. 
A#ndau einer neuen Baumwollart in figypten. 
Das Kaiserl. Kousulat in Alerxandrien berichtet: 
Die hiesige Baumwoll-Exportfirma J. Planta 
& Co. hat eine neue Baumwollart, „Assil“ ge- 
nannt, angepflanzt, die bestimmt ist, die in starker 
Entartung befindliche Mittelart Mitafifi zu ersetzen. 
Nach der Beschreibung gleicht die „Assil“-Pflanze 
im äußeren Habitus den schönsten Mitafifi-Exem- 
plaren, hat aber größere Kapseln. Der Ertrag 
pro Feddan (4200 am) belief sich in guten Län- 
dereien auf 5 bis 8 Kantars und in mittelmäßigen 
auf 3 bis 5 Kantars.“) Ausgenommen sind die 
Fälle, in denen Beschädigungen eintraten, sei es 
durch Raupen, Kapselwürmer oder Witterungs- 
einflüsse. Der Prozentsatz an Faser (ginning yield) 
ist beim „Assil“ größer als bei allen andern 
ägyptischen Baumwollarten. Er übersteigt im 
Mittel um wenigstens 6 v. H. denjenigen der 
„Mitafifi“ und „Nubari“ und um 10 v. H. den- 
jenigen der „Joanovich" und „Sakellarides“. 
Die Assilfaser unterscheidet sich in vorteilhafter 
Weise von der heutigen „Mitafifi“ durch ihre 
Länge und Feinheit, wie auch durch ihre Kraft 
und Gleichmäßigkeit. 
Die „Assil“ hat eine gleichmäßigere gelbliche 
Farbe als die „Mitafifi“ und zeigt nicht die 
ständig wachsende Beimengung von „Hindi“ (weiße, 
kurzstaplige Baumwolle), die seit mehreren Jahren 
schon das auffallendste Symptom der Degeneration 
der „Mitafifi“ bildet. 
Die Firma J. Planta verkauft jetzt den Samen 
an Pflanzer und rechnet darauf, daß in der näch- 
sten Ernte 40000 bis 50000 Ballen zu 337 kg 
gewonnen werden. Zwei Mitglieder der British 
*) 1 KNantar — 44,5 kg. 
  
Cotton Growing Asscciation haben die Assilbaum- 
wolle geprüft und erklärt, daß sie die geeignete 
Sorte für die englischen Spinnereien sei. Diese 
seien mit der Mitafifi-Sorte sehr unzufrieden und 
manche von ihnen hätten schon im vorigen Jahre 
anstatt Mitafifi mittlere und bessere amerikanische 
Sorten bezogen. Die Qualität der in der letzten 
Ernte erzielten Mitafifi-Baumwolle ist noch ge- 
ringer als in früheren Jahren. Auch die Sorten 
Joanovich und Nubari fangen schon an, schlechter 
zu werden. Die Regierung beschäftigt sich damit, 
Maßregeln zur Verbesserung des an die Pflanzer 
zur Verteilung kommenden Samens und zur Ver- 
hinderung der betrügerischen Mischung ober- 
ägyptischer Baumwolle mit Mitafifi-Baumwolle 
zu ergreifen. 
Die Baumwollindustrie Großbritanniens 1911.) 
In der ersten Hälfte des Jahres 1911 schien 
es, als würde trotz der am Schlusse des Vorjahres 
gehegten besseren Hoffnungen die Ungunst der 
Verhältnisse ferner andauern. Die Baumwollernte 
der Vereinigten Staaten von Amerika, die für die 
das Erntejahr 1909/10 ganz ungenügend gewesen 
war, brachte auch für 1910/11 nur einen knapp 
mittelmäßigen Ertrag. Die Preise für Rohbaum- 
wolle zogen wieder an und kamen im Mai und 
Juni dem abnorm hohen Stand von Ende 1909 
nahe. Es wurde befürchtet, daß unter diesen 
Verhältnissen die Webereien für die Erzeugung 
der Spinnereien nicht mehr volle Verwendung 
haben könnten, und es machte sich unter den 
Spinnereien eine auf planmäßige Verkürzung der 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1911, S. 440 f.
	        
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