Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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des Schutzgebiets immer lästiger werdenden Ver- 
kehrsbeschränkungen, wie Kontrolle und Ein- 
schränkungen der Bootsfahrten der Eingeborenen, 
Absperrungen großer Gebiete vom Verkehr usw. 
wegfallen. 
Eine weniger absolute aber doch immerhin 
genügende Sicherheit gegen die Verbreitung der 
Schlafkrankheit kann dadurch erzielt werden, daß 
einerseits die Schlafkranken nach Möglichkeit ver- 
hindert werden, in Gebiete zu gelangen, wo sie 
mit der Palpalis in Berührung kommen können 
und daß anderseits die Eingeborenen nach 
Möglichkeit vor den Stichen der Glosfinen ge- 
schützt werden. 
Zum Schutz gegen Einwanderung Schlafkranker 
in Glossinen-Gebiete werden die in Schirati und 
im Bukobabezirk bestehenden Einschränkungen der 
Freizügigkeit noch so lange aufrecht zu erhalten 
sein, als noch Schlafkranke in diesen Bezirken 
sind. Eine Kontrolle des Schiffsverkehrs mit 
Uganda auf etwaige Landung von Schlafkranken 
ist auch fernerhin notwendig, aber durch die in 
Uganda selbst ausgeführte Kontrolle über die 
Farbigen bei Besteigung des Dampfers erleichtert. 
Um die Eingeborenen vor den Stichen von 
Glossinen möglichst zu schützen, ist der Grundsatz 
aufgestellt worden, in Gegenden mit zahlreicher 
Eingeborenenbevölkerung die Glossina palpalis 
durch Abholzungen zu vertilgen, in Gegenden 
mit schwacher Bevölkerung aber, wo Abholzungen 
zunächst nicht durchführbar sind, die Bevölkerung 
zu verlegen. Dieser Grundsatz ist auch an den 
am meisten gefährdeten Punkten wie Ulkerewe, 
Bumbide bereits durchgeführt, an anderen Punkten 
in Ausführung. Zur Zeit meiner Anwesenheit 
waren die Einwohner der beiden großen Inseln 
Meissome und Luwondo in der Ubersiedelung 
nach geeigneteren Wohnorten begriffen. Die 
180 Familien von Meissome waren nach der 
Insel Kome, die 400 Familien von Luwondo 
nach dem Festlande gebracht worden, nur wenige 
Einwohner waren zur Einbringung der Ernte 
noch auf den Inseln geblieben. In ähnlicher 
Weise sollten die Einwohner der Insel Ikussa 
(60 Familien) und der Matinga-Iuseln (100 
Familien) nach dem Festland verlegt werden, 
da auf allen diesen Inseln die Zahl der Ein- 
wohner nicht genügt, um die dort vorhandene 
Glossina palpalis durch Abholzungen zu ver- 
treiben und dauernd fernzuhalten. 
Der Leiter der Schlafkrankheitsbekämpfung 
am Victoriasee Stabsarzt Dr. Kudicke hat einen 
Plan für die im Laufe der nächsten Jahre aus- 
zuführenden Arbeiten entworfen. Er geht davon 
aus, daß es nützlich wäre, möglichst ausgedehnte 
zusammenhängende Gebiete zu sanieren, damit 
ein Uberfliegen von Glossinen aus nicht sanierten 
  
Teilen möglichst vermieden wird, auch könnte 
dann innerhalb der sanierten Zone freier Ver- 
kehr der Eingeborenen ohne Gefahr gestattet 
werden. Endlich glaubt Stabsarzt Kudicke, daß 
bei Sanierung großer zusammenhängender Strecken 
ein Wiedererscheinen der Glossina selbst dann un- 
wahrscheinlich ist, wenn an einzelnen weniger 
bewohnten Stellen die Nachholzungen nicht regel- 
mäßig durchgeführt werden und die Vegetation 
im Laufe der Zeit wieder nachwachsen sollte. 
Er will die Bukobaküste zusammenhängend von 
Norden bis Niamgadjo einschließlich des Insel- 
gebiets von Bumbide sanieren, dagegen die 
großen Inselgruppen Meissome, Luwonda, Matinga 
einschließlich der daran stoßenden menschenleeren 
Teile des Festlandes im Westen und Süden des 
Sees als großes Fliegenreservat von Eingeborenen 
völlig entvölkern und sperren. Der eigentliche 
Emin-Pascha-Golf und die Südküste des Sees 
östlich von Kosuntu sollen wieder von der Palpalis 
gereinigt werden. Im Muanza= Bezirk strebt 
Kudicke ein ähnliches Vorgehen an. Er glaubt, 
daß dieser Plan in etwa fünf Jahren durchge- 
führt werden könnte, vorausgesetzt, daß die zur 
Bekämpfung der Schlafkrankheit jetzt zur Ver- 
fügung stehenden Mittel auch für diese Jahre 
weiter gewährt werden. Ich halte diesen Plan 
für zweckmäßig. Die Kartenskizze Nr. 2 erläuntert 
das Nähere. 
Ein Punkt erscheint mir noch erwähnenswert. 
Wenn man die ausgedehnten Abholzungen auf 
Kome mit den beschränkten, die großen Bäume 
erhaltenden und trotzdem erfolgreichen Abholzungen 
am Morifluß vergleicht, kann man sich des Ge- 
dankens nicht erwehren, daß bei den Abholzungs- 
arbeiten auch des Guten zu viel geschehen kann. 
Wenn mehr als notwendig abgeholzt wird, geht 
nicht nur ein Bestand von Bäumen ohne Nutzen 
zugrunde, sondern die Arbeiten der Abholzungen 
werden auch verteuert und verlangsamt. Es 
wird daher zunächst notwendig sein festzustellen, 
wie breit die Abholzung vom Strande aus sein 
muß, um der (llossina palpalis die Daseinsbe- 
dingungen zu nehmen, und in welchen Abständen 
etwa große Bäume ohne Schaden stehen bleiben 
können. Vielleicht haben die oben angedeuteten 
Versuche von Stabsarzt Dr. Kudicke schon jetzt 
diese Fragen geklärt. Auch die Frage der Ver- 
wertung des bei den Sanierungsarbeiten gefällten 
Holzes ist von Wichtigkeit. Stabsarzt Dr. Kudicke 
hat sich große Mühe gegeben, das gewonnene 
Holz zu verkaufen, aber erst nach langen Ver- 
handlungen ist es ihm gelungen, für das in 
Bumbide am Ufer aufsgestapelte zerkleinerte Brenn- 
holz ein geringes Angebot zu erhalten. Der Grund 
dafür ist hauptsächlich darin zu suchen, daß für 
das Schlagen von Holz außer in Wäldern, welche
	        
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