Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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außerdem noch 3 bis 4 wagerechte Striche auf 
den Wangen. 
Diese Verschiedenheit innerhalb der einzelnen 
Werften gibt doch zu Zweifeln Anlaß, ob wirklich 
bestimmte Stammesmarken bestehen. 
Ich sah auch eine ganze Menge Männer, die 
gar keine Tätowierung hatten. Als ich einen 
danach fragte, warum er keine Abzeichen trüge, 
sagte er: „Er fände es nicht schön.“ 
Die beiden Buschleute, die ich von Gautscha 
als Führer nach Nama mitgenommen hatte, 
malten sich unterwegs mit Hilfe von Fett und 
Ruß ein großes schwarzes Kreuz auf die Stirn. 
Sie behaupteten, dadurch gegen Krankheit und 
Gefahr geschützt zu sein, wenn sie fremdes Land 
(einen anderen Familienbezirk) betreten. 
Daß auch manchmal der ganze Körper mit 
Salbe, die mit Farbe (rotem Eisenoxyd) vermischt 
ist, eingerieben wird, konnte ich in einem Falle 
feststellen. Unter den Leuten, die uns vor Kauara 
empfingen, glänzte einer vom Kopf bis zu Fuß 
im wundervollsten Kupferbraun. Er sah mehr 
einer Rothaut ähnlich als einem Buschmann. 
Steatopygie wurde nicht beobachtet. 
In der Bekleidung sind mir zwischen Nord 
und Süd keine wesentlichen Unterschiede auf- 
gefallen. 
Schmuckgegenstände waren aber bei den Kung 
nicht so reichlich vertreten wie bei den Auin. 
Den Haupischmuck, die moletsa-Ketten, fand 
ich nur in einigen recht minderwertigen Exem- 
plaren. Wahrscheinlich weil die Strauße oben 
seltener sind. 
Ketten und Haarschmuck aus Tsamakernen 
habe ich gar nicht gesehen, wohl darum, weil 
im Kaukau-Veld keine Tsama vorkommen. Kauri- 
muscheln kamen vor. Glasperlen, Eisenperlen 
und Kupferringe waren häufiger. Von den überall 
so bekannten Tanzrasseln aus Schmetterlingskokons 
konnte kaum ein brauchbares Stück aufgetrieben 
werden. Von Waffen findet sich hauptsächlich 
Pfeil und Bogen. Als Pfeilspitzen überwiegen die 
aus Knochen, mit bräunlichem oder schwärzlichem 
Pfeilgift bestrichenen. Auch Ovambomesser waren 
häufig. 
Köcher aus Holz oder Baumrinde waren fast 
gar nicht im Gebrauch. Meist wurden Leder— 
täschchen in Köcherform zur Aufbewahrung der 
Pfeile benutzt. Die vergifteten Spitzen steckten in 
einem kleinen Köcher, der aus dem Gehörn der 
großen Antilopen hergestellt wird. Zum Gesicht— 
glätten wird ein messerähnliches glattes Stück 
Blech verwendet, auf dem meist primitive Ver— 
zierungen eingeritzt sind. 
Die bekannten Miniatur-Bogenausrüstungen 
waren überaus hänfig, dagegen habe ich nur 
einen einzigen Assagai gesehen. 
  
Auffallend reich waren die Werften mit Holz= 
gefäßen aller Art versehen. Hier gab es Mörser, 
Schalen, Schüsseln und Töpfe in verschiedenster 
Größe und Form. Alles war solide und sauber 
gearbeitet. Kleine Holzarbeiten, wie z. B. Löffel, 
fertigen die Buschleute selber an. Alles andere 
wird vom Okawango bezogen. Daher beziehen 
sie auch alle Eisenteile, die sie zur Herstellung von 
Waffen und Handwerkszeug gebrauchen. 
Seit Jahren hat sich schon ein regelrechter 
Handelsverkehr mit den Betschuanen vom Ngami- 
See herausgebildet. Streitwolf schreibt in seinem 
Buch „Der Caprivizipfel“: 
„Um die gute Weide des Sandfeldes aus- 
zunutzen, senden die Eingeborenen des Ngami- 
landes ihre Viehposten für die Zeit, wo das 
Regenwasser der Vleys im Sandfelde vorhält, 
fort aus den Flußgebieten, und wir finden dann 
viele Betschuanenposten westlich des Ngami nach 
unserer Grenze zu. Zum Teil auch sicher in 
unserem Gebiet.“ 
Dies kann ich jetzt bestätigen. Es handelt 
sich aber nicht allein um das Vorschieben von 
Viehposten, sondern hauptsächlich auch um Jagd- 
expeditionen. 
Die Betschuanen sollen im Ngamiland sehr 
unter dem Großwild aufgeräumt haben und die 
englische Verwaltung hat versucht, dieser Aas- 
jägerei allmählich zu steuern. 
Da nun das Schießen von Giraffen, Elens 
und Straußen dort verboten ist, kommen sie zu 
uns und schießen ab, was ihnen vor die Flinte 
kommt. 
In jedem Jahr, bald nach der Regenzeit, 
erscheinen sie mit Pferden, Reitochsen und Wagen 
und beginnen eine systematische Absuchung des 
Kaukau-Veldes. Nach Norden drangen sie bis 
Kauara, nach Westen bis Debra vor. In 
Tsumkui, Gautscha, Garu und Namg zeugten 
frischer Kraal und frischer Ochsenmist von ihrer 
Anwesenheit. Hauptsächlich versuchen sie, Giraffen 
zur Strecke zu bringen, sonst nehmen sie aber auch 
mit Elens, Straußen und anderen Antilopen 
fürlieb. 
Was sie nicht selbst schießen, erhandeln sie 
von Buschleuten. Diese sind ganz darauf ein- 
gerichtet und legen die Hörner und Felle zurück, 
bis die Händler wiederkommen. In einem Wind- 
schirm der Werft Kauara fiel mir ein Bündel 
auf, welches in Form einer Korbreuse aus langen 
Grashalmen kunstvoll zusammengeflochten war. 
Ich ließ es öffnen und fand darin: Straußen- 
feder n, fertig zum Versand! 
Noch sorgsamer bewahren die Lente von 
Geitza die geoßen Straußenfedern auf: Es wird 
eine Rute in Länge der Straußenfedern von einem 
Strauch (Grewia spec. Herero Omuhe) abge- 
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