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Redner hält es für erforderlich, zuerst durch ausgebil-
dete Flieger in den geplanten Verwendungsgebieten
Beobachtungen und Erfahrungen zu sammeln, ehe man
im größeren Maße Mittel für koloniale Flugzwecke auf-
wendet. Marokko und Tripolis, wo Flugzeuge schon
vielsach verwendet werden, können zum Vergleiche mit
unseren Kolonien wegen der sehr verschiedenartigen
Verhältnisse und Umstände nicht wohl herangezogen
werden. Die Tatsache aber, daß in Tripolis noch
kein teilnehmender Flieger in feindliche Hände geraten
ist, ist ein Beweis einer immerhin schon großen Zu-
verlässigkeit der Flugzeuge. In London hat sich das
African Aviation IFndicate zum Zweck der Studien
und des Betriebs von Flugzeugen in Afrika gebildet.
Der Redner empfiehlt die Verwendung von Flugzengen
in den Kolonien in erster Linie für gerophotogram-
metrische Zwecke und gibt eine Reihe von Vergleichs-
zahlen auf Grund der Berechnungen des Hauptmanns
Scheimpflug für die Kartographierung von Deursch-
Südwestafrika. An Stelle von 200 bis 250 Mil-
lionen Mark und 150 bis 170 Jahren Arbeitszeit,
würden sich bei Verwendung von Fesselballond die
Kosten auf 75 bis 80 Millionen Mark und die Arbeits-
zeit auf 16 Jahre verringern, unter Verwendung von
Luftschiffen auf 13 Millionen Mark und drei bis vier
Jahre Arbeitsgeit. Scheimpflug hat die Zeit nicht
mehr erlebt, in der das Flugzeng so weit entwickelt
war, daß es mit Vorteil an Stelle des Luftschiffes
treten kann, wodurch sicherlich die Rosten noch erheblich
verringert werden. Wenn die Fluggeng-Industrie durch
die koloniale Verwendung von Flugzeugen eine wesent-
liche Förderung erhalten haben wird, so wird dies im
bedeutenden Maße dem Flugsport und dadurch auch
der militärischen und wirtschaftlichen Verwendung zu-
gute kommen.
An Hand von aerophotogrammetrischen Aufnahmen
und einem Apparat referieren die Herren Dr. Weidert
und Dr. Günther über den heutigen Stand der
Photogrammetric.
Auf Antrag des Kommandos der Schutztruppen
faßte die Technische Kommission den Beschluß, dem
Kommando der Schutztruppen 4000 Mark zu dem Zweck
zur Verfügung zu stellen: den Oberleutnant der Kaiser-
lichen Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika Freiherrn
v. Hammerstein-Gesmold als Fluggeugführer
anszubilden.
Kongo—Sangha—llbangi-Erpedition.
Über die Vorbereitung der Kongo — Sangha
—llbangi-Expedition des Kolonial-Wirtschaft-
lichen Komitees berichtet der Vorsitzende:
Der Erwerb von Neu-Kamerun hat uns vor die
wassertechnische Aufgabe gestellt, die Flüsse Sangha,
Kadei-Dume, Dscha, Njong und seine Nebenflüsse
sowie den Ubangi und Lobaje teils als Zubringer
zur Kamerun-Mittelbahn, die in drei Jahren ihren
vorlänfigen Endpunkt M'Balmajo erreichen wird,
teils als Zufahrtsstraßen zum großen Kongo-
strom nutzbar zu machen. Das weitere Ziel ist die
Einführung einer deutschen Schiffahrt mit Roh-
ölmotoren auf den großen afrikanischen
Stromgebieten und Binnenseen. Zur Lösung
dieser großen Aufgabe soll die Kongo — Sangha —
Ubangi-Expedition beitragen.
Das Reichs-Kolonialamt und das Kaeiserliche
Gonvernement von Kamerun haben weitgehende
Förderung der Erpedition zugesichert. Die drüben
tätigen Gesellschaften, wie die Gesellschaft Süd-Kamerun,
die Westafrikanische Pflanzungs-Gesellschaft „Viktoria“,
In Sociéctc CommercicllIle Belgo-Allemande du Congo,
La Compagnie Forestière Sangha-Oubangui, die Deutsche
Kolonial-Eisenbahn-Bau= und Betrioebsgesellschaft und
ebenso die heimische Eisen-, Metall-- und Maschinen-
Industrie sind für das Unternehmen interessiert.
Als günstigste Zeit für die Schiffahrterkundung ist
die Periode der abnehmenden Wasser bis Niedrigst-
wasserstand, etwa Jannuar bis April, und eine kürzere
Periode im Herbst festgestellt. Dementsprechend soll
die Cxpedition die Ausreise im Degember antreten.
Für die Führung ist ein hervorragender Fachmann
gewonnen.
Inzwischen werden alle bisher von deutschen
Forschern und Offizieren vorliegenden Erfahrungen ge-
sammelt und gründlich bearbeitet werden, insbesondere
die Berichte über die Ergebnisse der französischen
Kongo—Sangha—lbangi-Expedition vom Jahre 1911,
die nach erfolgter Ratifikation des deutsch-frangösischen
Vertrages nunmehr zu erwirken sein dürften. In
Deutschland sind Versuche eingeleitet, um Sicherheit zu
gewinnen über eine rationelle Verwendung von
kolonialen Pflanzenölen für den Betrieb von
Schiffsmotoren: in Kamernn wie in Deutsch-Ost-
afrika sind Erhebungen im Gange über eventuell an
Ort und Stelle vorhandenc oder zu gewinnende Mengen
von Pflangenölen und deren Gestehungskosten bei
maschineller Gewinnung.
Im Hinblick auf die Wichtigkeit regelmäßiger
Witterungs= und Wasserstandsbeobachtungen für die
Sicherstellung der Ergebnisse der Schiffahrterkundung
hat das Komitee beim Reichs-Rolonialamt beantragt,
das Gouvernement von Kamerun zu veranlassen, auf
allen in Alt= und Neu-Kamerun für die Sangha—
Ubangi-Erxpedition in Betracht kommenden Regierungs-
und Militärstationen meteorologische Beobachtungen und
Pegelmessungen einzurichten.
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Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten.
Andau ägyptischer Baumwolle in Tezras.
Mit ägyptischer Baumwolle, die wegen ihres
Glanzes, der Länge ihres Stapels und der Festig-
keit ihrer Faser geschätzt ist, sind im Jahre 1911
Anbauversuche in Teras angestellt worden. Die
Pflanzen, die Mitte Mai auf der dem Anschauungs-
unterrichte dienenden Farm (demonstration farm)
der Imperial Irrigation Company in Buenavista,
Texas, unter normalen Kulturbedingungen aus-
gepflanzt wurden, gediehen vorzüglich; sie trugen
volles Laub und blühten so reichlich, daß jede
Pflanze 40 bis 80 Knollen aufwies. Das Wachs-
tum war gleichmäßig und unnnterbrochen; die
Stauden wurden 4½ bis reichlich 5 Fuß hoch.
Es ließ sich kein Unterschied zwischen der Ernte
von dem oberen Teile der Pflanzen (top crop)
und von dem unteren Teile (bottom erop) fest-
stellen. Die Baumwolle ließ sich gut pflücken und