Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

W 549 20 
Erportjahr für dieses Produkt gewesen war, zeigte das 
vorige Jahr noch einen weiteren Rückgang, da nur noch 
der siebente Teil des schon kleinen Erports von 1910 
erreicht wurde. Der Grund lag in schlechtem Auofall 
der Ernte nicht bloß von Mais allein, sondern auch 
fast aller anderen Nahrungsmittel, soweit sie für die 
Ernährung der Eingeborenen in Frage kommen. Es 
wurden infolgedessen im Lande selbst so hohe Preise 
für Mais bezahlt, daß der Erporthandel nicht kon- 
kurrieren konnte. 
Einen Rückgang von 25 v. H. gegen 1910 zeigte 
der Erport von Gummi, und man kann annehmen, daß 
dieser Ausfall hauptsächlich durch den Preisrückgang 
verursacht worden ist. Leider ist es immer noch nicht 
gelungen, trotz aller Bestrebungen der Regierung, die 
Onalität des Lagos-Gummi zu verbessern. Alle Ver- 
suche, die Eingeborenen zur Produktion einer besseren 
und daher marktfähigeren Lualität zu veranlassen, sind 
bisher erfolglos gewesen, was sich leider allem Auschein 
nach vorläufig auch nicht ändern wird. 
Die Ausfuhr von Schinüssen und Schibutter hat 
zwar wieder etwas zugenommen, ist aber immer noch 
ktlein zu nennen im Hinblick auf die großen Mengen 
von Schibäumen, die nach allen Berichten im Innern 
vorhanden sein sollen. Es ist allerdings zu erwarten, 
daß mit Vollendung der Eisenbahn Jlorin und Jebba 
die erleichterten Transportbedingungen die Auofuhr 
dieses Produktes ebenso sehr heben werden, wie die 
Regierung in Lagos es erhofft. Diese günstigeren 
Transportverhälmisse haben auch die Ausfuhr eines 
neuen Produktes, nämlich getrockueter Rindohäute, er- 
möglicht. Diese Häute kommen aus dem Innern, aus 
der Gegend von Jlorin und noch nördlicher. Leider 
sind sie bioher noch von recht geringer OQualität ge- 
wesen und fanden schwer Absatz. 
Baumwolle wurde etwas mehr erportiert als im 
Jahre 1910. Die ganze Produktion davon geht nach 
England. 
Infolge der reichlicheren Produkten zufuhr hatte sich 
im Zahre 1911 auch ein dem Umfange nach befriedi- 
gendes Warengeschäft entwickelt, das leider aber wie 
in früheren Jahren infolge der überaus scharfen, oft 
ganz unsinnigen Konkurreng der englischen, deutschen 
und fran zösischen Firmen untereinander lange nicht so 
profitabel war, als man in Anbetracht der Umstände 
erwarten sollte. Der Fortschritt des Baues der Bahn 
Lagos —Manuo nötigt die Firmen, an fast allen Stationen 
Faktoreien zu eröffnen, was eine starte Verzettelung 
von Kapital und Arbeitskraft und Vergroßerung der 
Unkosten zur Folge hat, 
Die Erösfnung der Bahn von Jebba nach Kano 
itebt nahe bevor, und damit wäre die Verbindung von 
Lagos nach Kano vollendet, wodurch die Erschließung 
eines großen volkreichen Hinterlandes ermoglicht wird. 
Storend wird es aber dabei noch sein, daß die beiden 
Kolonien Sonthern und Northern Nigeria noch nicht 
vereinigt worden sind. 
Frauz. Sêenégal und Sondan. 
Wie im verflossenen Jahre so war auch 1911 die 
Erdunßernte sehr groß und erreichte 180 000 Tons. 
Die begahlten Preise waren aber nicht im Verhältnis 
zur Marktlage in Europa. Euorme Summen wurden 
von den Bordelaiser Firmen verloren, weil man all- 
gemein den mitten in der Saison eingetretenen Preis- 
sturz in Europa nicht erwartet hatte. Auf die finanzielle 
Lage der Kolonie hatte dies jedoch keinen Cinfsluß. 
Der Warenimport war bedeutend, wenn auch der Um- 
satz den Erwartungen nicht entsprach. Die Folgen 
werden sich aber erst im lanfenden Jahre fühlbar 
  
machen, wie denn auch schon ein großer Aussall in 
den Zolleinnahmen für 1912 eingetreten ist. 
