Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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touren besucht werden. Sobald sich dann Ge- 
legenheit, nach Neumecklenburg zu kommen, 
bieten würde, sollten wir, d. h. der landwirt- 
schaftliche Sachverständige beim Gouvernement 
Dr. Gehrmann und ich, nach Namatanai hin- 
überfahren und von dort zu Fuß bis Käwieng 
marschieren. Die Reise nach Kaiser Wilhelms- 
land sollten wir dann nach unserer Rückkehr in 
Gemeinschaft mit dem Gouverneur ausführen. 
Gleich nach meiner Ankunft im Schutzgebiet 
setzte aber ein derartig heftiger Nordwest-Passat, 
verbunden mit heftigem und anhaltendem Regen, 
ein, daß es nicht möglich war, in die Pflanzungen 
zu gehen. Ich benutzte daher die Zeit des Auf- 
enthaltes in Rabaul zur Durchsicht der einschläg- 
lichen Akten des Gouvernements und zu einer 
Bestandsaufnahme des botanischen Gartens. Eine 
in Gemeinschaft mit Bezirksamtmann Stübel 
nach der Südküste von Neupommern geplante 
Reise mußte aufgegeben werden, weil der be- 
treffende Dampfer, der uns dorthin bringen 
sollte, des schlechten Wetters wegen nicht aus- 
laufen konnte. 
Am 26. bot sich durch den Dampfer „Sumatra" 
vom Norddeutschen Lloyd, der die Küstenfahrt 
im Bismarckarchipel versieht, Gelegenheit, nach 
Neumecklenburg zu gelangen. Bei Tages- 
grauen trafen wir am 27. vor Namatanai ein 
und konnten Kaisers-Geburtstag auf der dortigen 
Regierungsstation feiern. Leider verregnete das 
für die Eingeborenen hergerichtete große Fest. 
Der folgende Tag erlaubte infolge dauernden 
Regens den Abmarsch nicht. Wir marschierten 
dann am 29. Januar zusammen mit Stations- 
leiter Wostrak und dem dort seit kurzem statio- 
nierten Regierungsarzte Dr. Kröning nach Labur 
an der Westküste der Insel ab. Neumecklenburg 
ist ein schmales, sehr langgestrecktes Land, durch 
das sich in der Länge mehr oder weniger hohe 
Gebirgszüge hindurchziehen. Die Küste hat einen 
teils schmalen, teils breiteren Gürtel niedrigen 
Vorlandes. Diese Beschaffenheit des Landes 
bringt es mit sich, daß sich die Pflanzungen an 
der Küste befinden und auch die noch wenig aus- 
gebauten Verkehrswege sich an dieser entlang- 
ziehen. Menn unsere Reise programmäßig ver- 
lief, so mußten wir auf unserem Wege alle be- 
deutenderen Pflanzungen der Insel kennen lernen. 
Wir marschierten auf der Westseite der Insel bis 
in die Landschaft Messi. Auf diesem Wege 
sahen wir die beiden im letzten Jahre begonnenen 
Pflanzungen von Hornung und von der Kalili- 
gesellschaft, wir machten ferner einen Abstecher 
nach der Pflanzung von Hansen in Karu und 
durchquerten hierbei die Insel zweimal an ihrer 
schmalsten Stelle. 
Durch die Veröffentlichung der Ergebnisse der 
  
Reise von Professor Sapper nach Neu-Mecklen- 
burg in den „Mitteilungen aus den deutschen 
Schutzgebieten“ ist man in weiteren Kreisen auf 
das sogenannte Läletplateau aufmerksam ge- 
worden. Sapper spricht sich hier zuversichtlich 
bezüglich der wirtschaftlichen Möglichkeiten dieses 
etwa 800 m hoch gelegenen Gebiets aus. Es 
war daher dem Gouverneur daran gelegen, ge- 
nauere Unterlagen über die wirtschaftlichen Mög- 
lichkeiten dieses Gebiets zu erhalten, und so hatten 
wir den Besuch des Plateaus in unseren Reise- 
plan ausgenommen. Von der Landschaft Messi 
aus stiegen wir auf einem sehr beschwerlichen 
Wege, der aber nach Angabe der Eingeborenen 
der beste sein sollte, bei schwerem Regen in einem 
Tage auf das Plateau hinauf. Wir blieben bei 
gutem Wetter zwei Tage oben. Aus folgenden 
Gründen kamen wir zu der Ansicht, daß das 
Plateau vorläufig ohne jeden wirtschaftlichen 
Wert ist: 
1. Die Zerrissenheit des Geländes erlaubt den 
Plantagenbau nicht. 
2. Es herrscht hier während eines großen Teiles 
des Jahres Wassermangel. 
3. Das Gelände ist für die dortigen Verhält- 
nisse mit Eingeborenen stark besiedelt. Der 
Plantagenbau derselben nimmt bei dem ge- 
ringen Ertrage der Felder fast die ganze 
bebaufähige Fläche in Anspruch. 
4. Das Plateau, dessen Größe nach oberfläch- 
licher Schätzung etwa 6000 bis 8000 ha 
betragen mag, ist nicht groß genug, um die 
bei etwaigem Plautagenbau — Sapper denkt 
an Kaffeebau — für notwendige Wegebauten 
entstehenden Kosten zu lohnen. 
Wie auch Sapper schreibt, haben wir hier 
oine karstähnliche Landschaft vor uns. Der ganze 
Gebirgsstock besteht aus gehobener Koralle. Durch 
die auslangende Tätigkeit des Wassers und die 
nachfolgenden Zusammenstürze der Hohlräume ist 
die ganze Landschaft mit Trichterbildungen durch- 
setzt, deren Wände meist einen Neigungswinkel 
von 35 bis 50 Grad und eine Tiefe von oft 10 
und mehr Metern haben. An den Wänden dieser 
Trichter kann man sich von der einen Seite des 
Plateaus in der Horizontalen nach der anderen 
Seite hin bewegen. Interessant sind die am 
Fuße dieses Gebirgsstocks entspringenden Quellen, 
sie kommen in einer ungewöhnlichen Stärke aus 
den Kalkwänden oder aus weiten Grotten heraus. 
Den Abstieg nahmen wir nach der Landschaft 
Lassigi. Dieser Abstieg war bisher ebenso wie 
der von uus genommene Aufstieg noch von keinem 
Europäer begangen worden. Mir nahmen des- 
halb eine Ronte auf. Der Absltieg wurde uns 
von einem in der Landschaft heimischen Soldaten 
als der bei weitem beste bezeichnet. In der Tat
	        
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