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Die landwirtschaftliche Regierungsabteilung hat
schon seit Jahren nach angestellten Versuchen die-
jenigen Distrikte festgelegt, in welchen die ge-
wünschte Baumwolle gedeiht, und die Bauern
haben auch vielfach den Anweisungen der Re-
gierungsbeamten folgend, hin und wieder die
bessere Pflanze angebaut. Wenn es dann aber
zum Verkauf der langstapeligen Faser kam, traten
keine Käufer auf, da einmal die indischen Spinne-
reien auf ihre Verarbeitung nicht eingerichtet
find, und dann die Exporteure für die überseeische
Ausfuhr nur die kurzstapelige Art kauften, weil
sie hierfür seit Jahren ihre alten Geschäfts-
verbindungen hatten und sich scheinbar nicht auf
neue Unternehmungen einlassen wollten. Ein
Beispiel für die den Bauern sich bietenden Ver-
kaufsschwierigkeiten ist ein Fall, der in der Provinz
Sind vorgekommen sein soll. Hier konnten die
Bauern erst die langstapelige Faser loswerden,
nachdem sie sie mit der schlechteren, kurzfaserigen
Art vermischt hatten. Niemand wollte reine, un-
gemischte lange Faser kaufen. Daß unter solchen
Umständen die Bauern keine bessere Qualität
mehr anbauen wollten, läßt sich leicht verstehen.
Dabei entstehen in der Regel auch noch Schwierig-
keiten beim Entkernen der langfaserigen Baum-
wolle, da die in Indien arbeitenden „Gins“ fast
durchweg nur für die Entkernung der kurzen
Faser eingerichtet find.
Jetzt will nun nach den neuesten Nachrichten
die „British Cotton Growing Asscciation“ selbst
direkte Einkaufsagenturen und Entfaserungs-
anstalten für langstapelige Baumwolle einrichten,
und es soll auch bereits zu diesem Zweck in
Liverpool ein diesbezügliches Projekt ausgearbeitet
worden sein. Der Sekretär der „International
Federation of Master Cotton Spinners“ wird,
wie es heißt, im Dezember in Indien eintreffen,
um mit den maßgebenden Regierungsbeamten
Rücksprache zu nehmen.
Wie die Sache sich weiter entwickeln wird,
dürfte sehr interessant sein zu beobachten. Nach
den bisher gemachten Erfahrungen nach dieser
Richtung scheint man sich noch wenig zu ver-
sprechen. Wird ein Erfolg erzielt, so wird dies
natürlich in erster Linie zum Nachteil der kurz-
faserigen Art sein, die vor allem von den indischen
Fabriken und den auf dem europäischen Kontinent
sowie in Japan ansässigen Spinnereien gekauft
wird. England kauft von der kurzfaserigen
indischen Baumwolle nur verhältnismäßig kleine
Quantitäten.
(Bericht des Handelssachverständigen bei dem
Kais. Generalkonsulat in Kalkutta.)
Kultur des Brasilianlschen Kautschuhbaums
in Mexiko.
Eine englische Pflanzung mit dem Namen
„El Palmar Rubber Estates, Limited“ nahe der
Station Tezonapa an der Vera Cruz—JIsthmus-
Eisenbahn in Mexiko hatte im Oktober 1910 zehn-
tausend Samen der Hevea Brasiliensis gepflanzt,
wovon etwa 7000 aufgegangen und nach fünf
Monaten zu Pflanzen von durchschnittlich 3 Fuß
Höhe herangewachsen waren. Nach weiteren vier
Monaten erreichten sie die doppelte Höhe; einige
wurden bis dahin sogar 9 Fuß hoch bei einem
Umfang von 2½ Zoll 1 Fuß über der Erde.
Diese Erfolge waren sehr zufriedenstellend. Die
Pflänzchen wurden dann erfolgreich in das Feld
umgepflanzt und 100 000 neue Samen wurden
bestellt, wofür der Boden besonders vorbereitet
wurde.
Versuchsanpflanzungen mit Hevea wurden
ferner auf den Pflanzungen La Buena Ventura
auf dem Isthmus von Tehuantepec, Batavia im
Bezirke Tuxtepec (Oaxaca), El Chival und Hular
Ramirez im Staate Chiapas gemacht. Ein Baum
auf La Buena Ventura hatte nach fünf Jahren
3 Juß über dem Boden einen Umfang von
20 Zoll; auf Batavia stehen 50 Versuchspflanzen
im Alter von 7 bis 10 Jahren auf Tonboden,
die alle wohl gediehen sind und zum Teil schon
verschiedene Male Samen ergeben haben. Die
Ackerbau-Abteilung der mexikanischen Regierung
hat neuerdings aus Ceylon verschiedene tausend
Hevea-Pflänzlinge kommen lassen und unentgeltlich
in Posten von 50 bis 500 an zuverlässige Be-
werber verteilt, um Versuche unter den verschie-
densten natürlichen Vorbedingungen anstellen zu
lassen.
Frühere Versuche mit der Anpflanzung der
Castilloa in Mexiko waren nach anfänglichen Er-
folgen ungünstig verlaufen. Man hofft, mit der
Hevea eine solche spätere Enttäuschung nicht zu
erleben, da an Plätzen, wo Castilloa nicht gedieh,
Heveabäume schon fünf und sechs Jahre alt ge-
worden sind; die Hevea scheint sich in Mexiko
leichter zu akklimatisieren. Eine Regenmenge von
90 bis 120 Zoll im Jahre hat sich bei genügend
tiesem und körnigem, durchlässigem Humus am
vorteilhaftesten für das Gedeihen der Hevea er-
wiesen; eine ausgesprochene Trockenzeit erscheint
für die Erhaltung der Pflanze besonders wertvoll.
In den ersten zwei bis drei Jahren bleibt die
Heveapflanze, deren Wachstum zeitweise sehr schnell
vor sich geht und durch Ruhepausen von einigen
Monaten unterbrochen wird, sehr zart und be-
weglich, erst im vierten und fünften Jahre wird
der Stamm fest und dick.
Ein gefährlicher Feind der Kautschukpflan-
zungen in Meriko ist ein „Tusa“ genannter Nager