Die Kolonie ist im Begriffe, eine neue Auleihe 
von 150 Millionen Franken aufzunehmen, um das 
Eisenbahnnetz zu erweitern und den Hafen von Dakar, 
der bereits der bedeutendste und sicherste Westafrikas 
ist, noch weiter auszubanen. 
Das Gummigeschäft im Süden war normal. 
Gummiarabicum litt unter den niedrigen Preisen des 
europäischen Marktes und der Konkurrenz von Agypten. 
Die Versuche mit Baumwolle gaben ein gutes Resultat 
beim Anbau, jedoch ist diesem Artikel für den Süden 
infolge der großen Entsernung vom Meere und der 
dadurch entstehenden Transportspesen keine Zukunft 
zu prohezeien. 
Kongo. 
Im Juli 1911 ist der zweite Teil des Belgischen 
Kongo der Handelofreiheit eröffnet worden und ganz 
allmählich beginnen die versprochenen und auch wohl 
beabsichtigten Reformen hier und da in die Erscheinung 
zu treten: Befreiung der Eingeborenen von der zwangs- 
arbeit und freie Auenntzung des Bodens: Barlöhnung 
und Handelofreiheit sowie Verzicht der Regierung auf 
eigenen Handel. 
Die Größe des Landes, der Mangel an Verkehrs- 
wegen mit Ausnahme der Masserstraßen, die Furcht 
der Eingeborenen und das Beharrungsvermögen aller 
Beteiligten lassen es erklärlich erscheinen, wenn die 
Erfolge der Reformtätigkeit noch nicht größer sind. 
Auch darf man nicht vergessen, daß in weiten Strecken 
des Landes die neuen Gesetze noch keine Gültigkeit 
haben. Erst im Juli 1912 wird die dritte Etappe be- 
freit und auf dann noch verbleibende Teile finden sie 
überhaupt keine Anwendung. 
Mit großer Tatkraft und unter Aufwendung be- 
trächtlicher Kosten hat die Regierung das entfernte 
minenreiche KRatanga durch Verkehrswege ausgeschlossen 
und mit dem Norden und Westen der Kolonie in Ver- 
bindung gebracht, so daß jetzt eine Folge von Dampfer- 
und Eisenbahnfahrten den Reisenden und die Waren 
von der Mündung des Rongostromes bis in die Nähce von 
Kambove! den Mittelpunkt der Minennnternehmungen, 
bringt. Die kürzeite Verbindung Katangas mit der 
Küste führt durch Ost-Afrika ein nicht zu unter- 
schätzender Vorteil für unsere Tanganjika-Bahn! 
Bediugung ist allerdings, daß Belgien seine Ab- 
schließungopolitik fallen lüßt. Prof. Hans Mener sagt 
in einem Vortrag über die kürzlich beendete Reise durch 
Ost-Afrika: „Der Kongostnat erschwert nach einem 
kurzen Entgegenkommen im Jahre 1910 den Handel 
zwischen seinem und dem deutschen Gebiet wieder auf 
das äugerste. Er monopolisiert von neuem Elfenbein 
und Kamschul und beschlagnahmt die von deutschen 
Händiern angekauften Rautschuk-Vorräte, wodurch viele 
zugrunde gerichtet werden. Alle Beschwerden blieben 
ersolglos, der Handel mit Kautschuk und Elfenbein ist 
vom Kongostaat gesperrt, und was von dort in unser 
zollfreies Gebiet kommt, ist geschunggelt. Der deutsche 
Handel in dem Scengebiet kann aber nur blühen, wenn 
Belgien die Monopolwirtschaft auigibt und die bei 
Gründung des Rongostaates zugesicherte Handelsfreiheit 
endlich einführt. Dehalb ist eine neue Kongo-Ronferenz 
nötig.“ Aber nicht allein der deutsche Handel leidet, 
wie aus folgenden Worten des englischen Konsuls 
Armstrong hervorgeht: „Alle Angeichen denten darauf 
hin, daß die Absicht der belgischen Regierung ist, den 
freien Handel so viel als moglich zu erschweren.“ 
Es gebht aus den oben geschilderten allgemeinen 
Umstinden hervor, daß der Kaufmann noch vielfach in 
der Ausübung seiner Tätigkeit auf Schwierigkeiten 
stöst, und ecs wird jahrelanger gumeinender Bemühung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.